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Steinhoff-Aktie im Fokus - Tiefer Fall nach langer Zeit des Erfolgs: Die Geschichte von Steinhoff

20.12.22 13:34 Uhr

Steinhoff: Ein tiefer Fall nach langer Zeit des Erfolgs | finanzen.net

Der Steinhoff-Bilanzskandal bedeutete für den ursprünglich in Deutschland gegründeten Möbelhersteller große Turbulenzen und massive Probleme. Dabei konnte der Konzern bis dahin auf eine lange Geschichte des Erfolgs zurückblicken.

• Schon früh ein Konzern mit mehreren Unternehmen
• Vorstoß nach Südafrika
• Zahlreiche Umstrukturierungen



Von Anfang an auf Wachstum getrimmt

Die "Bruno Steinhoff Möbelvertretungen und -vertrieb" wurde am 01.07.1964 in Westerstede, einer Kreisstadt mit 22.000 Einwohnern im Nordwesten Niedersachsens, von Bruno Ewald Steinhoff als eine Import­gesellschaft mit Handelsagentur gegründet. Laut dem Controller Institut wurde die auf den Import von Möbeln aus dem damaligen Ostblock spezialisierte Firma bereits 1970 durch Gründung einer ersten Polstermöbelfabrik ergänzt, zusätzlich wurde auch das Betätigungsspektrum ausgeweitet.

Bereits 1980 umfasste der Steinhoff-Konzern ganze sieben Unternehmen und begann mit der Entfaltung von internationalen Aktivitäten. Als dann die Berliner Mauer fiel, machte sich Steinhoff an die Erschließung des neuen Markts für Möbelproduktion, etablierte sich als einer der größten Investoren in den neuen Bundesländern und übernahm acht Produktionsstätten. Der Konzern stieg damit rasch zu einem der bedeutendsten Polstermöbelhersteller am Markt auf und leitete erneutes Wachstum ein, indem er bis 1996 die Produktion in Osteuropa durch laufende Werksgründungen forcierte. Bis dahin beschäftigte Steinhoff 5.000 Angestellte in 20 verbundenen Unternehmen, berichtet Controller Institut.

Der Gang nach Südafrika

Im Jahr 1997 wagte sich der Konzern erstmalig nach Südafrika vor und fusionierte mit dem südafrikanischen Teil des Konzerns des deutschen Unternehmers Claas Daun, der seit Ende der 1970er-Jahre im benach­barten Rastede einen der größten Textilkonzerne Deutschlands aufgebaut hatte. Damit wurde auch der Schaumstoff- und Möbelhersteller Gomma-Gomma Teil des Steinhoff-Konzerns, für den Daun selbst bereits länger in Südafrika tätig gewesen war. Es erfolgte die Gründung der "Steinhoff Möbel" in Kapstadt, die später als "Steinhoff Africa" auftrat. 1998 wurde dann die "Steinhoff International Holdings Ltd" gegründet, um die immer mehr international angelegte Struktur des Konzerns tragen zu können, so Controller Institut. Im selben Jahr wurde diese Firma, die die Geschäftsbeziehung zwischen Steinhoff Deutschland, Steinhoff Europe und Steinhoff Africa koordinierte, auch an der Johannesburger Börse notiert.

Ebenfalls 1998 wurde der südafrikanische Chartered Accountant Markus Jooste zum Executive Director für die europäischen Aktivitäten ernannt, im Jahr 2000 wurde dieser dann zum CEO der Holding befördert. Jooste war mit 27 Finance Director bei GommaGomma geworden und hatte ein enges Verhältnis zu Claas Daun aufgebaut, der dem Controller Institut zufolge für ihn eine Art Mentor war. Zu jener Zeit betrieb Steinhof auch aktiv die Diversifizierung des Produktportfolios und stieß in den Elektromarkt vor, gleichzeitig wurde auch der amerikanische Markt erschlossen. 2013 übernahm der Konzern die kika/Leiner-Gruppe, die Einzelheiten dieses Vorgangs werden jedoch heute im Rahmen des Bilanzskandals sehr kritisch untersucht.

Maßnahmen zur Umstrukturierung

Um dieselbe Zeit baute der Konzern Kontakt zu dem südafrikanischen Juristen und Unternehmer Christo Wiese auf, der unter anderem Eigentümer von verschiedenen Unternehmen war. Steinhoff übernahm 2014/2015 dessen Pepkor-Kleidungshandelskette, wodurch Wiese zum bedeutendsten Großaktionär bei Steinhoff aufstieg und obendrein zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt wurde, berichtet Controller Institut. Die südafrikanische Supermarktkette Shoprite, die parallel von Wiese kontrolliert wurde, verblieb zwar im Mehrheitseigentum Wieses, allerdings sah der Plan vor, auch dieses Unternehmen dem Steinhoff-Konzern einzuverleiben. Dies scheiterte jedoch am Widerstand mehrerer Co-Eigentümer.

Abseits dieser Vorgänge wurde der Konzern auch an mehreren anderen Stellen umstrukturiert. So wurde zum Beispiel das Erstlisting von der Johannesburger an die Frankfurter Börse verlegt. Im Jahr 2016 wurde die Steinhoff International Holdings N.V. (mit Sitz in Amsterdam) im MDAX gelistet, im Vorfeld dazu hatte sich der Aktienkurs laut Controller Institut zwischen Ende 2012 und Anfang 2016 verdreifacht. Dieses Ereignis stellte den letzten Höhepunkt in der Geschichte des Konzerns vor dem Bilanzskandal dar.

Der Bilanzskandal

Bereits zu dieser Zeit mehrten sich jedoch die Hinweise auf eine drohende Katastrophe. Laut dem Manager Magazin hatte die Staatsanwaltschaft Oldenburg bereits im Sommer 2015 Ermittlungen gegen Steinhoff wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation und Urkundenfälschung eingeleitet. Die Gesetzeshüter hatten die Vermutung, "dass überhöhte Umsatzerlöse in die Bilanzen konzernzugehöriger Gesellschaften eingeflossen sind", die in Verbindung mit Verträgen stehen, die ein dreistelliges Millionenvolumen einnehmen.

Razzien förderten von XXX-Lutz-Haupteigentümer Andreas Seifert unterzeichnete Verträge zutage, die aus einer Zeit stammen, in denen Verhandlungen über eine gemeinsame Expansion der beiden Unternehmen geführt wurden, welche jedoch scheiterten. Seifert wies die Kenntnis dieser Verträge von sich und erhob Anzeige wegen Urkundenfälschung.

Als Reaktion auf die Veröffentlichung dieser Informationen Mitte 2017 brach der Aktienkurs von Steinhoff massiv ein. Sowohl gegen CEO Markus Jooste als auch gegen andere Steinhoff-Manager wurden Ermittlungen eingeleitet, die jedoch bis heute noch zu keinem Ergebnis gekommen sind. Als Jooste Ende des Jahres mit einem Konzernabschlussprüfer von Deloitte aneinander geriet, der sich trotz des Drängens Joostes weigerte, der Veröffentlichung von ungeprüften Zahlen zuzustimmen, musste der CEO sein Amt niederlegen.

Jooste war gezwungen, "Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung" des Konzernes und große Fehler in der Vergangenheit zugeben, seitdem hat er sich gänzlich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Christo Wiese übernahm Joostes Funktionen kurzzeitlich, doch auch er trat nur kurze Zeit später von allen Ämtern zurück.

Millionenstrafe von der Bafin verhängt

Auch im Sommer 2022 ging das Chaos bei Steinhoff in eine neue Runde: Die Finanzaufsicht BaFin hat eine Rekordstrafe von 11,29 Millionen Euro gegen Steinhoff verhängt, nachdem das Unternehmen seinen Geschäftsbericht viel zu spät vorgelegt hatte. Noch nie zuvor hate die Behörde für Wertpapieraufsicht eine derart hohe Buße für Verstöße gegen Veröffentlichungspflichten verhängt, hieß es von Seiten eines BaFin-Sprechers.

Der Geschäftsbericht 2016/2017 der niederländischen Holding wurde erst Mitte 2019 präsentiert. Darüber hinaus habe Steinhoff Stimmrechtsmitteilungen von Aktionären nicht rechtzeitig veröffentlicht, so die Behörde weiter.

Thomas Weschle / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Steinhoff International Holdings N.V.

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