Schwache Nachfrage

Sartorius-Aktie im Plus: Umsatz und Ergebnis von Sartorius fallen stärker als erwartet

21.07.23 22:38 Uhr

Sartorius-Aktie im Plus: Umsatz und Ergebnis von Sartorius fallen stärker als erwartet | finanzen.net

Der Labor- und Pharmaausrüster Sartorius hat im zweiten Quartal weiter unter einer temporär schwachen Nachfrage in seinen beiden Sparten gelitten.

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Der Pharma- und Laborausrüster Sartorius rechnet nach einem unerwartet schwachen ersten Halbjahr in Kürze mit Aufwind. Zum Ende des dritten Quartals dürften die zuletzt stark rückläufigen Aufträge wieder anziehen, sagte Konzernchef Joachim Kreuzburg am Freitag während einer Telefonkonferenz. Zwar hatten die Niedersachsen vor rund einem Monat ihre Jahresprognose gesenkt, doch bleiben Sartorius Zukunftsambitionen ungebrochen. Der Konzern setzt weiter auf eine stark wachsende Biopharmabranche und bestätigte erneut seine Mittelfristziele bis 2025. An der Börse drückte jedoch das maue Zahlenwerk auf die Laune der Investoren.

Sartorius beliefert unter anderem die biopharmazeutische Industrie und Labore. In der Pandemie hatte der DAX-Konzern eine Sonderkonjunktur dank einer hohen Nachfrage von Impfstoffforschern und -herstellern und nach Komponenten für Corona-Tests erlebt. Diese profitable Zeit hatten die Niedersachsen genutzt und kräftig in ihre weltweite Expansion mit dem Ausbau von Kapazitäten unter anderem in Deutschland, Frankreich, Südkorea und den USA investiert.

Doch nach den starken Pandemiejahren leiden die Niedersachsen nun seit Monaten unter der geringen Ausgabefreudigkeit ihrer Kunden. Viele davon hatten in der Corona-Zeit aus Sorge um angespannte Lieferketten Vorräte angelegt und bauen diese Bestände erst einmal ab. Auch halten sich laut Sartorius die Unternehmen mit Investitionen zurück, weil sie selbst nicht ausgelastet seien. Dem außerordentlich steilen Nachfrageanstieg in der Pandemie folge somit aktuell eine ebenso ungewöhnlich deutliche Korrektur nach unten, sagte Kreuzburg. In den ersten Monaten lag dadurch der Auftragseingang bei Sartorius mit 1,5 Milliarden Euro um rund ein Drittel unter dem Vorjahreswert.

"Die schwache Entwicklung des Auftragseingangs hält in beiden Sparten insgesamt länger an als ursprünglich erwartet", sagte der Konzernlenker. Inzwischen geht das Management für die zweite Jahreshälfte von einer "schrittweisen Belebung der Auftragslage" aus. Die Kunden hätten Sartorius signalisiert, dass sie im Laufe des dritten Jahresviertels ihre Lager "auf Zielniveau" sehen, erläuterte der Manager in der Konferenz. Zum Quartalsende sei daher mit Auftrieb zu rechnen.

Sartorius hatte wegen der Nachfrageschwäche vor rund vier Wochen seine Umsatz- und Margenziele für das Jahr gesenkt. Die Unternehmensführung rechnet mit einem Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren Zehn-Prozent-Bereich. Von Januar bis Juni sank der Konzernerlös um rund 16 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro. Besonders hart traf es die Biotech-Sparte, aber auch im Laborgeschäft ging der Umsatz zurück.

Konzernweit fielen die Einbußen beim Gewinn noch deutlicher aus als beim Umsatz, auch weil höhere Kosten belasteten. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verringerte sich um über ein Viertel auf knapp 517 Millionen Euro. Der auf die Aktionäre entfallende bereinigte Gewinn kam bei 202,5 Millionen Euro heraus, das waren etwa 40 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Sartorius steuerte zuletzt mit personellen Maßnahmen gegen. Nach dem Aufbau von rund 6000 Arbeitsplätzen in der Pandemie baute der Konzern weltweit 900 Stellen ab, rund 200 davon in Deutschland. Dies geschah laut Kreuzburg im Wesentlichen über inzwischen beendete Freiwilligenprogramme, in geringem Maße über die natürliche Fluktuation. Betriebsbedingte Kündigungen habe es nicht gegeben. Die Kosten für anfallende Abfindungen bezifferte der Sartorius-Chef auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.

"Wir sehen uns in den nächsten Jahren weiter als einen Arbeitgeber, der einstellt", betonte der Manager ferner mit Blick auf das angepeilte mittelfristige Wachstum. Dazu dürften auch die Investitionen hoch bleiben, sagte Kreuzburg, ohne Zahlen zu nennen. Zweifel am Markt hinsichtlich der Mittelfristziele wischte er beiseite. Dank der Boom-Phase habe Sartorius zeitweise rund eineinhalb Jahre vor seinem Plan gelegen, inzwischen sei der Konzern wieder im Plan.

Sartorius will seinen Umsatz bis 2025 auf 5,5 Milliarden Euro steigern, Analysten rechnen jedoch mit deutlich weniger. Kreuzburg zeigte sich zuversichtlich: Der für Sartorius relevante Markt werde "sehr nachhaltig wachsen", betonte er. In diesem Zug setzt auch Sartorius auf neue Trends, wie etwa die Gen- und Zelltherapie. Hier hat der Konzern laut Kreuzburg inzwischen ein "extrem wettbewerbsfähiges" Portfolio als Zulieferer aufgebaut.

Nach bereits mehreren Zukäufen in dem Bereich schloss Sartorius erst kürzlich die Übernahme des französischen Unternehmens Polyplus ab, das mit rund 2,4 Milliarden Euro die bisher teuerste in der Unternehmensgeschichte ist. Polyplus stellt wichtige Komponenten für die Herstellung viraler Vektoren her, die wiederum als Vehikel in Gen- und Zelltherapien eingesetzt werden. In diesem Jahr sollen Übernahmen inklusive des französischen Unternehmens zwei Prozentpunkte zum Konzernwachstum beisteuern.

Zwar will Sartorius zügig seine durch die Übernahme stark angeschwollene Verschuldung senken, doch schloss Kreuzburg auch für die Zukunft weitere Übernahmen nicht aus. Kurzfristig dürften diese aber nicht einen ähnlichen Umfang wie Polyplus haben, so der Manager.

Sartorius-Anleger unentschlossen - Aktie mit deutlichen Schwankungen

Optimismus über die künftige Auftragslage beim Pharma- und Laborausrüsters Sartorius hat am Freitag dessen Aktie beflügelt. Nachdem zunächst ein noch schwächer als bereits erwarteter Quartalsbericht belastet hatte, kam am Nachmittag mit der Analystenkonferenz ein starker Stimmungsumschwung. Zuvor noch mit rund 1,5 Prozent im Minus drehte sie via XETRA ins Plus und sprang am Ende um 7,7 Prozent nach oben auf 350 Euro.

Damit war das Sartorius-Papier der klare Gewinner im deutschen Leitindex DAX und zurück auf dem Niveau, bevor das Management Mitte Juni die Jahresziele gekappt hatte. Im Kielwasser des Pharma- und Laborausrüsters zog die Aktie des Pharma- und Spezialchemiekonzerns Merck um 2,4 Prozent an.

Das Papier der in Paris notierten Tochter Sartorius Stedim Biotech hatte am Nachmittag zugleich seine frühen Kursgewinne weiter ausgebaut und gewann schließlich 14,5 Prozent auf 272 Euro. Auch diese Aktie ist damit zurück auf dem Niveau vor der Gewinnwarnung. Die Anteile beider Unternehmen setzten sich so zugleich auch deutlich nach oben von der 50-Tage-Durchschnittsinie ab. Um die Rückeroberung dieses mittelfristigen Trendindikators hatten beide seit der Hiobsbotschaft im Juni gekämpft.

Börsianer verwiesen auf die Telefonkonferenz für Analysten. Dort habe das Management gesagt, dass die Schwäche im Auftragseingang von Sartorius einen Boden gefunden habe, was nun wohl vertrauensbildend wirke. Eine Unternehmenssprecherin bestätigte der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX, dass das Management während des Calls seine Einschätzung bekräftigt habe, dass die Aufträge im dritten und vierten Quartal wieder anspringen dürften.

Das hatte bereits Analyst Odysseas Manesiotis von der Berenberg Bank in seiner Studie an diesem Morgen vermutet. "Wie erwartet und vom Unternehmen während der Prognosekürzung im Juni klar kommuniziert, glauben wir, dass Sartorius die Talsohle im zweiten Quartal erreicht hat." Kundengespräche, die er geführt habe, deuteten zudem auf eine Erholung des Auftragseingangs ab Ende des dritten Quartals hin.

Zu den schwachen Zahlen des zweiten Quartals ergänzte er zudem, dass dies "bereits ausreichend antizipiert" worden sei. Das relativ gesehen insgesamt bessere Abschneiden der Stedim-Aktie an diesem Tag begründete er mit den Aussagen des Managements zum Verhältnis von Investitionen zum Umsatz für 2023 und zum Verhältnis der Nettoverschuldung zum operativen Ergebnis. Dies impliziere, dass die Konzerngruppe die Finanzierung der Polyplus-Übernahme weiterhin vollständig mit Fremdkapital plane. Nach seinen Gesprächen mit dem Unternehmen sei es wahrscheinlich, dass die Übernahme vollständig über Anleihen finanziert werde.

Warburg-Analyst Michael Heider hatte zwar geschrieben, dass die neuen Jahresziele vom Juni, die an diesem Tag nun bestätigt wurden, "keine wesentliche Verbesserung des Geschäfts im zweiten Halbjahr implizierten. Er schrieb zugleich aber, dass er mit einer Aufhellung des Auftragseingangs im weiteren Jahresverlauf rechne und daher der Tiefpunkt des Geschäfts erreicht sein sollte. Im Zuge dessen bestätigte Heider angesichts der sehr starken Fundamentaldaten und der hervorragenden Marktposition von Sartorius seine Kaufempfehlung. Diese Einstufung bedeutet, dass Warburg Research auf Sicht von zwölf Monaten mit einem Kursanstieg rechnet.

FRANKFURT (Dow Jones / dpa-AFX)

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