ROUNDUP: Deutscher Haushaltsplan missachtet EU-Empfehlungen
STRASSBURG (dpa-AFX) - Der von der scheidenden Bundesregierung in Brüssel eingereichte Haushaltsplan für das nächste Jahr verstößt gegen Empfehlungen der EU-Kommission zur Einhaltung der europäischen Schuldenregeln. Die veranschlagten Nettoausgaben dürften über den einschlägigen Obergrenzen liegen, teilte die Brüsseler Behörde mit. Bei Verstoß gegen die EU-Schuldenregeln droht ein Strafverfahren.
Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 wurde bislang nur - mit bestehenden Lücken in Milliardenhöhe - vom Kabinett in Berlin beschlossen. Das Aus der Ampel-Koalition verhinderte den ebenfalls noch notwendigen Beschluss im Bundestag. Erwartet wird nun, dass der Haushalt 2025 erst im Frühjahr oder Sommer beschlossen wird von der dann neuen Bundesregierung. Nach einem heftigen Streit über den Haushalt hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) Anfang des Monats entlassen.
Mittelfristiger Haushaltsplan aus Berlin fehlt weiter
Neben den Haushaltsplänen der Länder des Euro-Raums für das kommende Jahr bewertete die Europäische Kommission auch die von allen EU-Mitgliedsländern verpflichtend einzureichenden mittelfristigen Haushaltspläne. Um für solide Finanzen gemäß der europäischen Schuldenregeln zu sorgen, muss jedes Land zusammen mit der EU-Kommission einen solchen vierjährigen Haushaltsplan aufstellen. Dieser hätte eigentlich bis Mitte Oktober eingereicht werden sollen.
Deutschland hat dies aber - wie laut EU-Kommission fünf weitere Länder auch - noch nicht getan. Man sei nach dem Ampel-Aus weiter in Kontakt mit der Brüsseler Behörde, hieß es. EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis sagte, die Kommission erwarte, dass Deutschland seine mittelfristige Finanzstrukturplanung nach den Neuwahlen im Februar vorlegen werde.
Mitte Oktober hatte die Bundesregierung zudem signalisiert, wegen der schlechten Wirtschaftslage mehr Zeit für die Anpassung der Ausgaben zu brauchen. Statt eines Vier-Jahre-Plans könnte die Bundesrepublik einen siebenjährigen Plan für den Haushalt aufstellen - dies ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
Schuldenregeln gelten für alle EU-Staaten
Die europäischen Schuldenregeln, auch Stabilitäts- und Wachstumspakt genannt, gelten für alle Mitgliedsländer der EU. Das Regelwerk schreibt unter anderem vor, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Gleichzeitig muss das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gehalten werden. Wer die Grenzen übertritt, riskiert ein Strafverfahren. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde im Frühjahr reformiert. Vor allem Ex-Bundesfinanzminister Lindner hatte sich für strenge Regeln stark gemacht.
Defizitverfahren gegen Österreich?
Auch andere reichere Mitgliedsstaaten wie etwa Österreich und die Niederlande sind Verfechter strenger Ausgabengrenzen, im Gegensatz zu weniger wohlhabenden, südlichen EU-Staaten. Die schleppende Erholung von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und Russlands Krieg gegen die Ukraine machen es den normalerweise sparsamen Ländern jedoch schwer, ihr Defizit niedrig zu halten. So kommt die EU-Kommission in ihrer Bewertung der Haushaltspläne für 2025 auch zu dem Schluss, dass etwa jener der Niederlande wegen zu hoher Nettoausgaben nicht mit den Vorgaben in Einklang steht.
Österreich hat den Angaben nach für 2024 ein geplantes Defizit über der Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gemeldet. Weil in den nächsten Jahren ohne nötige Reformen kein Sinken zu erwarten sei, erwägt die Kommission demnach, dem Rat das Feststellen eines übermäßigen Defizits vorzuschlagen. Dann könnte ein sogenanntes Defizitverfahren folgen, das Staaten zu solider Haushaltsführung bringen soll. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie verhängt. Derzeit laufen Defizitverfahren gegen Frankreich, Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien und die Slowakei.
Insgesamt stimmen nach Bewertung der EU-Kommission 8 der eingereichten 17 Haushaltspläne für 2025 der Länder mit Euro mit den Vorgaben überein. Bei den mittelfristigen Haushaltsplänen erfüllten 20 von 21 bewerteten Vorhaben die Anforderungen. Die Niederlande müssen aus Sicht der Kommission nachbessern./rdz/DP/men