Die Zukunft des Bankenmarktes: Eine "Uber"-Situation?
Der technologische Fortschritt verändert die Grundpfeiler des traditionellen Bankgeschäfts.
FinTechs bilden eine neue Konkurrenz für die Banken. Einige von ihnen haben innerhalb weniger Jahre Marktbewertungen von über einer Milliarde US-Dollar erreicht.
Weltweit haben Fintech-Investitionen sich in 2014 auf 12 Milliarden US-Dollar verdreifacht; Standard & Poor’s Ratings Services erwartet für 2015 eine weitere Verdopplung. Doch beeinflussen sie auch die Kreditwürdigkeit von Banken? Dieser Frage geht Standard & Poor‘s in der aktuellen Veröffentlichung "The Future Of Banking: How FinTech Could Disrupt Bank Ratings" nach.
FinTechs entwickeln sich weltweit zu den neuen Wettbewerbern der Banken. Wie in anderen Industrien auch, beispielsweise dem Buchhandel oder dem Zeitungswesen, könnte der technologische Fortschritt hier zu einer disruptiven Kraft für eine gesamte Branche werden und damit nicht nur die Ertragsbasis des Sektors sondern auch die Kreditwürdigkeit der Marktteilnehmer insgesamt beeinflussen.
Noch keine Bedrohung für die Kreditwürdigkeit
Der Einschätzung von Standard & Poor’s zufolge sind FinTechs zwar zurzeit noch keine Bedrohung für die Kreditwürdigkeit der etablierten Banken; ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren aber zunehmen. Viele Banken sind noch damit beschäftigt, ihre Geschäftsmodelle an die jüngsten regulatorischen Vorgaben anzupassen. Außerdem nutzen sie zum Teil veraltete IT-Systeme. Auch das langsame Wirtschaftswachstum und die niedrigen Zinsen gehen zu Lasten der Ertragskraft. In diese Nische drücken nun die FinTechs und verringern die Erträge der herkömmlichen Banken.
Auswirkungen auf das BICRA
FinTechs könnten in Zukunft sogar die Kreditwürdigkeit des gesamten Bankensystems beeinflussen. Die BICRA (Banking Industry Country Risk Assessment)-Kriterien von Standard & Poor’s zeigen diese systemischen Risiken auf, da sie die wirtschaftlichen Risiken und die Branchenrisiken gleichermaßen berücksichtigen. Fintechs könnten vor allem die Branchenrisiken erhöhen, da sie die Wettbewerbsdynamik des Banksystems verändern. FinTechs sind global; sie sind in Industriestaaten und Schwellenländern verbreitet. Gerade dort, wo die Bankeninfrastruktur wenig entwickelt ist, erwartet Standard & Poor’s schnelle Wachstumsperspektiven, unterstützt durch zunehmenden Zugang zu mobilem Internet und der Hinwendung zu bargeldlosen Transaktionen. FinTechs konkurrieren insbesondere in wenig kapitalintensiven Geschäftszweigen mit den Banken. Diese Konkurrenz könnte die Kapitalrendite der Banken verringern, was zum Beispiel zu einer Konzentration auf kapitalintensivere Aktivitäten auf Seiten der Banken führen könnte.
Innovationsmöglichkeit für die Banken
Standard & Poor’s zufolge könnten die neuen Technologien dem traditionellen Bankengeschäft zwar stark zusetzen, aber sie sind auch eine Chance für die herkömmlichen Banken, ihre Produkte, Dienstleistungen und Vertriebswege zu überdenken, neu aufzusetzen und letzten Endes ihre Kosten zu senken. So wird der Einfluss von FinTechs auf die Kreditwürdigkeit der Banken zum einen davon abhängen, wie die Banken auf den neuen Wettbewerb reagieren, aber auch von der Antwort der Institutionen und Regulierer auf den zunehmenden Einfluss der FinTechs.
Von Markus Schmaus, Kreditanalyst bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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