Lufthansa, Ölpreise & Co.: Eskalation im Iran-Israel-Konflikt
Bereits am Freitag hatte ein Teil der globalen Aktienmärkte Rückschläge verbuchen müssen. Mit dem iranischen Angriff auf Israel könnten sich die Verluste in der neuen Woche noch weiter ausweiten.
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Der Iran hat seine Drohung wahr gemacht und den Erzfeind Israel erstmals direkt angegriffen. 99 Prozent der in der Nacht zum Sonntag abgefeuerten Geschosse seien abgefangen worden, sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. Er sprach am Morgen von einem "sehr bedeutsamen strategischen Erfolg" gegen mehr als 300 "Bedrohungen verschiedener Art". Der iranische Vergeltungsschlag für einen - mutmaßlich von Israel geführten - Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syriens Hauptstadt Damaskus vor zwei Wochen war seit Tagen erwartet worden. Hagari wies die Idee, der Angriff des Irans auf Israel könnte eine Art geplanter Show ohne echte Schadensabsicht gewesen sein, vehement zurück. "Ich glaube, der Iran wollte Ergebnisse erzielen und dies ist ihm nicht gelungen", sagte der Armeesprecher am Sonntag im Gespräch mit Journalisten.
Der Einsatz ballistischer Raketen durch den Iran sei eine klare Eskalation gewesen, sagte Hagari. Mit Blick auf eine mögliche Reaktion Israels sagte er: "Wir prüfen die Situation und zeigen dem Kabinett die Pläne, wir sind bereit, zu unternehmen, was für die Verteidigung Israels notwendig ist." Man sei auch auf weitere Bedrohungen durch den Iran vorbereitet. Der UN-Sicherheitsrat in New York plant voraussichtlich noch am Sonntag eine Sondersitzung. US-Präsident Joe Biden kündigte für den Tag ein Treffen der G7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien an. Er werde die Staats- und Regierungschefs der G7 zusammenrufen, "um eine gemeinsame diplomatische Reaktion auf den dreisten Angriff des Iran zu koordinieren".
Israels Präsident Izchak Herzog bedankte sich beim Militär, dem Volk und dem Verbündeten USA. "Seid gesegnet, liebe Soldaten und Kommandeure", schrieb er am Sonntagmorgen auf der Plattform X (vormals Twitter) und fügte hinzu: "Segne die Koalition der Nationen unter der Führung der USA" und ihrem Präsidenten. "Gemeinsam werden die Kräfte des Guten die Kräfte des Bösen besiegen". Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb zudem auf X: "Wir haben abgeschossen, wir haben gebremst. Gemeinsam werden wir siegen".
"Von mehr als 120 ballistischen Raketen sind nur wenige nach Israel vorgedrungen und der Rest wurde abgefangen", sagte Israels Armeesprecher Hagari. "Sie schlugen im Bereich der Flugbasis Nevatim ein und verursachten nur leichten Schaden an der Infrastruktur." Von 170 unbemannten Flugkörpern, die der Iran losgeschickt habe, seien "null auf das israelische Gebiet vorgedrungen", sagte Hagari. Dutzende seien von israelischen Kampfjets abgeschossen worden, von der israelischen Luftabwehr sowie "der Luftwaffe und Luftabwehr unserer Partner". Auch von mehr als 30 Marschflugkörpern sei keiner nach Israel eingedrungen. Israels Luftraum wurde unterdessen am Sonntagmorgen wieder geöffnet.
Der internationale Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv funktioniere inzwischen wieder normal, berichteten israelische Medien am Sonntagmorgen. In der Nacht waren wegen des Angriffs verschiedene Flüge gestoppt worden. Der Luftraum war sieben Stunden lang geschlossen. Der Flughafen Ramon im Süden Israels solle vorerst weiter geschlossen bleiben, hieß es weiter.
Biden telefoniert mit Netanjahu
US-Präsident Biden telefonierte noch in der Nacht mit Israels Ministerpräsident Netanjahu. Wie die israelische Regierung am frühen Sonntagmorgen mitteilte, führten die beiden ihr Gespräch nach Beratungen des israelischen Sicherheitskabinetts und des Kriegskabinetts. Das Weiße Haus teilte anschließend mit, Biden habe den iranischen Angriff "auf das Schärfste" verurteilt und das "eiserne Bekenntnis" der USA zu Israels Sicherheit bekräftigt. Man werde weiterhin wachsam gegenüber sämtlichen Bedrohungen sein, so Biden. Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter, Biden habe Netanjahu im Telefonat gesagt, die USA würden sich ungeachtet ihres militärischen Beitrags zu Israels Selbstverteidigung nicht an "offensiven Operationen gegen den Iran beteiligen".
Iran warnt die USA
"Die Angelegenheit kann als abgeschlossen betrachtet werden. Sollte das israelische Regime jedoch einen weiteren Fehler begehen, wird die Reaktion Irans deutlich härter ausfallen", teilte die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen am Samstag (Ortszeit) auf der Plattform X mit. Irans Revolutionsgarden warnten die USA scharf: "Jede Unterstützung und Beteiligung an der Beeinträchtigung der Interessen Irans" werde eine "entschiedene Reaktion der Streitkräfte der Islamischen Republik Iran nach sich ziehen", hieß es in einer Erklärung, die in der Nacht zum Sonntag im Staatsfernsehen verlesen wurde.
Reagiert Israel mit Gegenangriff?
Ob Israel auf den massiven iranischen Vergeltungsschlag mit einem Gegenangriff reagieren wird, war zunächst offen. "Ein direkter iranischer Angriff wird eine angemessene israelische Antwort gegen den Iran erfordern", hatte Israels Verteidigungsminister Joav Galant am Freitag gewarnt. US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin sicherte Galant in der Nacht zum Sonntag erneut die unerschütterliche Unterstützung der USA zu, wie das Pentagon mitteilte.
Scholz verurteilt Irans Angriff scharf
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte die iranischen Angriffe auf Israel "mit aller Schärfe". "Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach Ankunft des Bundeskanzlers in China am Sonntag in dessen Namen. "In diesen schweren Stunden steht Deutschland eng an der Seite Israels. Über weitere Reaktionen werden wir uns nun eng mit unseren G7-Partnern und Verbündeten besprechen." EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb am Sonntagmorgen auf X: "Ich verurteile den unverhohlenen und ungerechtfertigten Angriff auf Israel auf Schärfste. Und ich fordere den Iran und seine Stellvertreter auf, diese Angriffe unverzüglich einzustellen".
UN-Generalsekretär warnt vor Eskalation
Auch UN-Generalsekretär António Guterres betonte das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage in Nahost. "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region", sagte er in New York. Er verurteile den Angriff des Irans "aufs Schärfste" und fordere eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten. EU-Chefdiplomat Josep Borrell schrieb auf X: "Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine ernste Bedrohung für die regionale Sicherheit."
Israel-Iran-Konflikt: Aktienmärkte & Ölpreise rücken in den Fokus
Bereits am Freitag hatten Anleger überwiegend sehr vorsichtig agiert, da ein bevorstehender Angriff auf Israel erwartet wurde. Vor allem in den USA wurden die geopolitischen Spannungen zum Thema. "Das hätte große Auswirkungen auf den Energiesektor, aber in den letzten Wochen gab es ähnliche Schlagzeilen am Freitag, die nie zu etwas geführt haben", versuchte Marktstratege Paul Hickey von Bespoke Investment Group die Sorgen des Marktes noch am Freitag etwas zu beruhigen. Der US-amerikanische Leitindex Dow Jones fiel jedoch zeitweise auf den tiefsten Stand seit Ende Januar und ging dann um 1,24 Prozent schwächer bei 37.983,24 Zählern aus dem Handel.
Am Freitagabend erreichten die Ölpreise im Zuge der Spannungen dann ein Hoch seit Oktober 2023.
Eine Eskalation mit Iran galt schon seit einiger Zeit als großes Risiko am Ölmarkt. Nicht nur ist das Land ein größerer Anbieter von Erdöl und Mitglied des Förderverbunds OPEC+. Auch liegt Iran an einer strategisch bedeutsamen Meeresenge, die für den Rohöltransport per Schiff von erheblicher Bedeutung ist. Störungen würden die Öllieferungen der Golfstaaten voraussichtlich stark beeinträchtigen.
Auf der Angebotsseite halten große Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland ihre Produktion schon seit langem knapp, was die Rohölpreise zusätzlich treibt. Zudem scheint die lange Zeit schwächelnde Nachfrage aufgrund konjunktureller Besserung in China und Europa anzuziehen.
Fluggesellschaften meiden Lufträume
Auch Fluggesellschaften reagierten auf das Säbelrasseln: So kündigte die Lufthansa schon vor dem Wochenende an, Flüge von und nach Teheran bis einschließlich 18. April aussetzen zu wollen. In diese Kerbe schlugen auch die Tochter-Airlines AUA und Swiss. Die Swiss hatte außerdem in der Nacht zu Sonntag mitgeteilt, auch Tel Aviv nicht mehr anfliegen zu wollen. Generell meidet die Schweizer Airline die Lufträume von Iran, Irak und Israel.
Wie die Märkte dann letztendlich auf die neue Eskalationsstufe im Nahen Osten reagieren werden, wird sich am Montag zur Börseneröffnung zeigen.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX / Dow Jones Newswires
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