US-Börse im Fokus

Was der Government Shutdown in den USA für den Aktienmarkt bedeutet

22.01.18 16:53 Uhr

Was der Government Shutdown in den USA für den Aktienmarkt bedeutet | finanzen.net

Die US-Regierung ist weiter handlungsunfähig. Auch am Wochenende konnten sich Republikaner und Demokraten nicht auf einen Übergangshaushalt einigen. Der Government Shutdown, der in der Nacht von Freitag auf Samstag in Kraft getreten war, hält somit an - und könnte nun deutlichere Folgen haben als am Wochenende.

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Mit dem Start der neuen Woche dürften die Auswirkungen des Zwangsstillstandes der US-Regierung deutlicher zu spüren sein als noch am Wochenende, wo sowieso viele Behörden und auch die US-Börsen geschlossen waren. Die Verhandlungen zwischen den zwei zerstrittenen Parteien im Senat sollen zwar am Montagmorgen nach US-Zeit fortgesetzt werden, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass nun heute eine Einigung erzielt wird - schon gar nicht vor Handelsbeginn an der Wall Street.

Doch auch, wenn die US-Börsen - anders als andere offizielle Organisationen - selbst nicht direkt von der Schließung betroffen sind und der Handel ganz normal stattfindet, sind einige verwandte Behörden vom Shutdown betroffen. So könnte sich zum Beispiel die Veröffentlichung einiger Statistiken der Federal Reserve - der gerade viel Aufmerksamkeit von der Wall Street zukommt - nach hinten verschieben, falls der Shutdown länger andauern sollte. Auch die Börsenaufsichtsbehörde SEC wird vorerst noch weiterarbeiten, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt keine neuen oder noch ausstehenden Anträge für Börsengänge mehr bearbeiten. Beides könnte sich im Laufe des Shutdowns schließlich auch belastend auf den US-Markt auswirken.

Endet jetzt der Höhenflug der US-Indizes?

In den vergangenen Wochen zeigten sich die US-Indizes noch sehr robust. Auch am Freitag, als der Shutdown bereits absehbar war, ging es für Dow Jones, NASDAQ Composite und S&P 500 weiter nach oben, die beiden letzteren markierten sogar neue Allzeithochs. Doch der Begeisterung über starke Konjunkturdaten, steigende Unternehmensgewinne und die US-Steuerreform stehen in Trumps Präsidentschaft auch immer wieder politische Unsicherheiten gegenüber, so zum Beispiel der Konflikt mit Nordkorea oder die Untersuchungen zu einer möglichen russischen Einmischung in den US-Wahlkampf. Diese politischen Unsicherheiten am Aktienmarkt könnten laut "MarketWatch" durch den Shutdown verstärkt werden - und zu einem kleinen Rücksetzer führen.

Daneben gibt es laut dem Online-Magazin weitere Anzeichen dafür, dass die US-Börse aktuell verwundbarer ist als sonst. So hat beispielsweise der S&P 500 erstmals in seiner Geschichte 395 Handelstage in Folge ohne einen Rücksetzer von 5 Prozent abgeschlossen. Ist der Shutdown nun das Ereignis, dass diesen sagenhaften Lauf beendet? Die Möglichkeit besteht, denn laut "Finanzmarktwelt" steigt der Volatilitätsindex VIX für den amerikanischen Aktienmarkt im historischen Vergleich in der Woche nach einem Zwangsstillstand der US-Regierung an - und damit auch die Schwankungsbreite der Kurse. Ein Zeichen für die steigende Nervosität, die ein Shutdown am Markt verursacht.

Experten erwarten lediglich kleine Schwäche

Dabei haben US-Anleger historisch gesehen eigentlich keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Der Finanzdienstleister LPL Financial hat alle Shutdowns seit 1976 - immerhin 18 Stück - analysiert und gibt Entwarnung: Im Schnitt fiel der S&P 500 während eines Regierungsstillstands lediglich um 0,6 Prozent. Beim letzten Shutdown im Jahr 2013 - und insgesamt in 44,4 Prozent der Fälle - ging es sogar nach oben. Massenverkäufe am US-Markt sind also nicht zu erwarten.

Dieser Meinung sind auch die Analysten. Marktstratege Ryan Detrick von LPL Financial sagte laut "MarketWatch" bereits im Mai 2017, dass die Märkte normalerweise über das Gezanke in Washington hinwegsehen würden, egal wie lange ein Shutdown andauere. Ähnlich äußerte sich auch Analyst Craig Holke von Wells Fargo: Er sehe während solcher Ereignisse zwar eine erhöhte Volatilität an den Märkten, jedoch historisch betrachtet wenig langfristige Auswirkungen. Das Online-Magazin "TheStreet" meldete außerdem, dass bislang keine großen Wall-Street-Banken ihre Kunden vor dem Shutdown gewarnt hätten. Für Investoren gelte somit weiter, sich vor der beginnenden Bilanzsaison long zu positionieren.

Auch der ehemalige Hedgefonds-Manager Jim Cramer zeigte sich in einem Interview mit dem von ihm gegründeten Online-Magazin "TheStreet" gelassen. Die Märkte würden sich offenbar nicht sehr um den Shutdown kümmern, so Cramer. Es gebe zwar bei einem Shutdown auch immer kleinere Rücksetzer, aber die seien nicht sehr schlimm. Immerhin wisse der Markt, dass es sich um ein Problem handle, das letztendlich gelöst werden würde. Cramer gibt allerdings zu bedenken, dass verspätete Steuerrückzahlungen durch das IRS - das momentan auf Sparflamme arbeitet - dazu führen könnten, dass US-Bürger ihr Geld bunkern, anstatt es auszugeben, was möglicherweise den Einzelhandel belasten könnte. Gleiches gilt wohl auch für alle Bundesbeamten, die derzeit unbezahlten Zwangsurlaub haben, auch wenn Cramer diese nicht explizit erwähnt.

Stärkere Auswirkungen auf US-Anleihen möglich

Nach Meinung der Experten und historisch gesehen ist der Shutdown am Aktienmarkt also kein Grund zur Panik. Die möglichen Auswirkungen auf US-Anleihen könnten jedoch größer sein, falls Investoren am Bond-Markt durch einen längeren Shutdown das Vertrauen in die US-Regierung - und vor allem deren Kreditwürdigkeit - verlieren. Während des letzten Shutdowns 2013 stiegen laut "BBC" etwa die Kreditkosten der USA für kurzlaufende Staatsanleihen an - ein Zeichen dafür, dass große globale Investoren nicht so entspannt auf den erneuten Shutdown blicken könnten, wie die Anleger am US-Aktienmarkt.

Redaktion finanzen.net

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