"So weit, so gut": So schätzt US-Finanzministerin Janet Yellen die Inflationsbekämpfung der Fed ein
Die amtierende Finanzministerin der USA und Vorgängerin des Fed-Chefs Jerome Powell, Janet Yellen, gilt als eine absolute Expertin auf dem Gebiet der Geldpolitik. Ihre Meinung findet folglich großes Gehör - so dürfte es Anleger auch besonders interessieren, wie sie den Zustand der US-Inflationsbekämpfung beurteilt. Wie schätzt Yellen die Lage ein? Ist eine sanfte Landung der US-Wirtschaft möglich?
• Yellen sieht Fortschritte im Kampf gegen die Inflation - warnt aber vor Nachlässigkeit
• Sanfte Landung der US-Wirtschaft sei grundsätzlich möglich, meint Yellen
• US-Schuldenkrise: Yellen sieht keine Katastrophe voraus
Janet Yellen war 2014 bis 2018 selbst Vorsitzende der Fed und kennt sich damit bestens mit der US-Geldpolitik aus - anders als heute waren die Inflationsraten in den Jahren ihrer Präsidentschaft stets sehr moderat ausgefallen. Seit dem Beginn der Biden-Amtsperiode im Jahr 2021 ist Yellen Finanzministerin und somit für die Finanzpolitik der USA hauptverantwortlich. Während ihres Besuches in der kriegsgeplagten Ukraine nahm sich Yellen die Zeit, in einem CNN-Interview den Zustand der Inflationsbekämpfung durch die US-Notenbank Federal Reserve Bank (Fed) zu beurteilen. Dabei sieht sie gute Tendenzen - für ein erleichtertes Durchatmen sei es aber noch deutlich zu früh.
Yellen: "Inflation ist noch zu hoch"
"So weit, so gut", lautet Yellens Zwischenfazit. "Natürlich gibt es Risiken, und die globale Situation, mit der wir konfrontiert sind, ist sehr unsicher", führt sie gegenüber CNN aus. "Es kann zu Schocks kommen. Aber sehen Sie, die Inflation ist zwar immer noch zu hoch, aber wenn man sich das letzte Jahr ansieht, ist die Inflation im Allgemeinen zurückgegangen. Und ich weiß, dass die Fed entschlossen ist, den Prozess der Rückführung auf ein normaleres Niveau fortzusetzen, und ich glaube, dass sie damit erfolgreich sein wird." Die offensiven Zinserhöhungen durch die US-Notenbank hätten bereits erste Erfolge gezeigt. Es sei jedoch wichtig, die Anhebung der Leitzinsen weiter fortzusetzen, um eine langfristige Normalisierung der Teuerungsraten im Bereich der angestrebten 2 Prozent pro Jahr zu erreichen. Derzeit liegt die US-Leitzinsrate bei 4,5 bis 4,75 Prozent, Powell kündigte aber bereits eine weitere Erhöhung für den März an.
Yellen hält sanfte Landung der US-Wirtschaft für wahrscheinlich
Die Frage, ob die Inflationsbekämpfung mittels einer restriktiven Zinserhöhungspolitik die US-Wirtschaft abwürgen werde, ist weiterhin eines der meist diskutierten Themen an den Finanzmärkten. Viele Experten befürchten, dass die Fed durch eine allzu aggressive Zinsanhebungspolitik die USA in eine Rezession stoßen könnte. So betrachtet der Wirtschaftskenner Joseph Stiglitz die Fed-Zinserhöhungen einerseits als "nutzlos" für die Inflationsbekämpfung und andererseits als katastrophal für die US-Konjunktur. Auch der Anleihen-Experte Jeffrey Gundlach rechnet mit einer tiefen Rezession in den USA, auf die sich Anleger seiner Meinung nach noch nicht genug vorbereitet hätten.
Andere Ökonomen sind dagegen zuversichtlicher und halten die US-Konjunktur, und dabei insbesondere den weiterhin sehr starken Arbeitsmarkt, für stabil genug, um die höheren Zinsen zu verkraften. Yellen ist grundsätzlich optimistisch eingestellt und sieht "eine sanfte Landung auf dem Radar". Auch wenn in einigen Wirtschaftsbereichen tatsächlich die Investitionsfreude stark abnehme, beispielweise am zuletzt schwächelnden Immobilienmarkt, sei die US-Wirtschaft in einer so guten Verfassung, dass sie eine Rezession vermeiden könne. Allerdings sei es für eine endgültige Beurteilung zu früh, weitere Konjunkturdaten, die in den kommenden Monaten veröffentlicht werden, müssten abgewartet werden.
Schuldenkrise in der USA: Darum sieht Yellen sieht keine allzu große Gefahr
Neben der Inflationsthematik sprach Yellen im Interview auch über die enorme Verschuldung der USA. Hierbei sieht sie jedoch keine allzu großen Gefahren für die Wirtschaft, da das Finanzministerium zuletzt die Überschreitung der Schuldenobergrenze hinauszögern konnte. Bis Juni werden die offenstehenden Rechnungen der US-Regierung beglichen werden können. Einen vollständigen Zahlungsausfall der USA betrachtet sie nicht als eine Möglichkeit. Yellen betont, es sei "unvorstellbar", dass die USA ihren Pflichten nicht nachkämen, da "deren Währung, der US-Dollar, als Weltreservewährung dient." Zudem sei die USA "ein Land mit den tiefsten und liquidesten Finanzmärkten, in denen Staatsanleihen die ultimative sichere Anlage sind", und die USA verfüge über ein enorm gutes Kreditrating. Dennoch müsse die Schuldenkrise ernst genommen werden. "Um eine wirtschaftliche und finanzielle Katastrophe zu vermeiden", müsse der US-Kongress "seiner Verantwortung" nachkommen. Dies bedeutet, dass der Kongress - wie in der jüngeren Geschichte häufiger der Fall - die Schuldenobergrenze anheben muss, um die bereits genehmigten Ausgaben zu bezahlen. "Der Kongress muss aufstehen und sagen, dass er sich dafür einsetzt, dass die Regierung die fälligen Rechnungen bezahlt", fordert Yellen.
Redaktion finanzen.net
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