UBS war wohl auf CS-Übernahme "bestens vorbereitet" - Nun "too big to fail"?
Die schweizerischer Großbank UBS war laut ihrem Verwaltungsratspräsidenten auch rückblickend "bestmöglich" auf die Übernahme von Credit Suisse (CS) vorbereitet.
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Für die Zukunft müsse die Koordination der Aufsichtsbehörden und der Zentralbanken geklärt werden, sagte Colm Kelleher "NZZ am Sonntag". Vor der Übernahme habe UBS unzählige verschiedene Szenarien durchgespielt, sagte der Manager weiter. Ihm sei ab Oktober 2022 klar gewesen, dass Credit Suisse keine Zukunft haben werde. Damals stellte die Bank ihren Strategieplan vor. Ab November 2022 hätten externe Berater von UBS ihre Arbeit aufgenommen.
Im März 2023 seien schließlich eine Einsatzzentrale, ein Strategie-Ausschuss im Verwaltungsrat und mit Lukas Gähwiler ein gut vernetzter Schweizer Vizepräsident bereit gestanden.
Verhandlungen mit "zögerlicher Braut"
Dennoch habe Kelleher der Atem gestockt, als er den Anruf der Finanzmarktaufsicht Finma erhalten habe. "Ich war zwei Minuten lang sprachlos, obwohl ich ihn erwartet hatte", sagte er. Seine Gedanken seien bei den Mitarbeitenden von CS gewesen, die die Leidtragenden gewesen seien. "Aber es musste weitergehen: Wir hatten vier Tage Zeit, um einen Deal mit einer zögerlichen Braut hinzukriegen", sagte er.
Gestockt hätten die Verhandlungen nie. Doch es habe schwierige Momente gegeben, sagte Kelleher. Er habe teils beim Management und bei der Aufsichtsbehörden interveniert. "Die Finma hat zwischen dem 15. und dem 19. März sehr gute Arbeit geleistet", sagte der UBS-Präsident.
UBS habe sehr wenig Zeit zur Verfügung gehabt, um "die Dinge" zu prüfen, so Kelleher weiter. "Das Einzige, was wir wirklich anschauen konnten, waren die Aktiven und Passiven; und die Rechtsstreitigkeiten. Für den Rest mussten wir uns auf die Angaben von Credit Suisse verlassen."
Es habe eine Garantie gebraucht, falls sich herausstellen sollte, dass die Verluste viel grösser sind als gedacht. "So kam es zur 9-Milliarden-Garantie des Bundes. Diese war umstritten, aber es war klar: Wenn wir sie nicht brauchen, werden wir sie schnell zurückgeben, so wie wir es schließlich auch taten", sagte der UBS-Präsident. Bei der UBS war auch die Sorge groß, dass sie nach Bekanntgabe des Deals am Finanzmarkt selbst stark unter Druck kommt.
Neue Instrumente zur Aufsicht
Die Befugnisse der Finma seien jedoch beschränkt gewesen. Nach der Übernahme von CS habe Kelleher Briefe gesichtet, die die Finma dem Verwaltungsrat der CS geschickt hatte. "Hätte ich einen solchen Brief bei einer amerikanischen Bank von einer US-Aufsichtsbehörde bekommen, hätte ich mich anders verhalten", sagte der UBS-Präsident.
In Zukunft brauche es neue Instrumente für die Aufsicht. "Wird es eine 'Doppelspitze' geben, mit einer Aufsichtsbehörde, die der Zentralbank untergestellt ist?" Diese Frage müsse geklärt werden.
UBS habe ein Geschäftsmodell, das die Aufsichtsbehörden gut kontrollieren können, sagte Kelleher mit Blick auf die Risiken, die von der neuen Megabank ausgehen. "Sollte sich das ändern, haben sie genügend Zeit, um zu handeln." Die Beaufsichtigung von UBS sei für die Finma keine neue Aufgabe, schließlich habe sich die Bank bereits vorher überwacht. "Jetzt hat sie einen stärkeren Fokus, einfach auf ein größeres Institut."
Derweil geht es in der Führungsspitze bei UBS auch darum, in den kommenden vier Jahren der Integration einen möglichen Nachfolger von Vorstandschef Sergio Ermotti für die Zeit danach aufzubauen. Dafür wären laut Kelleher der Aufbau von drei internen Kandidaten ideal. "Es braucht Integrität, es muss ein Kulturträger sein, führungsstark, er oder sie sollte Visionen haben", so der Präsident, der in seiner Funktion den Chef-Wechsel beaufsichtigen will.
Schweizer sind besorgt: UBS "too big to fail"?
Ein Jahr nach dem Ende der Credit Suisse rätselt die Schweiz immer noch, wie sie ein weiteres solches Debakel verhindern kann.
An der Antwort hängt viel. Denn in kaum einem anderen Land hat ein einzelnes Institut so großes Gewicht wie in der Schweiz die UBS, die damals die Credit Suisse in einer Notübernahme schluckte. Am 19. März 2023 wurde die Rettungsaktion verkündet. Doch falls der entstandene Bankenkoloss ebenfalls einmal in Wanken geraten sollte, wäre das eine Gefahr für das ganze Land. Zwar ist das derzeit ein rein hypothetisches Szenario, da die UBS mit einem Rekordgewinn und ihrem Eigenkapitalpolster gut dasteht.
Doch das Restrisiko treibt Fachleute und Politiker um. Während Bankenvertreter kleinere Anpassungen des gesetzlichen Regelwerks für ausreichend halten, werfen Kritiker die Frage auf, ob sich die Schweiz ein Institut wie die UBS überhaupt leisten kann. "Wir haben das Problem nur kurzfristig gelöst. Was wir getan haben, schafft die Voraussetzungen für ein viel größeres Problem in der Zukunft", sagt der Genfer Wirtschaftsprofessor Cédric Tille. "Die UBS ist zu groß geworden, um sie zu retten."
Als die Credit Suisse ins Taumeln geriet, hatte die Regierung drei realistische Optionen: Eine Abspaltung der für das Land zentralen Teile, eine Verstaatlichung - oder eine Übernahme durch die UBS. Die Regierung entschied sich vor einem Jahr für die dritte Variante und leitete damit die weltweit größte Bankenübernahme seit der Finanzkrise von 2008 ein.
Doch diese Option stünde bei einer möglichen Krise der UBS nicht mehr zur Verfügung, da sie die letzte Schweizer Großbank ist. Als unwahrscheinlich gilt, dass ein ausländisches Geldhaus innerhalb weniger Tage bereit wäre, einen solch riskanten Deal zu stemmen. Weitgehende Einigkeit herrscht in der Schweiz, dass die Behörden alles unternehmen sollten, um eine Verstaatlichung zu vermeiden. Zu groß wären die Risiken. Bliebe eine geordnete Abwicklung, die weltweit noch kein Land mit einem Institut dieser Größe gewagt hat. "Die nächste Krise wird kommen", sagt ein hochrangiger Kenner der Materie. "Es ist essenziell, dass die Politik das Vertrauen hat, dass so eine Abwicklung möglich ist."
"BANKEN SIND ENORM VERWUNDBAR"
Auch dafür sind weitere Vorbereitungen notwendig. "Traditionelle Bankenmodelle sind digitalen Bankenstürmen gegenüber enorm verwundbar", erklärt der Experte. Das klassische Geschäftsmodell der Banken besteht darin, Kundengelder entgegenzunehmen und in Form von Hypotheken oder anderen Krediten weiterzureichen. Während die Kredite oft Laufzeiten von Jahren haben, können jedoch viele Einlagen über Nacht abgehoben werden. Dies wurde der Credit Suisse zum Verhängnis. Denn sie hatte nicht genügend Sicherheiten, um neue Liquidität zu beschaffen und den Kunden ihr Geld zurückzuzahlen. Daraufhin sprang die Schweizerische Nationalbank (SNB) ein, gestützt auf Notrecht.
Die Banken wollen Insidern zufolge einen größeren Teil der Aktiva in ihren Bilanzen so aufstellen, dass sie als Sicherheiten eingesetzt werden können, um am Finanzmarkt oder von der SNB bei einem Engpass mehr flüssige Mittel beziehen zu können. Dafür muss auch die SNB grünes Licht geben. Letztes Jahr empfahl eine Gruppe von Bankenexperten der SNB, die Palette der Sicherheiten zu erweitern und neben Hypotheken auch Unternehmens- und Lombardkredite zu akzeptieren.
Gleichzeitig versuchen Banken, Kundengelder länger zu binden. Anstelle von Einlagen, die über Nacht abgezogen werden können, sollen die Kunden einen größeren Teil ihrer Vermögen drei, sechs oder neun Monate festlegen. Im Gegenzug erhalten sie einen höheren Zinssatz. Mit dem Rückenwind der Zinswende haben die Banken hier bereits Fortschritte gemacht.
"WIR BRAUCHEN KEINE GLOBALEN GROSSBANKEN"
Viel Zustimmung erhält auch der Vorschlag, die Kompetenzen der Finanzmarktaufsicht Finma zu erweitern, damit sie rascher und entschlossener eingreifen kann. Alle diese Maßnahmen sind vergleichsweise schmerzfrei für die Institute. Ganz anders ist das mit dem Eigenkapital. Ziel müsse es sein, die Widerstandsfähigkeit der Banken zu erhöhen, erklärte der Berner Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti in einem Referat. "Und das macht man über zusätzliche Kapitalanforderungen." Wenn es nach ihm ginge, müsste das Eigenkapital 20 Prozent der Bilanzsumme erreichen. 2023 kam die UBS auf 4,7 Prozent. Die Großbank spricht sich selbst gegen wesentlich moderatere Erhöhungen aus, weil ihre Profitabilität damit unter Druck käme. Zudem vertritt sie die Einschätzung, dass mehr Kapital den Untergang der CS nur verzögert, aber nicht verhindert hätte.
Im Frühjahr will die Schweizer Regierung Regeländerungen präsentieren, die sicherstellen sollen, dass sie einer strauchelnden systemrelevanten Bank in Zukunft nicht wieder unter die Arme greifen muss. Eine wesentliche Verschärfung der Kapitalanforderungen gilt dabei als unwahrscheinlich. Auch Brunetti hält sie für politisch kaum durchsetzbar, weil die Bank dann mit dem Wegzug drohen könnte. Für Brunetti, der als früherer Spitzenbeamter einer der Architekten der aktuellen Bankenregulierung war, ist es wichtiger, die Steuerzahler nicht einem solchen Risiko auszusetzen, als den Hauptsitz der Bank in der Schweiz zu behalten. "Es ist schön, wenn wir globale Großbanken haben, aber wir brauchen sie nicht."
Die UBS-Aktie verliert an der SIX zeitweise 0,75 Prozent auf 27,97 Franken.
ZÜRICH (dpa-AFX / Reuters)
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31.10.2024 | UBS Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
31.10.2024 | UBS Outperform | RBC Capital Markets |
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