Strafmaßnahmen

Ukraine-Krise: EU schlägt offenbar weitreichende Sanktionen gegen Russland vor - Putin: Russland strebt nicht nach Imperium

22.02.22 15:25 Uhr

Ukraine-Krise: EU schlägt offenbar weitreichende Sanktionen gegen Russland vor - Putin: Russland strebt nicht nach Imperium | finanzen.net

Die EU-Kommission hat unerwartet weitreichende Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen.

Ein am Dienstag den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staates zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen.

Darunter wären nach Angaben von Diplomaten rund 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben, aber auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Auch sollen die Freihandelsregelungen der EU mit der Ukraine nicht mehr für die Gebiete in der Ostukraine gelten.

Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.

Die EU-Kommission bestätigte am Mittag in einer Pressemitteilung die Grundzüge des Pakets. Demnach ist es Ziel der Finanzsanktionen, den Zugang Russlands zu den Kapital- und Finanzmärkten sowie Finanzdienstleistungen der EU ins Visier zu nehmen, um "die Finanzierung eskalierender und aggressiver Maßnahmen zu begrenzen". Von den russischen Banken sollen diejenigen bestraft werden, die an der Finanzierung russischer Militäroperationen und andere Maßnahmen in den Separatistengebieten beteiligt sind.

Die vorgeschlagenen Beschränkungen des Handels zwischen der EU und der Separatistengebiete würden den Angaben zufolge sicherstellen, "dass die Verantwortlichen die wirtschaftlichen Folgen ihres rechtswidrigen und aggressiven Handelns deutlich spüren".

An den Beratungen über die Vorschläge beteiligte Personen betonten, dass das volle Arsenal der Sanktionsmöglichkeiten damit bei weitem noch nicht genutzt werde. Sanktionen zum Beispiel gegen den russischen Energiesektor und Ausfuhrverbote für Hightech-Technologie seien für den Fall vorbereitet worden, dass Russland einen Angriff auf die ganze Ukraine starte. Auch Kremlchef Wladimir Putin wird voraussichtlich noch nicht auf die EU-Sanktionsliste kommen. Damit soll gesichert werden, dass die Sanktionen weiter verschärft werden können.

Eine politische Entscheidung über das Sanktionspaket könnte nach Angaben aus EU-Kreisen bereits am späten Dienstagnachmittag bei einem informellen Sondertreffen der Außenminister der EU-Staaten in Paris getroffen werden. Der formelle Beschluss würde dann im Anschluss im schriftlichen Verfahren gefasst.

Putin: Russland strebt nicht nach Imperium

Russland strebt nach den Worten von Präsident Wladimir Putin ungeachtet der umstrittenen Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine nicht nach der Wiedererrichtung eines Imperiums. "Das entspricht absolut nicht der Wirklichkeit", sagte Putin am Dienstag im Kreml. Moskau habe die "Spekulationen" zu dem Thema gesehen, "dass Russland das Reich in den imperialen Grenzen wiedererrichten" wolle, sagte Putin. Er hatte zuvor die "Volksrepubliken Luhansk und Donezk" als unabhängige Staaten anerkannt.

Bei einer Fernsehansprache hatte Putin am Montag erklärt, dass die Ukraine ihre Existenz dem russischen und dem kommunistischen Imperium der Sowjetunion zu verdanken habe. Er stellte auch die Staatlichkeit der Ex-Sowjetrepublik infrage. Im Westen gibt es seit langem Vorwürfe, Putin wolle aus einem Phantomschmerz der verlorenen Großmacht heraus ein neues Imperium wie zu Sowjet- oder zu Zarenzeiten schaffen. Er wies das nun erneut zurück - bei einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Staatschef Ilham Aliyev.

Der ölreiche Südkaukasusstaat Aserbaidschan am Kaspischen Meer gehörte einst auch zu dem Imperium. "Nach dem Zerfall der Sowjetunion hat Russland alle neuen geopolitischen Realitäten anerkannt und arbeitet, wie Sie wissen, an der Festigung der Zusammenarbeit aller Länder, der unabhängigen Staaten, die auf dem postsowjetischen Gebiet hervorgegangen sind", sagte Putin.

Die vor 100 Jahren gegründete Sowjetunion zerfiel vor 30 Jahren. Putin äußerte erneut sein Bedauern, dass sich die Ukraine nach einem blutigen Umsturz und einer gewaltsamen Machtübernahme von dieser Zusammenarbeit mit Russland verabschiedet habe. In seiner Rede am Montag hatte er von einem "Marionetten-Regime" in Kiew gesprochen, das keine eigene Politik verfolge, sondern von den USA gesteuert und instrumentalisiert werde, um Russland zu schwächen.

MOSKAU (dpa-AFX)

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