Vermögensverwalter-Kolumne

Falsche Vorbilder des US-Präsidenten prägen das Bild der USA

08.09.25 12:34 Uhr

Falsche Vorbilder des US-Präsidenten prägen das Bild der USA | finanzen.net

Schon in der ersten Amtszeit des früheren und aktuellen US-Präsidenten prägten dessen Kritiker das Wortbild des "Trumpismus", welches die populistische und vereinfachende Vorgehensweise von Donald Trump zum Ausdruck brachte. Mittlerweile müssen diesen Eigenschaften noch weitere negative Attribute hinzugefügt werden, denn die Art seiner Politik nimmt neue, zuvor ungeahnte Ausprägungen an, die in der zivilisierten Welt (glücklicherweise) ihres Gleichen sucht.

Eigenmächtige Entlassung einer Fed-Gouverneurin

Ende August 2025 erreichte die eigenwillige und anmaßende Politik des vermeintlich mächtigsten Mannes der Welt neue Ausmaße, indem er die Gouverneurin, Lisa Cook, der US-Notenbank Federal Reserve entließ. Es muss in Frage gestellt werden, ob ein US-Präsident zu dieser Vorgehensweise tatsächlich ermächtigt ist, was zukünftig Gerichte klären werden. Entscheidender ist es jedoch herauszustellen, zu welchen Maßnahmen er bereit ist, um seinen Willen durchzusetzen. Trump sind demnach alle Mittel recht, um entscheidenden, direkten Einfluss auf die Notenbankpolitik und den Leitzins zu nehmen. Notenbanken sollten eine politisch unabhängige Instanz sein, was in der Historie bereits häufig mit einem Lächeln quittiert wurde. Selbst den früheren Zweiflern an dieser Selbstbestimmung dürften derartige Auswüchse jedoch das Lachen austreiben.

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US-Gericht sendet ein Zeichen der Hoffnung

Nun bleibt es fraglich, ob die Gerichte in den USA weiterhin politisch unabhängige Entscheidungen treffen und eine Klage von Frau Cook tatsächlich Aussicht auf Erfolg hat. Diesbezüglich darf jedoch festgestellt werden, dass ein Bundesberufungsgericht in Washington einige der Trump-Zölle für unrechtmäßig befand. Dem US-Präsidenten stehe das ausgeübte Recht auch unter Berufung auf die Notstandsgesetzgebung und die damit einhergehenden weitreichenden Befugnisse nicht zu. Sie seien alleine dem US-Kongress vorbehalten. Bis Mitte Oktober bleiben die betroffenen Zölle zunächst in Kraft, um die Berufung der US-Regierung und Entscheidungen in Bezug auf weitere anhängige Klagen von Bundesstaaten und Unternehmen zu ermöglichen.

Politik der Einschüchterung und Verunglimpfung

Unabhängig von einem möglichen weiteren Bestand der Zölle oder deren Aufhebung lässt das Urteil hoffen, dass sich nicht alle politischen und juristischen Instanzen der USA uneingeschränkt von den Verunglimpfungen durch den Präsidenten einschüchtern lassen und diesem quasi aus Angst vor persönlichen Konsequenzen folgen. Auch Frau Cook wird bei ihrer Klage auf genau diese Standhaftigkeit der Gerichte bauen.

Putin als das entscheidende Vorbild von Trump

Die beschriebenen Systemeingriffe von Donald Trump sind nur ein Ausschnitt seiner bisherigen, eigenwilligen Maßnahmen - ganz zu schweigen, welchen Ton er in seinem Onlinedienst Truth Social anschlägt und wie er seine Gegner verunglimpft. All diese neuen Aspekte des "Trumpismus" lassen auf falsche Vorbilder schließen, die Trump zu bewundern scheint, weil sie die von ihnen regierten Staaten eigenmächtig, nach ihrem persönlichen Duktus führen können und Gegner auf unterschiedliche Weise beseitigen. Hierzu zählt allen voran der russische Präsident Wladimir Putin, der Trump bei seinen vermeintlichen Bemühungen zur Beendigung des Ukrainekrieges am langen Arm verhungern lässt. Entgegen der vollmundigen Ankündigungen von Trump, den Krieg "binnen 24 Stunden zu beenden", weitet sich der Konflikt eher aus als ein lange erhofftes Ende zu nehmen. Trumps Bewunderung für Putin wird nicht nur durch dessen nachahmende Handlungen zum Ausdruck gebracht, sondern er sprach diese in der Vergangenheit sogar bereits wörtlich aus, weshalb es sich bei dieser Schilderung nicht um eine Spekulation handelt.

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Beschädigtes Bild der USA

Wirtschaftliche und politische Partner der USA bringt dies in eine Zwickmühle: Sie können sich nicht von den USA lossagen, da diverse Abhängigkeiten bestehen. Die obigen, groben Schilderungen verdeutlichen jedoch, dass die USA nicht weiter als verlässlicher Partner bezeichnet werden dürfen. Mit dieser Unsicherheit müssen die EU, ihre Mitglieder sowie weitere Staaten umgehen und versuchen einen Weg zu finden, der häufig in Lobhudelei gegenüber dem US-Präsidenten mündet, um ihn milde zu stimmen. Von außen betrachtet ist es teils unerträglich, wie sehr bilaterale Beziehungen auf oberster Ebene am Gutdünken und der Laune einer Person hängen. Dieses Bild der USA wird die nächsten Monate oder gar Jahre prägen und nennenswerten Einfluss auf die globalen Börsen bzw. die Wirtschaft und die Politik haben. Bedauerlicherweise ist davon auszugehen, dass weitere negative Facetten folgen, von denen bisher niemand eine Ahnung hat.

von Dr. Andreas Schyra, Vorstandsmitglied der PVV AG und Dozent an der FOM Hochschule

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