Serbiens Studenten beenden Blockade des Staatsfernsehens
BELGRAD (dpa-AFX) - In Serbien haben Hunderte Studenten die Blockade des Hauptsitzes des staatlichen Fernsehsenders RTS im Zentrum von Belgrad nach 14 Tagen beendet. Zuvor hatte der zuständige Parlamentsausschuss die Positionen für den Lenkungsrat der Medienaufsichtsbehörde REM öffentlich ausgeschrieben. Damit hatte das von der Regierungspartei SNS dominierte Gremium die Hauptforderung der Studenten erfüllt.
Dem Staatssender RTS werfen Kritiker Propaganda und einseitige Parteinahme für den alles Wichtige im Land bestimmenden Präsidenten Aleksandar Vucic vor. Die serbische Medienaufsicht ist auf dem Papier ähnlich wie die Landesmedienanstalten in Deutschland konstruiert: Sie soll die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten gewährleisten und die privaten Fernseh- und Radiosender zur Einhaltung medienethischer Standards verpflichten.
Medienaufsicht erfüllt ihre Aufgabe nicht
Faktisch hat aber das System in Serbien nie so funktioniert und wurde unter Vucic, der seit 2012 in verschiedenen Funktionen die Politik des Balkanlandes bestimmt, völlig seines Sinnes entleert, wie Kritiker anmerken. Der Lenkungsrat der Aufsichtsbehörde wurde in intransparenten Verfahren stets mit Parteisoldaten besetzt. RTS gilt heute als Propagandasender der politischen Führung. Private Sender im Besitz Vucic-naher Oligarchen diffamieren politische Gegner.
Das Mandat des letzten REM-Lenkungsrates war im November ausgelaufen. Wegen der intransparenten Postenvergabe bei der Neuausschreibung hatten sieben Kandidaten ihre Kandidatur zurückgezogen, womit das Verfahren zum Erliegen kam und REM seitdem ohne Führung agiert. Im Kulturausschuss des Parlaments stimmten am Montagabend 15 von 16 Abgeordneten - somit auch fast alle Oppositionsabgeordnete - für die Auflage einer neuen Ausschreibung, wie der Fernsehsender N1 berichtete.
Die Studenten vor dem RTS-Hauptgebäude feierten die Entscheidung als Erfolg und gaben über die Plattform X die Beendigung ihrer Blockade bekannt. In den vorangegangenen 14 Tagen hatte RTS seine Programme wegen der Blockade einschränken und die Nachrichtensendungen zum Teil in Außenstudios produzieren müssen.
Protestbewegung verlangt andere Politik
Die RTS-Blockade war Teil einer umfassenden Protestbewegung, die der Führung um Vucic im Nacken sitzt. Ausgelöst hatte sie der Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der nordserbischen Stadt Novi Sad, bei dem im November des Vorjahres 16 Menschen ums Leben kamen. Die Ursache für die Tragödie schreiben die Protestierenden der Schlamperei und Korruption der Machthabenden zu.
Sie verlangen keine Politikerrücktritte, sondern eine grundlegende Reform des politischen Systems, um Korruption zurückzudrängen und die Bedingungen für Rechtsstaatlichkeit zu schaffen. Die Studenten besetzen derzeit fast alle Universitäten im Land. Ihren Protesten haben sich inzwischen breite Bevölkerungsschichten angeschlossen, die mit Vucic ebenso unzufrieden sind./gm/DP/zb