Frühjahrsputz
Wer hätte gedacht, dass die Finanzmärkte das Jahr 2019 so fulminant beenden würden. Ob Renten, Aktien oder Gold, nahezu alle Assetklassen haben sich im vergangen Jahr deutlich positiv entwickelt und zum Teil sogar neue Höchststände skizziert.
Dabei hatte sich die Nachrichtenlage zum Vorjahr nicht gravierend geändert. Brexit und Handelsstreit begleiteten uns weiterhin, nur hörte scheinbar keiner mehr zu.
Freuen können sich alle Anleger, die nach dem verkorksten Jahr 2018 den Mut hatten dabei zu bleiben. Doch nicht nur für sie stellt sich nach solchen Erfolgen die Frage, wie es weitergeht. Kasse machen und zuschauen, oder nur das Risiko reduzieren? Auch jene Anleger, die den Börsenaufschwung 2019 verpasst haben, stehen vor der Frage, ob sie jetzt noch auf den Zug aufspringen, oder weiter das Gesparte in der Welt ohne Zinsen parken.
Diesen eher psychologischen Fragen, können Anleger durchaus vorab ein paar pragmatische Überlegungen voranstellen. In den nächsten Wochen versenden die Banken den Jahresdepotauszug und dieser eignet sich hervorragend für einen Depotcheck und um folgende Punkte kritisch und ehrlich zu hinterfragen:
• Habe ich oder mein Vermögensverwalter meine Erwartungen erfüllt
• Passt die gewählte Anlagestrategie auch im kommenden Jahr noch zu mir
• Fühle ich mich mit der - vielleicht durch den Wertzuwachs gestiegenen - Aktienquote wohl
• Ist ein Rebalancing in die ursprünglichen Quoten sinnvoll
• Gibt es Wertpapiere oder auch Fonds, die der positiven Gesamtentwicklung nicht folgen konnten
• Sind die Gründe für den Kauf des Wertpapiers noch valide
• Ist der Anteil Liquidität richtig bemessen
• Sind die Kosten für meine Vermögensverwaltung oder für meine Produkte marktgerecht
Hier die richtigen Antworten zu finden ist sicherlich nicht ganz unproblematisch. Aber es gibt Tatsachen, die haben sich zum Vorjahr nicht geändert und werden es wohl auch kurzfristig nicht. Sparbuch und Tagesgeldkonten bleiben baw. reale Wertevernichter. Wer einen Wertzuwachs erzielen möchte, muss dafür Risiken in Kauf nehmen.
Nach wie vor kann man auch mit festverzinslichen Wertpapieren Erträge erzielen, jedoch sollten Anleger im kommenden Jahr den Fokus auf aktives Management oder aktiv gemangte Fonds legen. Der größte Anteil der Erträge im Rentenbereich stammte 2019 aus Kursgewinnen, die in diesem Ausmaß aber nur möglich waren, weil die Märkte Ende 2018 in der Breite übertrieben und damit die Kurse in den Keller geschickt haben. Genauer betrachtet wurde hier nur etwas geradegerückt und nun wird die Luft dünner.
Gerade den passiven Investments, wie Renten ETF´s wird es schwer fallen nur über die Zinscoupons Erträge zu erwirtschaften, oder anders formuliert: "buy and hold ist out" Aktien sind ein probateres Instrument, doch auch in der Welt ohne Zins ist diese Assetklasse nur dem langfristigen Investor zu empfehlen. Die Börse ist keine Einbahnstraße und gerade nach dem massiven Kursanstieg kann man relativ sicher sein, dass es zu technischen Korrekturen kommt.
Den langfristigen Investor wird dies nicht erschüttern. Für ihn ist das größte Risiko, getreu Warren Buffet, "nicht dabei zu sein". Die Historie gibt ihm Recht, denn trotz aller Höhen und Tiefen hat z.B. der weltumspannende Aktienindex MSCI World seit 2015 durchschnittlich elf Prozent jährlich zugelegt.
2020 wird mit Sicherheit kein einfaches Börsenjahr werden, auch wenn die Stimmung in der Wirtschaft und damit auch an den Börsen hat sich gebessert hat. Die Kombination aus einer weiterhin expansiven Notenbankpolitik und einer sich in Teilen abzeichnenden Entspannung auf politischer Ebene ergibt durchaus Potential für einen weiteren moderaten Anstieg der Aktienkurse. Mit einer klaren Strategie und einem aufgeräumtem Portfolio kann somit auch 2020 ein erfolgreiches Börsenjahr werden.
von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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