Quartalszahlen

Laufende Berichtssaison: Darauf sollten Anleger bei den Bilanzvorlagen achten

26.04.22 23:52 Uhr

Laufende Berichtssaison: Darauf sollten Anleger bei den Bilanzvorlagen achten | finanzen.net

Die Erwartungen für die Berichtssaison 2022 wurden bereits mehrfach gedämpft. Im April legen etwa 70 Prozent der im S&P 500 notierten Unternehmen ihre ersten Quartalsergebnisse 2022 vor.

• Geopolitische Risiken und steigende Kosten
• Gewinnprognosen für das erste Quartal konservativ
• Durchwachsene Gewinnprognosen im Bankensektor


Das Wachstum der Unternehmen des S&P 500 wird für 2022 laut der Deutschen Bank auf 4,7 Prozent taxiert. Die weltpolitische Lage mit dem Ukraine-Krieg und den Sanktionen gegen Russland belastete die US-amerikanische Wirtschaft im ersten Quartal 2022 ebenso wie steigende Preise, die enorm angestiegene Inflation und Lieferkettenprobleme. Die tatsächlichen Zahlen werden die Schätzungen der Analysten auch in diesem Quartal übertreffen. Die Gewinnprognosen sind in den USA traditionell zu konservativ, so die Deutsche Bank. Für positive Überraschungen, "beats", könnte auch sorgen, dass die meisten Konjunkturrisiken außerhalb der USA verortet werden, die Umsätze maßgeblich aber innerhalb der Vereinigten Staaten erwirtschaftet werden. In einigen Hauptabsatzländern der Unternehmen, etwa Kanada, Mexiko und China, entwickelte sich die Konjunktur im vergangenen Quartal zudem gut. Je mehr positive Überraschungen sich in der Berichtssaison zeigen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich der US-Aktienmarkt von seinen letzten Schwankungen erholt.
Der Ausblick auf die kommenden Monate ist den Analysten der Deutschen Bank zufolge fast noch wichtiger für die "Guidance" der Unternehmen als die Ergebnisse der Berichtssaison. Aktuell sind die Erwartungen an den erfolgreichen Umgang mit den aktuellen Herausforderungen eher mäßig, was ebenfalls Potenzial für positive Überraschungen bei den Aktienkursen birgt.

Richtungsweisende Ergebnisse

Die Umsätze und Gewinne im ersten Quartal des Jahres werden also sowohl für die Prognose der Umsätze der einzelnen Unternehmen als auch für den Gesamtmarkt richtungsweisend sein. Die Ergebnisse auf der Indexebene werden als solide betrachtet, die einzelnen Sektoren aber sehr unterschiedlich bewertet: Gewinner in den Analystenprognosen sind der Energiesektor (plus 30 Prozent), REITs (Real Estate Investment Trusts; plus 12 Prozent) sowie der IT-Sektor (plus 3 Prozent). Bei den Banken hingegen werden die Gewinnprognosen um 24 Prozent heruntergeschraubt. Ein hoher Umsatzanteil in Europa sowie ein bei den stark gestiegenen Energiepreisen hoher Energiebedarf wirken entsprechend auf die Prognose für die einzelnen Unternehmen.
Laut Forbes verfolgt die Citigroup als einzige amerikanische Großbank eine relevante Geschäftstätigkeit in Russland. Dies erklärt die massiven Einbrüche in der Gewinneinschätzung des Unternehmens. Aber auch die anderen Finanzinstitute müssen mit höheren Kosten, steigenden Personalkosten sowie Rohstoffpreisen, und niedrigeren Erträgen in den Bereichen Hypotheken, Handel und Investmentbanking rechnen.

Korrektur der Gewinnprognosen

Durch den Zinsanstieg hat sich die Korrelation zwischen Aktienkursen und Renditen der Banken praktisch aufgelöst. Düstere Prognosen für das Wirtschaftswachstum haben aufgrund der inversen Zinskurve die Aktienkurse zusätzlich belastet. Die Kurse der Bank-Aktien sind im vergangenen Quartal bereits hinter denen des Gesamtmarkts geblieben. Für das erste Quartal 2022 wird laut Börse online mit einem Gewinnrückgang von über 30 Prozent bei den Finanzinstituten gerechnet. Auch DWS-Chefstratege Stefan Kreuzkamp rechnet gegenüber €uro am Sonntag mit sinkenden Gewinnen für 2022. "Wir erwarten für die kommenden Wochen, dass die Gewinnprognosen der Unternehmen nach unten korrigiert werden, da viele Unternehmen nicht mehr in der Lage sein werden, die steigenden Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, die zudem mit sinkenden Reallöhnen konfrontiert sind."
Die Banken müssen nun für erhebliche Rückstellungen bei Kreditausfällen sorgen, was wiederum die Gewinne schrumpfen lässt. Auch Charlie Scharf, CEO bei Wells Fargo, erwartet im Quartalsbericht, dass die Kreditverluste für seine Bank zukünftig steigen werden - die Zinserhöhung durch die US-Notenbank zur Abschwächung der Inflation und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges wirkten als Abwärtsrisiko.
Die Zinswende in den USA bringt allerdings auch eine Steigerung der Nettozinsmarge der Banken. Ein anhaltendes Kreditwachstum sowie eine höhere Nettozinsmarge können sich daher positiv auf Finanztitel auswirken. Die US-Banken bleiben deshalb trotz der niedrigeren Gewinnmeldungen im ersten Quartal 2022 für Anleger interessant.

Die Quartalszahlen der S&P 500-Unternehmen

Zahlreiche Unternehmen haben in den vergangenen Tagen ihre Bücher geöffnet. Im Folgenden sind einige richtungsweisende Unternehmen zusammengestellt. Vor allem im Finanzsektor, bei den Banken, machen sich die weltpolitischen Ereignisse sowie die wirtschaftliche Situation bemerkbar.
Die Fluggesellschaft Delta Air Lines bezifferte ihren Verlust pro Aktie auf 1,23 US-Dollar, im Vergleich zu -3,55 US-Dollar im Vorjahrsquartal, und konnte damit im ersten Quartal den Umsatz um 125,25 Prozent auf 9,35 Milliarden US-Dollar steigern.
Der Hersteller von Verbindungsmitteln Fastenal konnte den von Analysten prognostizierten Umsatz (1,69 Milliarden US-Dollar) mit 1,7 Milliarden US-Dollar im vergangenen Quartal knapp übertreffen und erreichte damit eine Umsatzsteigerung von über 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland haben das Bankhaus JPMorgan Chase bereits im 1. Quartal 2022 hart getroffen, die bilanziellen Belastungen belaufen sich auf rund eine halbe Milliarde US-Dollar. Vorstandschef Jamie Dimon erklärte bei der Vorlage der Zahlen, er bleibe kurzfristig optimistisch für die Konjunktur, auch wenn geopolitische Risiken und wirtschaftliche Faktoren wie die hohe Inflation oder Lieferkettenprobleme weiter herausfordern. Nicht nur der Krieg belastete die Zahlen, die Einnahmen gingen um 5 Prozent auf 31,6 Milliarden US-Dollar zurück, der Nettogewinn schrumpfte sogar um 42 Prozent. Auch die erwarteten Kreditausfälle sind deutlich höher ausgefallen als es die Analysten prognostiziert hatten.
Das Finanzdienstleistungsunternehmen PNC konnte im vergangenen Quartal einen Gewinn von 3,23 US-Dollar je Aktie erwirtschaften, prognostiziert waren 2,77 US-Dollar. Der Gesamtumsatz stieg um 11,18 Prozent. Goldman Sachs musste hingegen im vergangenen Quartal einen Umsatzrückgang von 26,95 Prozent verbuchen. Der Gewinn war mit 8,90 US-Dollar pro Aktie taxiert worden und konnte so mit 10,75 US-Dollar die Prognose übertreffen.
Die fünftgrößte US-Bank US Bancorp aus Minnesota konnte in den ersten drei Monaten des Jahres ihren Umsatz um 2,30 Prozent auf 5,6 Milliarden US-Dollar steigern. Damit hat sie die Prognose übertroffen, die Analysten waren von 5,56 Milliarden US-Dollar ausgegangen. Das New Yorker Geldhaus Citigroup verzeichnete im Gegensatz dazu im vergangenen Quartal durch den Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland bilanzielle Belastungen von fast zwei Milliarden US-Dollar. Die Bank ist weiterhin in Russland aktiv, bemüht sich aber ihr Engagement zu reduzieren. Im Vergleich zum Vorjahresquartal schrumpfte der Überschuss um etwa 46 Prozent auf 4,3 Milliarden US-Dollar. Die Quartalszahlen übertrafen allerdings die Erwartungen, da die gesamten Erlöse um nur 2 Prozent auf 19,2 Milliarden US-Dollar zurückgingen. Einen Umsatzrückgang von 2,61 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum wies der Finanzdienstleister Wells Fargo aus Kalifornien aus.

Redaktion finanzen.net

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