"Da hilft nur beten": Stratege sieht nie dagewesene Rezession voraus
Anleger, die auf eine nahende Wende am Markt hoffen, sind grundlos optimistisch, glaubt Marktstratege Keith McCullough. Er übt scharfe Kritik an der US-Notenbank und rät den Märkten, sich auf eine massive Rezession einzustellen.
• Marktstratege mit scharfer Kritik an der Geldpolitik der US-Notenbank
• Fed hat Inflation unterschätzt und schätzt auch Rezessionsrisiko falsch ein
• Anleger sollten beten
Keith McCullough, Gründer und CEO von Hedgeye Risk Management, hat im Interview mit "MarketWatch" heftige Kritik an der Geldpolitik der Federal Reserve geübt. Anleger sollten ihre Hoffnungen besser nicht darauf setzen, dass die US-Notenbank die Märkte rettet.
Eine Erkenntnis der Fed käme viel zu spät
Seit Monaten ziehen die US-Währungshüter die Zinszügel an, auch im weiteren Jahresverlauf ist mit weiteren Anhebungen des Leitzinses zu rechnen. Damit wandelt die Fed auf einem schmalen Grat, denn während Leitzinserhöhungen als probates Mittel zur Eindämmung der Inflation gelten, nähren sie auf der anderen Seite die Gefahr einer Rezession. Noch glauben sich die Währungshüter offenbar auf der sicheren Seite, Keith McCullough zeigte sich unlängst aber überzeugt, dass die Grenze in Richtung Rezession bereits überschritten wurde.
"Rezession ist heute das, was ‚vorübergehende Inflation‘ vor einem Jahr war", so der Experte im Interview mit Blick auf das Zögern der US-Notenbank bei steigender Inflation im vergangenen Jahr. Seiner Ansicht nach verschätzt sich die Fed nun abermals: "Die Fed liegt beim Rezessionsrisiko genauso falsch wie bei der Inflation". Selbst wenn die Notenbanker jetzt eine Kehrtwende einleiten und ihre Geldpolitik anpassen würden, dürfte das Abwürgen des Konjunkturmotors nicht mehr zu verhindern sein: "Sie kommen viel zu spät", so der Experte. "So wie es ihnen unmöglich war, die Inflation zu stoppen, ist es ihnen unmöglich, die bevorstehende Rezession der US-Unternehmensgewinne oder die Hauptrezession zu stoppen", betont McCullough.
Heftige Rezession voraus
Seiner Ansicht nach ist eine Rezession nicht mehr zu verhindern. "Ich bin ungefähr so pessimistisch wie seit 2008", so der Stratege mit Blick auf die Weltwirtschaftskrise. "Anstelle einer sanften Landung der Wirtschaft denke ich, dass die Landung hart sein wird. Die rezessiven Wirtschaftsdaten werden immer schlechter, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa."
Dabei schätzt McCullough die aktuelle Lage sogar noch dramatischer ein als im Jahr 2008. Damals sei es um den Zusammenbruch der Wall Street gegangen, jetzt betreffe es aber die Main Street und damit den Alltag vieler Menschen und Verbraucher. "Die Main Street ist pleite. Main Street nimmt all diese Inflation in ihre Lebenshaltungskosten auf. Main Street hat die höchsten Kreditkartenzinsen seit den 1990er Jahren. Auf dieser Grundlage ist es viel schlimmer als 2008. Wenn Sie versuchen, Ihre Rechnungen mit Kredit zu bezahlen, wird es immer schlimmer. Und dann werden sie ihre Jobs verlieren. Der Zusammenbruch der Arbeit ist immer das Letzte, was untergeht. Wir stehen direkt an der Schwelle des Arbeitszyklus, der in die falsche Richtung geht", so der Experte wenig optimistisch.
Anleger würden einen Fehler machen, wenn sie dann Aktien kaufen, wenn die Fed zurückhaltend ist. Diese Regel gelte nur dann, wenn man sich nicht in einer Rezession befinde. Ebendiese stehe aber kurz bevor: "Diese nächste Rezession - die die größte Gewinnrezession der Neuzeit sein könnte - wird eine ziemliche Lehre für Menschen sein, die immer noch optimistisch sind, mit der Erwartung, dass die Fed sie retten wird", betont McCullough. "Wer immer noch auf Wachstum, profitloses Wachstum oder auf Krypto setzt, dem empfehle ich zu beten."
Redaktion finanzen.net
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