Streik der Flugbegleiter: 1.300 Lufthansa-Flüge fallen aus - Lufthansa zu Schlichtung bereit
Leere Terminals, 700 abgesagte Flüge und Tausende enttäuschte Passagiere: Der Streik der Flugbegleiter bei der Lufthansa hat am Donnerstag seine volle Wirkung entfaltet.
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Wenige Stunden nach Beginn des Ausstandes setzte Vorstandschef Carsten Spohr das entscheidende Signal: Man sei bereit, mit der für den Streik verantwortlichen Gewerkschaft Ufo über eine Schlichtung des laufenden Tarifkonflikts zu sprechen. Nach einer kurzen Bedenkzeit willigten die Ufo-Verantwortlichen ein, sodass nun einem Treffen am Wochenende nichts mehr im Wege steht. Beide Seiten vereinbarten aber striktes Stillschweigen zu Details.
Zunächst soll der am Donnerstag begonnene Streik auch den gesamten Freitag fortgesetzt werden, erklärte Ufo-Sprecher Nicoley Baublies bei einer Streikversammlung in München. Man werde aber von einer Ausweitung auch auf andere Flugbetriebe des Konzerns absehen. Laut Lufthansa-Pressestelle bleibt es damit zunächst bei dem Sonderflugplan mit weltweit rund 1.300 Flugausfällen an beiden Tagen zusammen. Betroffen sind davon rund 180.000 Passagiere. Den Kunden wurden Umbuchungen auf andere Gesellschaften und Tage sowie im innerdeutschen Verkehr auf die Bahn angeboten.
Allein in Deutschland fielen am Donnerstag nach Berechnungen des Portals "AviationNetOnline" 490 der 971 geplanten Verbindungen mit LH-Flugnumern aus. Die meisten Absagen gab es an den beiden Drehkreuzen München und Frankfurt, aber auch kleinere Flughäfen waren betroffen. An den Lufthansa-Schaltern herrschte meist gähnende Leere mit Ausnahme der Umsteiger, die beispielsweise in Frankfurt auf einen Weiterflug hofften. Auch nach Streikende erwartet die Lufthansa für Samstag zunächst noch einige Ausfälle, weil Maschinen und Crews nicht an den richtigen Einsatzorten sind.
Dem Vernehmen nach soll die Schlichtungsanbahnung am Sonntag an einem geheimen Ort beginnen. Man brauche die Vertraulichkeit, um schwierige juristische Fragen auszuräumen, erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der am gleichen Tag neue Sparpakete bei mehreren Konzerntöchtern verkündete. "Wenn wir schlichten, muss das ganze juristischen Halt haben." Lufthansa hatte seit Monaten dem Ufo-Vorstand die Vertretungsberechtigung abgesprochen und jegliche Verhandlungen abgelehnt. Ufo-Sprecher Baublies nannte das Manöver eine "Kehrtwende". Man hoffe auf eine Annäherung. "Wenn's nicht klappt, müssen wir am Montag verkünden, dass es weitere Streiks gibt", fügte der frühere Ufo-Vorsitzende hinzu.
Bei den anstehenden Gesprächen auch mit zwei weiteren Flugbegleiter-Gewerkschaften strebt Spohr einen einheitlichen Tarifvertrag bei der Lufthansa-Kerngesellschaft an. Unternehmen, Belegschaft und ihre Vertreter müssten sich verständigen und bestehende "Verhärtungen" ausräumen. Vorangegangen war am Mittwochabend ein Gespräch mit den konkurrierenden Gewerkschaften Verdi und der neuen, noch in Gründung befindlichen "Cabin Union", an dem Ufo nicht teilnahm.
Verdi kritisierte die umfangreichen Flugabsagen der Lufthansa bei einer vorhersehbar geringen Streikbeteiligung. Nach ihrer Zählung hätten nur rund 150 Flugbegleiter an dem Streik teilgenommen. Spohr sprach von 240 Flugbegleitern. Verdi äußerte den Verdacht, dass der "nach Presseberichten augenscheinlich unter schweren Korruptionsverdacht geratene Verein UFO e.V." wieder salonfähig gemacht werden solle. Es brauche ein neues, klares Tarifwerk.
Die bisherige Mehrheitsgewerkschaft Ufo fordert im laufenden Tarifkonflikt für die rund 21.000 Lufthansa-Flugbegleiter höhere Spesen und Zulagen sowie den besseren Zugang für Saisonkräfte in reguläre Anstellungsverhältnisse. Für vier weitere Flugbetriebe des Konzerns wurden jeweils separate Forderungen aufgestellt und Urabstimmungen abgehalten. Lufthansa hatte bereits eine Lohnerhöhung um 2,0 Prozent freiwillig umgesetzt. In dem gesamten Konflikt geht es aber hauptsächlich um die Frage, ob Ufo überhaupt noch Tarifverträge für das Kabinenpersonal durchsetzen kann.
Die Lufthansa hatte am Mittwoch in zwei Gerichtsinstanzen vergeblich versucht, den Streik noch mit juristischen Mitteln zu stoppen. Nach Einschätzung der Arbeitsrichter sind die Tarifverträge korrekt gekündigt worden und der Streikbeschluss sei gültig. Angriffe der Lufthansa-Anwälte gegen die kurzfristig geänderte Arbeitskampfordnung der Gewerkschaft lehnten sie ebenfalls ab. Hier handele es sich um interne Regelungen der Ufo ohne Außenwirkung.
Die Lufthansa muss derweil trotz des Streiks und des Preiskampfes im Europaverkehr keine weiteren Abstriche bei ihrem Gewinnziel machen. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) soll in diesem Jahr wie geplant 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro erreichen, teilte die Airline am Donnerstag mit. Spohr hatte das vorherige Gewinnziel im Juni gekappt. Im wichtigen Sommerquartal stieg der Umsatz der Lufthansa im Jahresvergleich um zwei Prozent auf knapp 10,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente der Konzern mit 1,15 Milliarden Euro sogar vier Prozent mehr als ein Jahr zuvor, da sich Geschäfte zur Preisabsicherung positiv auf das Ergebnis auswirkten.
/ceb/stw/DP/zb
FRANKFURT (dpa-AFX)
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