Kommunalsektor erweitert Finanzierungsquellen
Neben der nach wie vor dominierenden Stellung von Bankdarlehen in der Kommunalfinanzierung, werden andere Finanzierungsquellen unserer Meinung nach stärker in den Vordergrund rücken.
Angesichts der schwierigen Marktbedingungen bei gleichzeitig hohem Anlagedruck dürfte die Versicherungsbranche ihr Engagement gegenüber dem kommunalen Sektor ausweiten. Vor allem im Vergleich zu Länder- und Bundesanleihen lassen Finanzierungen im Kommunalsektor höhere Renditen erwarten, wodurch höhere Erträge ermöglicht werden, die zur Erfüllung der Renditeversprechen aus den Versicherungspolicen notwendig sind.
Mehr kurzfristige Finanzierungen
Das Fälligkeitenprofil in der Kommunalfinanzierung hat sich seit 2000 ebenfalls maßgeblich verändert. Der Anteil langfristiger Finanzierungen ist von 90% auf 75% geschrumpft. Eine entsprechend gewichtigere Rolle spielen heute daher kurzfristige Finanzierungen.Anteil kurz-, mittel- und langfristiger Finanzierung des deutschen Kommunalsektors
Kommunen werden Kapitalmarktauftritt verstärken
Da regulatorische Anforderungen an Banken den Druck auf die Konditionengestaltung bei Kommunalkrediten erhöhen dürften, erwarten wir, dass eine wachsende Anzahl von Kommunen und auch Kommunalunternehmen den Kapitalmarkt durch Anleiheemissionen anzapfen werden. Damit eröffnen sich weitere Finanzierungsmöglichkeiten für ausländische Investoren, sofern die Papiere über ein externes öffentliches Rating verfügen.Kommunalanleihen haben den Vorteil, bessere Refinanzierungsmöglichkeiten für Banken bei Zentralbanken zu erschließen, sofern bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Vor kurzem hat die Europäische Zentralbank (EZB) Kommunalanleihen in ihr Programm zum Ankauf von Vermögenswerten im Zuge der quantitativen Lockerung in der Geldpolitik aufgenommen. Aber auch hier ist ein externes Rating Voraussetzung, damit Kommunalanleihen bei Refinanzierungstransaktionen über Zentralbanken und die EZB akzeptiert werden können.
Auch kommunale Unternehmen zapfen den Kapitalmarkt an
Nicht zuletzt könnten auch kommunale Unternehmen mehr Schuldverschreibungen emittieren, da die Kommunen die interne Finanzierung einschränken und einen Teil ihrer Investitionsverantwortung auf diese Unternehmen übertragen könnten. Einige große Kommunalunternehmen profitieren bereits von einer Erweiterung ihrer Investorenbasis. Dies ist zum Beispiel der Fall bei der Rheinbahn AG (AA-/Stable/A-1+), dem öffentlichen Verkehrsunternehmen der Stadt Düsseldorf, oder der Gewobag (A+/Stable/A-1), einem Anbieter von Sozialwohnungen des Landes Berlin.Kommunen und kommunale Unternehmen werden zwar weiterhin ihre Finanzierung überwiegend über Banken- und Förderkredite stemmen. In Zukunft dürften sie jedoch zunehmend auf Kapitalmarktinstrumente zurückgreifen, um ihre Finanzierungsmöglichkeiten zu optimieren und ihre Investorenbasis zu verbreitern, indem sie sich etwa für Versicherer und andere internationale Adressen als attraktive Investitionsalternative präsentieren.
Von Alois Strasser, Kreditanalyst bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt.
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit über 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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