Die Zeiten des Stockpickings kommen wieder
Investieren Sie in Einzelaktien, aktive Fonds oder ETFs? Wahrscheinlich in diese drei, und zwar in aufsteigender Wahrscheinlichkeit.
Nur die wenigsten Anleger haben ein Depot, das überwiegend aus Einzelaktien besteht. Mehr schon haben meist dank cleverer Verkäufer in den Banken aktive Fonds im Depot. Und die meisten haben mittlerweile ETFs im Depot, wurden diese einfachen und kostengünstigen Papiere doch rauf und runter empfohlen. Doch ändern sich gerade die Voraussetzungen, unter denen diese Empfehlung richtig war.
Der Boom der ETFs ist billigen Geld zu verdanken. Die über lange Zeit niedrigen bis kaum noch spürbaren Zinsen haben es Unternehmen leicht gemacht, Gewinne zu erwirtschaften. Es kam nicht mehr auf das Management, seine Ideen, Visionen und seine Umsetzungsstärke an. Es musste nur noch etwas mehr verdient werden, als das Kapital kostete. Und das kostete nichts. Viele schwache Unternehmen haben dadurch besser ausgesehen, als es ihnen zustand. Und diese gingen genau wie die starken, von denen es in jeder Phase nur wenige gibt, in die Indizes ein.
ETFs, die diese Indizes abbilden, hatten sowohl starke als auch schwache Unternehmen im Portfolio. Doch das war nicht schlimm, denn die Märkte liefen dank der günstigen Zinsen von selbst, Rückschläge wurden weggesteckt, die Performance der Indizes stillte die Renditeerwartungen der meisten Anleger. Wer dagegen aktives Fondsmanagement betrieb oder gar auf Einzelaktien setzte, die Stockpicker unter den Börsianern also, die sahen im Vergleich schwächer aus. Sie gehen immer mehr Risiko, sie müssen Meinungen entwickeln und zu ihnen stehen. Das kann auch schiefgehen, dann kostet es Rendite. Dabei verstehen tatsächlich viele etwas von diesem Geschäft, können mit Unternehmensdaten umgehen und finden die interessanten Werte. Die von morgen, nicht die gehypten von heute. Die Performance der guten und weniger guten Unternehmen unterschied sich nur mehr geringfügig, Kapital stand dank der niedrigen Zinsen in fast unbegrenzter Menge zur Verfügung.
Nun, das hat sich geändert. Die Zinsen sind gestiegen, das Kapital verlangt höhere Erträge, es ist wählerischer geworden. Es wird nicht mehr lange dauern und der Gleichschritt der Kurse nach oben wird auseinanderdriften. Es wird wieder nach guten und mittelmäßigen Unternehmen entscheiden. Und die Kurse werden entsprechend reagieren. Es wird Gewinner und Verlierer geben - und die ETFs werden in genau diesem Mittelmaß festhängen. Es wird wieder Fondsmanager und Investoren geben, die klare Meinungen zu Unternehmen vertreten - und deren Aktien aus guten Gründen kaufen. ETFs werden dann uninteressant, denn die Verlierer mindern die Performance der wenigen Gewinner. Es wird also wichtig, die Gewinner zu finden, Stocks zu picken, klar zu entscheiden, aktiv zu managen. Die höheren Zinsen haben uns eine Umkehr in der Wahrnehmung gebracht. Jetzt bringen sie uns eine Abkehr von ETFs und eine Hinwendung zum aktiven. Die Stockpicker sind wieder da.
von Uwe Zimmer, Geschäftsführer Z-Invest GmbH, Köln
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Ihren Meinungen und Online-Anlagestrategien finden Sie auf https://www.v-check.de/
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.v-bank.com.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.