Der Start ins Börsenjahr 2019
Die Unsicherheiten des Vorjahres bleiben bestehen, denn keine der internationalen Herausforderungen ist gelöst. Die Stimmungslage hat sich mit dem Jahreswechsel jedoch gedreht, positive Nachrichten werden mittlerweile wieder durch Kursgewinne gewürdigt.
Trotz der unveränderten Gefahr eines harten Brexit, dem ungelösten Handelsstreit zwischen den USA und China, einer weltweiten Konjunkturabschwächung und teilweise ernüchternden Unternehmenszahlen haben die Kapitalmärkte seit Jahresbeginn einen positiven Start hingelegt. Getrieben von der Hoffnung auf Lösungen der politischen Beeinträchtigungen kehrten Optimisten an die Märkte zurück.
Die US-Konjunkturdaten fielen besser aus als von Experten erwartet. Das ist vor dem Hintergrund des längsten Regierungsstillstandes in der US-Geschichte bemerkenswert, wobei der mit dem Haushaltsstreit verbundene Stillstand laut "Congressional Budget Office" mit einem Einfluss von minus 0,02 Prozent auf das BIP 2019 geringere Auswirkung beigemessen wird, als befürchtet.
Laut Präsident Trump kommen die Handelsgespräche mit China "sehr gut voran", während sich im Zuge der Berichtssaison die Gewinne der US-Unternehmen für das vierte Quartal besser entwickelten als prognostiziert. Vor dem Hintergrund eines nachlassenden konjunkturellen Wachstums und unter den negativen Einflüssen des Handelskonfliktes konnten über 70 Prozent der US-Firmen die Analystenschätzungen übertreffen. Positive Signale der US-Notenbank, die ihren Zinserhöhungszyklus vorerst quasi für beendet erklärte, haben die Märkte zusätzlich stimuliert.
Konsum stützt deutsche Wirtschaft
Die Kauflaune der Deutschen hat sich, laut GfK Konsumklima, entgegen den Erwartungen deutlich verbessert. Insbesondere die positive Arbeitsmarktentwicklung werde in Verbindung mit den Einkommensaussichten die entscheidende Stütze der Konsumkonjunktur sein. Dem entgegen ist der ifo-Geschäftsklimaindex zum fünften Mal in Folge auf unter 100 Punkte gesunken. Ein derart tiefer Rücksetzer des wichtigen Stimmungsbarometers war seit April 2013 nicht mehr zu beobachten. Dies sind zwar nicht die Vorzeichen einer drohenden Rezession in der größten Volkswirtschaft der Eurozone, unübersehbar ist aber die merkliche Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik. Der schon seit der Mitte 2018 lahmende Konjunkturmotor stottert also weiter.
Nicht gerade stützend für die Stimmung an den Kapitalmärkten blieb weiterhin das Brexit-Chaos im britischen Parlament. Theresa May versuchte zuletzt, Plan A als Plan B zu verkaufen, und stellt demnächst noch Plan C vor, während sich die Parlamentarier im "House of Commons" lediglich darauf einigen konnten, was sie alles nicht wollen. Ohne die Bereitschaft, endlich von den Machtspielen Abstand zu nehmen und im Interesse des Vereinigten Königreichs konstruktiv einen fairen Kompromiss auszuhandeln, steuert Großbritannien auf einen harten Brexit zu.
Die Unsicherheiten des vergangenen Jahres bestehen unverändert
Scheinbar mit der Erkenntnis, dass die Kursrückgänge im vergangenen Jahr das komplette "Worst-Case-Szenario" eingepreist haben, erfolgte in den ersten Wochen des neuen Jahres eine deutliche Erholung der globalen Kapitalmärkte.
In den kommenden Wochen stehen einige wichtige Entscheidungen an, welche die Kapitalmärkte in beide Richtungen beeinflussen werden: US-Präsident Trump erwägt nach dem Ende des Shutdown den Notstand auszurufen, um den Zaun an der US-Grenze zu Mexiko eigenmächtig zu finanzieren, die Untersuchungsergebnisse der USA bezüglich möglicher Importzölle auf Autos aus der Europäischen Union werden veröffentlicht, im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit gibt es im Vorfeld des Besuches einer hochrangigen US-Delegation in Peking weiter zaghafte Signale, dass Fortschritte erzielt wurden und eine Einigung möglich ist. Zudem bleibt als letzte Chance auf einen ausbleibenden "No-Deal-Brexit" wohl nur eine Verschiebung samt weiterer Verhandlungen.
Die großen offenen Fragen des vergangenen Jahres konnten bisher nicht gelöst werden, ausschließlich die Stimmung hat sich verändert. Sollten jedoch keine positiven Auswege aus diesen Konflikten gefunden werden, dreht die bisher wohlwollende Auffassung der Anleger jedoch schneller wieder ins Negative, als es uns allen lieb ist. Der weitere Verlauf des Börsenjahres verspricht nicht langweilig zu werden.
von Dr. Andreas Schyra, Vorstandsmitglied PVV AG, Essen
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