Jahresendrallye trotz/dank Trump
Schon das Ergebnis des BREXIT-Referendums im Juni war eine Überraschung.
Die US-Wahl hat dem noch eines oben draufgesetzt. Obwohl sämtliche Wahlauguren Clinton vorne sahen und schon rein statistisch ein Sieg Trumps als schwierig und unwahrscheinlich galt, wurden wir wieder einmal eines Besseren belehrt. Anders als beim BREXIT war Trumps Sieg fulminant. Clintons Bollwerke im industriellen Norden der USA und auch sämtliche Swingstaaten mit Wechselwählern hat die Trump-Welle mitgerissen. 2016 ist ein Jahr der politischen Super-Gaus, eine Zäsur im Umgangston und ein Weckruf für herkömmliche Machtstrukturen.
Börse kennt jedoch keine Emotionen. Obwohl Trumps Sieg viel Unsicherheit bringen wird, wurde der Wahl-Schock noch am gleichen Börsentag in Gewinne umgemünzt. Und seitdem steigt der Aktienmarkt an der Wall Street. Über 19.200 Punkte sind neues All-Zeit-Hoch.
Die Aktienprofis haben ihre vorbereiteten Analysen aus der Schublade geholt: Trump steht für steigende Investitionen in die Infrastruktur - Bauwerte, Grundstoffwerte, Immobilienaktien profitieren. Die Banken sollen weniger reguliert werden. Goldman Sachs & Co wird es freuen; die Aussichten für die US-Finanzbranche sehen gut aus. Gleiches gilt für den Pharmasektor, weil die Preisregulierung kein Thema mehr ist, glaubt man den Ankündigungen des kommenden 45. Präsidenten der USA. Ebenso stehen Ölaktien und Ölausrüster auf dem Kaufzettel - auch wenn es klimapolitischer Wahnsinn ist.
Letztlich verlassen sich die Börsianer momentan darauf, dass Trump als Geschäftsmann und "Dealmaker" der amerikanischen Wirtschaft eher Schwung bringt als ihr schaden zu wollen - wie auch immer das aussehen mag.
Für alle ausländischen Unternehmen, die auf freien Handel angewiesen sind, vor allem aus Mexiko und China, aber auch aus Europa, sieht es nicht so gut aus. Trump´s Motto "America First" könnte zu protektionistischen Maßnahmen und höheren Zöllen führen, die den Außenhandel behindern. Der mexikanische Peso ist abgestürzt, aber auch der chinesische Renminbi und der Euro haben abgewertet.
Noch kann man natürlich nicht die langfristigen Implikationen Trump´s Politik einschätzen, doch nicht nur viele Errungenschaften aus der Obama-Zeit stehen zur Disposition - die US-Gesundheitsreform Obamacare, das Freihandelsabkommen im Pazifik (TPP), das Klimaschutzabkommen in Paris - sondern sogar lange Jahre erfolgreiche Bündnisse wie NATO und Nafta. Auch wenn sich Trump in seiner Antrittsrede deutlich zahmer als im Wahlkampf gab, die internationale Welt ist aufgeschreckt. Mauern mögen durch Zäune ersetzt werde, es ändert nichts an seiner politischen Einstellung, mit der Brechstange bestehende Strukturen verändern zu wollen.
Die Karten in Innen- und Außenpolitik werden neu gemischt. Und auf einmal hebt auch ein bislang schon für tot erklärtes Phänomen wieder seinen Kopf: Inflation. Darauf wird man im nächsten Jahr ein Auge werfen müssen.
Von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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