AstraZeneca-Aktie leicht im Minus: EMA hält AstraZeneca-Impfstoff für sicher - Aber Warnhinweis
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat an diesem Donnerstag entschieden, ob der AstraZeneca-Impfstoff gegen das Coronavirus weiter verwendet werden soll.
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Nach dem Stopp von Corona-Impfungen mit dem Präparat von AstraZeneca in Deutschland und anderen Ländern hat die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) seine Sicherheit bekräftigt. Allerdings werde in den Hinweisen eine extra Warnung vor möglichen seltenen Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen hinzugefügt. Das teilte die EMA am Donnerstag in Amsterdam nach einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses mit. Über die nächsten Schritte in Deutschland wollten Bund und Länder am Abend beraten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte sich zunächst noch nicht zum weiteren Vorgehen. Der Beschlusstext der EMA als Basis für die Beratungen der Fachminister von Bund und Ländern ging erst am Abend ein, wie es hieß. Der Vorsitzende der Länder-Minister, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, sagte: "Die Entscheidung der EMA zeigt, dass der Impfstoff von AstraZeneca wirksam und sicher ist." Wichtig sei, dass nun auch der Bund umgehend grünes Licht gebe und wieder Impftermine mit AstraZeneca vergeben werden könnten.
Die EMA-Experten hatten den zugelassenen Impfstoff von AstraZeneca erneut auf den Prüfstand gestellt, nachdem in einigen europäischen Ländern Auffälligkeiten bekanntgeworden waren. In Deutschland gibt es inzwischen 13 gemeldete Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen mit dem Präparat, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. Drei Patienten seien gestorben. Insgesamt handele es um zwölf Frauen und einen Mann im Alter von 20 bis 63 Jahren. Die Bundesregierung stoppte den Einsatz von AstraZeneca am vergangenen Montag nach einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) - damals gab es sieben Fälle. Trotz mehr als 1,6 Millionen Impfungen sei dies überdurchschnittlich häufig.
Die EMA sieht grundsätzlich keine erhöhten Gesundheitsgefahren und empfiehlt die Fortsetzung der Impfungen. "Der Impfstoff ist sicher und effektiv gegen Covid-19, und die Vorteile sind wesentlich größer als die Risiken", sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Donnerstag in Amsterdam nach einer Sondersitzung des Sicherheitsausschusses. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Impfungen die Vorfälle verursacht hätten. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen. Daher würden die Prüfungen und Studien auch fortgesetzt. Experten der EMA hatten alle Daten der Fälle gemeinsam mit dem Hersteller des Impfstoffes, Experten für Bluterkrankungen sowie Gesundheitsbehörden geprüft.
AstraZeneca ist als dritter Corona-Impfstoff zugelassen worden und spielt eine wichtige Rolle in der gesamten Impfstrategie der EU. Der britisch-schwedische Hersteller hat zwar Lieferschwierigkeiten, dennoch sind 70 Millionen Dosen für das zweite Quartal vorgesehen. Weil das Präparat nicht so stark gekühlt werden muss, kann es auch gut von Hausärzten gespritzt werden. Verfügbar sind daneben auch die schon zuvor zugelassenen Präparate von BioNTech/Pfizer und Moderna.
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar begrüßte die EMA-Entscheidung. Nun müssten alle vorhandenen Impfstoffdosen verimpft werden, "damit die Bevölkerung möglichst gut geschützt ist gegen die dritte Corona-Welle". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen sich voraussichtlich an diesem Freitag zu einem "Impfgipfel" zusammenschalten. Beraten werden soll auch über den Zeitplan für einen breiten Impfstart in Praxen.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten diesen Übergang bisher spätestens für die Woche vom 19. April angepeilt. Zu klären ist dafür auch, wie verfügbarer Impfstoff zwischen Praxen und den regionalen Impfzentren aufgeteilt werden soll. Die Länder wollen ihre Einrichtungen vorerst parallel weiterbetreiben.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte vor voreiligen Schlüssen aus einem vorübergehenden Impfstopp gewarnt. "In Impfkampagnen ist es Routine, potenzielle unerwünschte Ereignisse zu melden. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Ereignisse mit der Impfung in Verbindung stehen", sagte der europäische WHO-Regionaldirektor Hans Kluge in Kopenhagen. Offen ist, welche Auswirkungen die Diskussion über neue Risiken nun auf das Vertrauen in den Impfstoff haben wird.
Nach Kritik wegen knapper Mengen und überlasteten Termin-Hotlines werden in den nächsten Monaten größere Impfstoffmengen erwartet. Im zweiten Quartal sollen 40,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer kommen. Von AstraZeneca waren bisher 16,9 Millionen Dosen vorgesehen. Dazu sind 6,4 Millionen Dosen von Moderna eingeplant. Zudem wird wohl in der zweiten Aprilhälfte der Lieferbeginn des inzwischen ebenfalls zugelassenen Präparats von Johnson & Johnson erwartet.
Beim Impfen gibt es einen Wettlauf gegen die Zeit: Eine dritte Corona-Welle zeichnet sich deutlicher ab. Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt das Wachstum als exponentiell ein. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner stieg erneut. Bundesweit lag diese Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI am Donnerstag bei 90 - und damit erneut höher als am Vortag (86,2). Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 17 504 Corona-Neuinfektionen - gut 3000 mehr als am Donnerstag der Vorwoche.
EU-Kommission bereitet Schlichtung mit AstraZeneca vor
Im Streit über Lieferschwierigkeiten bei Corona-Impfstoffen des Herstellers AstraZeneca will die EU-Kommission die Gangart verschärfen. Die Behörde bereite ein förmliches Schreiben an Astrazeneca vor, um das vertraglich vorgesehene Schlichtungsverfahren zu starten, sagte Kommissionssprecher Eric Mamer am Donnerstag. Man sei dazu im Gespräch mit den EU-Staaten.
Das Schlichtungsverfahren ist eine Art Vorstufe zu möglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der britisch-schwedische Hersteller hatte seine vertraglich zugesicherten Lieferungen an Corona-Impfstoff mehrfach gekürzt. Statt 180 Millionen Dosen sollen im zweiten Quartal nur 70 Millionen an die EU-Staaten gehen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte den Konzern dafür scharf kritisiert.
In London verlor die AstraZeneca-Aktie letztlich um 0,14 Prozent auf 71,28 britische Pfund.
/si/DP/zb
BERLIN (dpa-AFX)
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