George Soros: Russland wird wieder eine Supermacht
George Soros, der legendäre US-Investor, glaubt, dass Russland bald wieder eine dominierende Rolle in der Weltpolitik spielen dürfte.
Auch wenn Russland auf der internationalen Bühne derzeit eher isoliert dasteht, sieht der US-Milliardär George Soros die ehemalige Supermacht auf dem Weg zu alter Größe. Diese Ansicht vertrat der legendäre Finanzspekulant am Montag bei einer Veranstaltung russischer Oppositioneller in London.
Und Soros ist kein Mann, dessen Ansicht man leichtfertig abtun sollte. Der 85-Jährige zählt dank seiner korrekten Prognosen zu den erfolgreichsten Börsenspekulanten aller Zeiten.
Russland ist derzeit angeschlagen
Wer in den letzten Monaten die Nachrichten in Zusammenhang mit Russland verfolgte, der könnte glauben, dass Soros mit seiner Prognose diesmal daneben liegt. Politisch steht das Reich von Wladimir Putin im Abseits. Die acht großen Industrienationen (G8) etwa haben Russland wegen der Annexion der Krim im Jahr 2014 aus ihrem Kreis ausgeschlossen.
Auch wirtschaftlich ist das größte Land der Erde angeschlagen. Erst am Dienstag, den 21. Juni haben die EU-Mitgliedsländer ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland um ein halbes Jahr verlängert. Hintergrund sind die mangelnden Fortschritte im Friedensprozess für die Ukraine. Die russische Wirtschaft leidet heftig unter den Sanktionen, so war die Wirtschaft zwischen Kaliningrad und Wladiwostok im Jahr 2015 um 3,7 Prozent geschrumpft. Daneben leidet das stark von Rohstoffexporten abhängigen Land stark unter dem Ölpreisverfall, der Mitte 2014 einsetzte. Seither ist auch der Wert der Landeswährung Rubel regelrecht eingebrochen.
Angesichts aktueller Ereignisse gilt es auch zu erwähnen, dass das Ansehen Russlands zuletzt auch aus sportlicher Sicht stark gelitten hat. Wegen umfangreicher Doping-Skandale wurden Russlands Leichtathleten für Olympia gesperrt und auch bei der derzeit in Frankreich stattfindenden Fussball-EM hinterlässt Russland keinen guten Eindruck. Die Nationalmannschaft hat nicht mal die Vorrunde überstanden, dafür machen außerhalb des Grüns russische Hooligans mit ihrer Brutalität von sich reden. Am schlimmsten dabei ist aber, dass die Kritik aus Moskau an diesem Verhalten bestenfalls als halbherzig bezeichnet werden kann.
EU vor dem Kollaps?
Soros scheint weniger zu glauben, dass sich die Lage Russlands sprunghaft verbessert, vielmehr profitiere das Riesen-Reich von einem Kollaps der Europäischen Union. Die Europäische Union erblühte in den 80er- und 90er-Jahren, als die Sowjetunion zu zerfallen begann - nun drohe eine umgekehrte Entwicklung, warnte Soros. Der Börsen- und Politikguru, der auch den Verlauf der Euro-Krise hatte kommen sehen, propagiert schon lange einen Niedergang der EU.
Bereits am Donnerstag, den 23. Juni muss die EU womöglich einen schweren Schlag einstecken. Dann entscheiden die Briten in einem Referendum über den weiteren Verbleib in der Gemeinschaft. George Soros hat im Vorfeld vor schwerwiegenden Folgen eines Brexit gewarnt. Ein "Schwarzer Freitag" - ein Kurssturz an den Börsen - wäre die Folge.
Mit dem Ausscheiden eines der größten und wirtschaftlich stärksten Mitgliedsstaates wird die EU mit Sicherheit globalen Einfluss verlieren. In einem Worst-Case-Szenario könnte ein Brexit einige rechtspopulistische Strömungen in der EU Morgenluft wittern lassen, etwa die "Front Nationale" in Frankreich. Diese könnten den Impuls des Brexit für ihre Zwecke nutzen und ihrerseits einen "Frexit" propagieren - den Austritt Frankreichs aus der EU. Und auch in anderen Staaten dürften anti-europäische Kräfte Rückenwind verspüren.
Aber auch ohne das Brexit-Thema steht die EU vor großen Herausforderungen. Euro-Krise, Schulden-Krise, Flüchtlings-Krise - die Liste der Probleme ist groß. Vor diesem Hintergrund wächst in vielen Mitgliedsstaaten die Unzufriedenheit der Bürger - und die Schuld sehen sie bei der EU.
Russland selbst hat seine Propaganda-Maschine angeworfen und arbeitet kräftig daran mit, Europa zu entzweien. Und mit dem russischen Eingreifen im Syrien-Konflikt trägt das Land eine wesentliche Mitschuld an der Flüchtlingswelle. Das Ziel ist klar: Die Destabilisierung der EU. Zerfällt die EU könne sie ihre Sanktionen nicht länger aufrechterhalten, so Soros. Und mit einer wirtschaftlichen Verbesserung wachse auch wieder Putins Rückhalt in der eigenen Bevölkerung.
Das persönliche Interesse von George Soros
Womöglich verfolgt die Investment-Legende mit seiner Warnung vor einem starken Russland aber auch eigene politische Interessen. So ist er ein bekennender Verfechter der ukrainischen Interessen. Da ist es vielleicht kein Zufall, dass er just zu dem Zeitpunkt Ängste vor einem starken Russland schürt, als die Anti-Putin-Front in der EU zunehmend Risse zeigt. Neben Italien hatte zuletzt auch die in Deutschland mitregierende SPD versöhnliche Töne in Richtung Moskau angeschlagen und damit für Empörung beim Koalitionspartner CDU/CSU gesorgt.
Redaktion finanzen.net
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