Milliardendeal

Credit Suisse-Aktie -56 %: UBS übernimmt Credit Suisse - SNB liefert Liquiditätshilfen

20.03.23 21:01 Uhr

Credit Suisse-Aktie -56 %: UBS übernimmt Credit Suisse - SNB liefert Liquiditätshilfen | finanzen.net

Die Zukunft der Credit Suisse ist entschieden.

Nach der mühsam ausgehandelten Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse (CS) durch die Schweizer Großbank UBS herrscht an Finanzmärkten weiter Unruhe. An den wichtigsten asiatischen Börsen ging es am Montag überwiegend abwärts. Auch der deutsche Leitindex DAX startete mit Abschlägen in den Handel. Vor allem die Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank verloren deutlich an Wert.

Sowohl der Milliardendeal in der Schweiz als auch die Maßnahmen mehrerer Notenbanken zur Liquiditätsversorgung des Finanzsystems konnten gegen die Ängste vor einer Bankenkrise nur wenig ausrichten. Die Stimmung für Banken bleibt angeschlagen, Anleger zogen sich weiter zurück. Der Euro reagierte am Montagmorgen zunächst kaum. Gold dagegen legte deutlich zu: Die anhaltende Verunsicherung an den Finanzmärkten hat den Goldpreis am Montag erstmals seit längerem über die Marke von 2.000 US-Dollar getrieben.

Für Unsicherheit sorgte, dass die Inhaber eigenkapitalähnlicher Anleihen der Credit Suisse ihr investiertes Geld im Zuge der Übernahme komplett verlieren sollen. Dabei geht es sogenannte AT1-Anleihen im Umfang von 16 Milliarden Schweizer Franken (16,2 Mrd Euro), wie die Credit Suisse und die Finanzaufsicht Finma am Sonntag mitgeteilt hatten.

Die Deutsche Bank sieht sich davon allerdings kaum betroffen. Der DAX-Konzern sei bei diesen Anleihen der Credit Suisse "nahezu null" engagiert, erklärte ein Sprecher am Montag. Die Commerzbank hat einem Sprecher zufolge überhaupt kein Geld in den AT1-Anleihen der Schweizer Rivalin angelegt.

Die UBS übernimmt die kleinere Lokalrivalin für drei Milliarden Franken (gut 3 Mrd Euro). Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu fünf Milliarden Franken gerade. Hinzu kommen eine staatliche Verlustgarantie von 9 Milliarden Franken sowie Liquiditätszusagen im Umfang von bis zu 200 Milliarden Franken.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt die Transaktion mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken. Zusätzlich könne die SNB der Credit Suisse ein mit einer Ausfallgarantie des Bundes gesichertes Liquiditätshilfe-Darlehen von bis zu 100 Milliarden Franken gewähren. Die Schweizer Regierung sicherte der UBS eine Garantie von 9 Milliarden Franken zu. Andere Notenbanken begrüßten die Maßnahmen.

Eine Übernahme der zweitgrößten Schweizer Bank Credit Suisse durch die größere UBS ist die bedeutendste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren. Sie bedeutet das Ende für die 167 Jahre alte Credit Suisse, deren Hauptsitz gegenüber der Konkurrentin UBS am Zürcher Paradeplatz liegt. Vorausgegangen war ein Verhandlungsmarathon, an dem die beiden Banken sowie Spitzenvertreter von Politik und Aufsichtsbehörden teilgenommen hatten. Staat und Aufsichtsbehörden ging es darum, einen Flächenbrand zu verhindern.

Die Schweizer Regierung in Bern stand unter erheblichem Druck, die Lage zu stabilisieren und die Credit Suisse zu stützen. Denn Credit Suisse ist einer der weltweit größten Vermögensverwalter und gehört zu den 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das internationale Finanzsystem erschüttern würde.

Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset sagte, "der Bundesrat ist überzeugt, dass die Übernahme die beste Lösung ist, um das Vertrauen wiederherzustellen". Credit Suisse habe Vertrauen der Kunden verloren, Liquidität habe gewährleistet werden müssen. Die Transaktion sei wichtig für die Stabilität des schweizerischen Finanzplatzes, hieß es weiter. SNB-Präsident Thomas Jordan betonte, die Reputation sei für die Volkswirtschaft der Schweiz zentral.

Finanzministerin Karin Keller-Suter sagte, der Bund habe die Garantie von 9 Milliarden Franken gegeben, um Risiken der Credit Suisse abzufangen. "Die Steuerzahler haben nur geringes Risiko" - jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht. Man habe einen privaten Partner und eine solide Bank, die die Credit Suisse übernehme. Es handele sich nicht um eine staatliche Rettung, betonte die Ministerin. Der Bund habe lediglich eine Garantie übernommen.

UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher sprach von einer Riesenchance für UBS. Die Kombination beider Banken stärke die Position. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüßte die Übernahmelösung sowie die vom Bund und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ergriffenen Maßnahmen. Bei der Credit Suisse habe die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bestanden, auch wenn die Bank weiterhin solvent gewesen sei, hieß es weiter.

Die Credit Suisse hatte zuletzt unter erheblichem Vertrauensverlust der Anleger gelitten. Der Aktienkurs war auf ein Rekordtief gefallen, nachdem der größte Investor der Bank die Bereitstellung von weiterem Kapital ausgeschlossen hatte und das Institut weiter mit Geldabflüssen zu kämpfen hatte.

Mit der Fusion zu einem neuen Branchenriesen soll laut UBS ein Finanzinstitut mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 5 Billionen US-Dollar entstehen. Zu möglichen Stellenstreichungen könnten keine Aussagen gemacht werden, hieß es am Sonntagabend. Zusammen beschäftigen beide Institute etwa 120.000 Mitarbeitende.

Die Bilanzsumme der UBS mit mehr als 72.000 Beschäftigten belief sich 2022 auf umgerechnet 1 030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse mit gut 50.000 Beschäftigten auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Mrd Euro) erwirtschaftet. Credit Suisse wies dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Mrd Euro) aus.

Der Fall Credit Suisse bedroht den Markt der CoCo-Bonds

Durch die Notfusion der Credit Suisse Group mit der UBS Group werden die risikoreichsten Anleihen der Krisenbank ausgelöscht. Anleger auf dem Viertel-Billionen-Dollar-Markt für ähnliche europäische Bankschuldtitel dürften verunsichert sein.

AT1-Anleihen - auch bekannt als Contingent Convertible Bonds oder CoCos - waren nach der Finanzkrise 2008 eingeführt worden, um das Bankenrisiko von den Steuerzahlern auf die Anleiheinhaber zu übertragen. Sie wurden zu einem beliebten Anlageprodukt, das Geldverwalter und Banken, darunter die Credit Suisse, ihren Kunden als relativ sichere Möglichkeit zur Steigerung der Rendite von Anleihenportfolios anpriesen.

"Schockierend ist, dass es so aussieht, als würden sich die Inhaber von Aktien besser erholen als die Inhaber von Tier-1-Anleihen", sagte Justin D'Ercole, Mitbegründer von ISO-mts Capital Management, einem Fonds, der sich auf Bankpapiere konzentriert. Die aus der Vollabschreibung resultierenden Verluste werden private und institutionelle Anleger wahrscheinlich dazu veranlassen, ähnliche Wertpapiere anderer europäischer Banken zu verkaufen, sagte D'Ercole.

Finanzwende: Zusammenschluss von UBS und CS verschärft Problem

Der Zusammenschluss der Schweizer Banken UBS und Credit Suisse verschärft nach Ansicht der Organisation Finanzwende das "Too-Big-To-Fail-Problem". Nötig seien vielmehr weitreichende Finanzmarktreformen, damit die jüngsten Turbulenzen in der Schweiz und auch in den USA sich nicht verschärften.

Zuvor hatte die UBS die angeschlagene Credit Suisse für 3 Milliarden Franken übernommen und die Schweizer Nationalbank 100 Milliarden Franken an Liquiditätshilfe für beide Banken bereitgestellt.

"Diese Rettung schafft neue Probleme. 2008 hat uns eigentlich gelehrt, dass wir keine zu großen Banken haben sollten. Mit dieser Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht pleitegehen darf", sagte der Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick. Diese Lösung sei daher nicht nachhaltig und verschärfe das Problem nur noch.

Insgesamt sei das Scheitern der Credit Suisse Weckruf, endlich wichtige Finanzmarktreformen durchzusetzen, so Schick. Nötig seien viel höhere Kapitalpuffer bei Banken, eine europäische Abwicklungs- und Einlagensicherungsbehörde mit deutlich mehr Befugnissen und eine Trennung von Geschäftsbanken und Investment Banking, damit man nicht ständig in diese Notsituationen gerate. Auch Deutschland müsse handeln.

"Wir müssen aufhören, uns einzureden, dass die Vorgänge in den USA und der Schweiz hierzulande undenkbar wären - das stimmt einfach nicht. Wir brauchen konkrete politische Maßnahmen statt vager Beschwichtigungen", sagte Schick.

Regierungsberater warnt nach Credit Suisse vor Bank-Run-Szenarien

Der Ökonom Jens Südekum, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, hat nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS-Bank vor Bank-Run-Szenarien in Deutschland gewarnt. Im Interview mit der Bild-Zeitung sagte er zudem, dass die unbegrenzte staatliche Sicherung in den USA nach den Turbulenzen bei der Silicon Valley Bank von Banken als Freibrief zum Zocken ausgelegt werden könnte.

Südekum sagte, bei einer "Bank-Run-Panik" wie bei Credit Suisse könnte es auch für deutsche Banken eng werden. Bei nervöser Marktlage bestehe diese Gefahr. "Sollte in Deutschland eine große Bank in Schieflage geraten, würde aber die EZB parat stehen, um die Liquidität abzusichern." Problematisch seien auch die Zinsen: "Wenn etwa bei Baufinanzierern Kredite platzen, weil kein Geld für die erhöhten Zinsen da ist, müsste eine Rettungsaktion her", sagte der Düsseldorfer Ökonom.

Mit Blick auf die Frage, ob es zu einer neuen Finanzkrise kommen könnte, sagte Südekum, dass es die Ansteckungseffekte wie 2008 nicht mehr gebe. Die Eigenkapitalquoten seien besser, es gebe keine faulen Kredite. Die nicht gesicherten Einlagen bei der Silicon Valley Bank seien riesig gewesen. Auch bei Credit Suisse sei es "sicher kein Zufall" gewesen, dass die Probleme genau jetzt aufgetaucht seien.

Südekum sagte aber auch, dass in den USA die Sicherungsgrenze für Einlagen bei 250.000 Dollar liege. "Bei der Rettung wurde eine unbegrenzte Sicherung ausgerufen. Das bringt die Stabilität ins Wanken. Wenn sich das rumspricht, haben Banken einen Freibrief fürs Zocken", sagte Südekum.

Bundesfinanzministerium begrüßt schnelle Reaktion der Schweizer Behörden

Das Bundesfinanzministerium hat sich nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS hinter den Schritt der Behörden in der Schweiz gestellt und die Stabilität des deutschen Finanzsystems unterstrichen. "Wir begrüßen die schnelle Reaktion und die Maßnahmen der zuständigen schweizerischen Behörden", erklärte eine Sprecherin des Ministeriums in einer schriftlichen Stellungnahme. Diese dienten dazu, geordnete Marktkonditionen wiederherzustellen und Finanzstabilität zu gewährleisten.

"Das deutsche Finanzsystem ist stabil", betonte sie. Die deutschen Aufsichtsbehörden und die europäische Finanzaufsicht stehen in engem Kontakt und beobachten die Lage aufmerksam und sorgfältig."

Anziehende SNB-Sichtguthaben deuten auf Credit Suisse-Geldbedarf hin

Die Credit Suisse hat in der vergangenen Woche wohl Liquidität in Milliarden-Höhe von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bezogen.

Die Sichtguthaben von Banken und Bund bei der Notenbank kletterten in den sieben Tagen bis Donnerstagabend auf 515,1 Milliarden Franken, wie die SNB am Montag mitteilte. In der Woche davor hatten sie sich auf 510,8 Milliarden Franken belaufen. Der größte Teil des Anstiegs dürfte auf die massive Liquiditätsspritze zurückzuführen sein, die die SNB der angeschlagenen Großbank gewährt hatte. Die SNB wollte sich nicht dazu, wieviel Geld an die Credit Suisse floss.

Die Credit Suisse hatte in der Nacht auf Donnerstag erklärt, sie wolle sich bei der SNB bis zu 50 Milliarden Franken leihen. Bei den am Montag veröffentlichten Sichtguthaben handelt es sich um einen Durchschnittswert, der nicht den vollen Umfang der von der Credit Suisse aufgenommenen Liquidität enthält. Die UBS übernimmt in einer Rettungsaktion die Rivalin Credit Suisse für drei Milliarden Franken.

Ministerin: Wohl keine Boni für Management der Credit Suisse

Das Management der durch eine Notübernahme geretteten Großbank Credit Suisse kann nach den Worten der Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter wohl nicht mit Boni rechnen. "Gegenüber dem CS-Management gibt es natürlich Maßnahmen", sagte die Ministerin am Montag im SRF-Radio. Es sei Aufgabe der Finanzmarktaufsicht (Finma), ein Boni-Verbot auszusprechen. "Davon ist schon auszugehen", sagte Keller-Sutter weiter. Ein Sprecher der Finma erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AWP, dass man demnächst "auch solche" Fragen klären werde.

Die Credit Suisse hatte laut der Nachrichtenagentur Bloomberg ihren Mitarbeitern in einem internen Schreiben zugesichert, dass versprochene Boni am 24. März wie geplant ausgezahlt werden sollen. Am Sonntagabend war verkündet worden, dass die schwer angeschlagene Credit Suisse von der Schweizer Großbank UBS für drei Milliarden Franken (gut drei Milliarden Euro) übernommen wird.

BofA hebt UBS auf "Buy" - Sieht beträchliches Synergiepotenzial

Die US-Investmentbank Bank of America (BofA) hat UBS angesichts der Notfall-Übernahme der Credit Suisse von "Neutral" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 21 auf 23 Franken angehoben. Die Logik hinter dem Deal sei klar, denn die beiden Schweizer Banken seien die engsten Wettbewerber, schrieb Analyst Alastair Ryan in einer am Montag vorliegenden Studie. Allein schon wegen der räumlichen Nähe seien die Kostensynergien beträchtlich.

Anleger steigen nach Übernahme bei Credit Suisse aus

Die Anleger kippten die Aktien der Credit Suisse nach der Übernahme durch die Rivalin UBS aus ihren Depots.

Die Titel der Schweizer Großbank wurden am Montag im Schweizer Handel letztlich um 55,74 Prozent schwächer bei 0,82 Franken gehandelt. Die Anteile der UBS werden zuletzt um 1,26 Prozent höher bei 17,32 Franken indiziert.

Die UBS übernimmt in einer Rettungsaktion die schwer angeschlagene Credit Suisse für drei Milliarden Franken. Das entspricht 0,76 Franken je Credit-Suisse-Aktie, nachdem die Titel am Freitag mit 1,86 Franken geschlossen hatten. Zusätzlich steht die UBS für Verluste von bis zu fünf Milliarden Franken gerade. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Regierung unterstützen den Deal mit Liquiditätshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe.

ZÜRICH/BERN/FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX / Reuters / Dow Jones Newswires)

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Bildquellen: Pincasso / Shutterstock.com, simon zenger / Shutterstock.com

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