Kampf um das mobile Geld: Paydirekt und Paypal One Touch™
Paydirekt ist die angebliche Antwort der Banken auf Paypal. Aber offensichtlich dreht sich die Welt der Mobile-Payments etwas schneller als es die Banken gewohnt sind. Sie sind auf dem Weg, die Vorherrschaft bei den Bezahlsystemen zu verlieren.
Als vor einigen Millionen Jahren die ersten Amphibien aus dem Wasser krochen und das Land mit Leben zu füllen begannen, waren sie unglaublich innovative Kreaturen, die eine gigantische Zukunft vor sich hatten. Bestimmt gab es auch noch danach viele Mutationen mit der gleichen tollen Innovation, die da ihre Köpfe aus dem Wasser streckten. Nur hatten diese einen kleinen Nachteil: Ihr potenzieller Lebensraum war schon lange zuvor besiedelt worden. Deshalb wissen wir von diesem verspäteten Versuchen heute nichts mehr. Das ist das Los des zu spät gekommenen.
Paypal war vor knapp zwanzig Jahren das Äquivalent zu dem ersten Amphibium, das aus dem Wasser kam und sich anschickte, einen völlig neuen Lebensraum zu erobern. Das hat es gründlich getan und hält nun den Raum der Online-Bezahldienste fest in der Hand. Und nun kommt ein neues kleines, unbeholfenes Neu-Amphibium herausgekrochen und hofft, diese Welt zu besiedeln.
Der kleine Neuling heißt Paydirekt, wurde in einer Gemeinschaftsaktion der deutschen Banken in die Welt entlassen und kann Vieles fast so gut wie Paypal. Leider kann es noch keine direkten Zahlungen zwischen Handys abwickeln, gewährt keinen Käuferschutz bei mangelhaften Produkten und ist derzeit nur bei ca. 40 Onlineshops integriert, darunter so kriegsentscheidende wie Haribo und Mars. Selbst der Name ist, nun ja, ein wenig ungeschickt gewählt, denn es gibt auch Paydirect und pay-direct mit den unterschiedlichsten Domain-Endungen, und Paydirect war zudem der Name eines erfolglosen Versuchs von Yahoo aus dem Jahr 2000 in ein ähnliches Feld vorzustoßen - also immerhin 14 Jahre vor Paydirekt.
Welche Chancen geben wir dem kleinen Amphibium? Ich fürchte, es wird kaum zu einer größeren Fußnote in den Geschichtsbüchern der Fintechs reichen. Es ist immerhin schon einmal ein Gemeinschaftsprodukt der Banken und damit grundsätzlich löblich. Aber die Prinzipien erfolgreicher Innovation und der neuen Regeln der Digitalökonomie sind einfach noch nicht bei den Entscheidern der Banken angekommen. Das Projekt ist so unbeachtet, dass es noch nicht einmal einen Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia gibt. Dabei hätte ich durchaus Ideen gehabt, wie man das Ganze zu einem wenigstens einigermaßen neuen Produkt hätte machen können.
Eine dieser Ideen hat Paypal aktuell in Deutschland bekanntgegeben: Paypal One Touch. Damit wird Paypal leichter bedienbar, insbesondere auf mobilen Geräten, und lässt sich leichter als Bezahlsystem in Apps einbinden. Damit löst es das Problem, dass derzeit die Kunden auf mobilen Geräten nicht gern bezahlen, weil der Vorgang so umständlich ist. Es kommt auch der Vision ein wenig näher, im Alltag eine echte Alternative zu Bargeld zu werden. Man kann sich damit zum Beispiel unter Freunden leicht kleine Beträge von Handy zu Handy schicken. Innovativ wäre auch gewesen, Zahlungen mit Bitcoin einzubinden, was zum Beispiel der Bezahlsystem-Aufsteiger Stripe kann und sechs Jahre nach Gründung eine Bewertung von 3,5 Milliarden Dollar hat.
Wieso gehen die Banken keinen einzigen Schritt über die Funktionalität ihres angeblichen Konkurrenten hinaus? Nun ja, vielleicht kann ich solche Ideen beim nächsten Projekt der Banken ja einbringen.
Christian Rieck ist Professor für Finance und forscht zur Zukunft der Finanzbranche. Er schreibt hier über Digitalisierung, Fintechs, Robo-Berater, Bank 3.0 und das Geld von morgen.
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