Der Deutsche Aktienindex (DAX) hat viele Gesichter
Abstieg zweier Gründungsmitglieder besiegelt
von Thomas Wüst, Geschäftsführer Valorvest Vermögensverwaltung
Gestern wurde der Abstieg von zwei Gründungsmitgliedern des DAX besiegelt: MAN und Metro (vormals: Kaufhof) steigen in den MDAX ab, während Lanxess und Continental am 24. September in die erste deutsche Börsenliga aufsteigen werden.
Branchengewichtung hat sich oft verändert
Seit seinem Start mit 1.000 Indexpunkten am 31.Dezember 1987 wurde die Indexzusammensetzung des DAX bereits über 25mal angepasst. Von seinen 30 Gründungsmitgliedern sind nach dem Ausscheiden der MAN- und Metro-Aktie künftig nur noch 14 Titel vertreten, wenn man die E.ON, die aus dem Zusammenschluss der Veba AG und Viag AG hervorging, als Gründungsmitglied mitzählt. Wer erinnert sich z.B. noch daran, dass in den Jahren 2000 bis 2002 die DAX-Entwicklung auch von einem Wert wie Epcos mitbestimmt wurde?
Im Zeitablauf hat sich durch diese Anpassungen aber auch durch das Platzen von Spekulationsblasen die Branchenzusammensetzung des DAX fortlaufend verändert, was bei historischen Vergleichen durchaus beachtet werden sollte. Waren zum Beispiel im Jahr 2000 noch die Telekommunikations- und Technologieaktien im DAX dominant, wurde diese Dominanz nach deren massivem Kursverfall durch die Finanztitel übernommen, die noch vor der Pleite der Investmentbank Lehmann Brothers im Jahr 2008 einen Indexanteil von ca. 30 Prozent im DAX innehatten. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise ist der Indexanteil der Banken- und Versicherungswerte im DAX auf derzeit nur noch ca. 15 Prozent gesunken. Aktuell ist die Chemieindustrie mit 23 Prozent die größte Branche im DAX.
Auch das Regelwerk für die Gewichtung einzelner Aktien im DAX wurde des Öfteren überarbeitet. So ist für das Gewicht einer Aktie im DAX seit dem 8. August 2000 nicht mehr die gesamte Marktkapitalisierung sondern nur noch der Anteil im Streubesitz befindlicher Anteilsscheine relevant. Auch die anfänglich nicht existenten Regeln zur Begrenzung des Gewichts einer Einzelaktie im Index wurden mehrfach angepasst, so auch im Zusammenhang mit den Kurskapriolen der Volkswagen-Aktie infolge der geplanten Übernahme durch Porsche im Jahr 2008.
Berechnungsmethodik des DAX hat ihre Tücken
Doch nicht nur Änderungen im Regelwerk und der Indexzusammensetzung erschweren historische Vergleiche. Auch die Berechnungsmethodik des DAX hat ihre besonderen Tücken: Interessanterweise hat sich durchgesetzt, dass das bekannteste deutsche Aktienbarometer in den Medien als Performanceindex veröffentlicht wird, obwohl die Deutsche Börse AG den DAX auch als reinen Kursindex börsentäglich berechnet. Im Unterschied zu einem Kursindex werden bei einem Performanceindex sämtliche historischen Dividendenzahlungen in die Indexentwicklung eingerechnet. Somit werden Anleger regelmäßig in die Irre geführt, wenn der DAX als Performanceindex mit anderen Indexkonzepten, die üblicherweise als reine Kursindizes veröffentlicht werden, wie z.B. dem Dow Jones Industrial Average Index oder dem Dow Jones EuroStoxx 50 Index, verglichen werden. Um diesen Effekt zu veranschaulichen werden in der nachfolgenden Tabelle die Entwicklungen des DAX-Performanceindex und des DAX-Kursindex der vergangenen zehn Jahre miteinander verglichen.
Wie daraus hervorgeht, hat sich der DAX-Performanceindex im letzten Jahrzehnt um 3,15 Prozent p.a. besser entwickelt als der DAX-Kursindex, was eben auf die reinvestierten Dividendenzahlungen zurückzuführen ist. Über einen Zeitraum von einer Dekade führt diese Renditedifferenz jedoch zu einem beträchtlichen Unterschied im Hinblick auf den gesamten Wertzuwachs, was auch in dem nachfolgenden Chart eindrucksvoll veranschaulicht wird:
Chart: DAX-Performanceindex (blaue Linie) im Vergleich mit dem DAX-Kursindex (Quelle: VWD)
Anleger sollten diesen Effekt insbesondere bei längerfristigen Vergleichen mit reinen Kursindices oder gar Einzelaktien berücksichtigen. Bei Einzelaktien werden Dividendenzahlungen ja auch regelmäßig vom Aktienkurs abgezogen, weshalb Charts von Einzelaktien in der Regel ebenfalls als reine Kurs-Charts veröffentlicht werden. Wenn man diesen Aspekt berücksichtigt, liefert der DAX-Kursindex eben auch ein realistischeres Bild über das Bewertungsniveau am deutschen Aktienmarkt als der DAX-Performanceindex. So notiert der Dax-Kursindex derzeit noch ca. 28 Prozent unter seinem Verlaufshoch aus dem Jahr 2007, während der DAX-Performanceindex Dank der reinvestierten Dividenden nur knapp 15 Prozent unterhalb dieser Kursmarke steht.
Fazit: Vergleich von Äpfeln mit Birnen vermeiden! DAX ist nicht gleich DAX - dies gilt aufgrund der Änderungen im Regelwerk und der Indexzusammensetzung nicht nur für historische Vergleiche, sondern auch für die Berechnungsmethodik des wichtigsten deutschen Börsenbarometers. Anleger sollten daran denken, dass bei dem DAX, der in den Medien als Performanceindex veröffentlicht wird, sämtliche historischen Dividendenzahlungen eingerechnet sind. Dadurch werden Anleger insbesondere bei längerfristigen Indexvergleichen des DAX Performanceindex mit reinen Kursindizes regelmäßig in die Irre geführt.
Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.