Anleger in Istanbul feiern den Wahlsieg Erdogans nur kurz
Unter den türkischen Anlegern ist am Montag die Euphorie über den Wahlsieg von Recep Tayyip Erdogan bei der türkischen Präsidentenwahl schnell verflogen.
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Nachdem an der Istanbuler Börse der Leitindex ISE 100 zu Handelsbeginn noch um bis zu 3,7 Prozent nach oben gesprungen war, büßte er seine Gewinne am späten Vormittag wieder komplett ein. Zuletzt gab das Börsenbarometer leicht nach. Damit folgte der ISE 100 den Verlusten an den internationalen Aktienmärkten, die mit den anhaltenden Sorgen um die weltweiten Handelskonflikte zusammenhingen.
Insofern hat sich der anfängliche Optimismus der türkischen Anleger Börsianern zufolge als kurzlebig erwiesen. Das Land habe weiterhin mit Herausforderungen zu kämpfen, sagte Händler Ozgur Yasar von der Raiffeisen Centrobank. Deshalb würden sich die Investoren nun darauf konzentrieren, welche Schritte die Regierung jetzt tatsächlich ergreifen werde, um die Probleme anzugehen. Im Fokus stünden nun die Namen der neuen Minister, die sich nun um Wirtschafts- und Finanzfragen kümmerten.
Der ISE 100 hatte im frühen Handel noch das Niveau von Anfang Juni erreicht. Wegen der politischen Unsicherheit vor der Wahl steht seit Jahresbeginn gerechnet aktuell ein Minus von mehr als 17 Prozent zu Buche.
Die türkische Lira lag am späten Vormittag zum amerikanischen Dollar und zum Euro nur noch weniger als 1 Prozent im Plus. Die Rendite zehnjähriger, auf US-Dollar lautender Staatsanleihen des Landes legte zuletzt wieder zu, was im Gegenzug die Anleihepreise unter Druck setzte.
Erdogan wird nun Staats- und Regierungschef und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft. Das von Erdogans AKP angeführte Parteienbündnis errang der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge bei der Parlamentswahl am Sonntag außerdem die absolute Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung.
In der Türkei stünden die Zeichen nun auf Kontinuität, schrieb Analyst Murat Toprak von der Bank HSBC. Das Parlament und der Präsident könnten jetzt abgestimmt agieren und in den kommenden Monaten eine auf Dauerhaftigkeit angelegte Politik betreiben.
Commerzbank-Analyst Tatha Ghose schränkte ein, politische Stabilität sei kein Allheilmittel für die Türkei und die Lira. Die Risiken für die Zentralbank und deren Geldpolitik seien hoch. Einige Wochen vor der Wahl hatte Erdogan eine Währungskrise ausgelöst, weil er ankündigte, die Notenbank nach einer erfolgreichen Wiederwahl an die Kandare zu nehmen und für niedrige Zinsen sorgen zu wollen.
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ISTANBUL (dpa-AFX)
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