Ausblicke: Rechnung ohne Putin gemacht
Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) verfehlen immer mehr börsennotierte Unternehmen in Deutschland ihre eigenen Umsatz- und Gewinnprognosen.
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
Die Ursachen sind vielfältig, die Folgen oft fatal. So wird die Aktie mit teils drastischen Kurseinbrüchen bestraft. Der Studie zufolge gaben im vergangenen Jahr die im Prime Standard gelisteten Gesellschaften insgesamt 92 Gewinn- oder Umsatzwarnungen heraus - ein Anstieg um 19 Prozent gegenüber 2013. Und dies, obwohl die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr mit 1,6 Prozent deutlich stärker wuchs als im Vorjahr (0,2 Prozent).
EY-Experte Bernd Richter führt die zunehmende Treff-Ungenauigkeit zwar auch auf hausgemachte Probleme wie ausufernde Restrukturierungskosten zurück. Den Hauptgrund sieht Richter jedoch in der Vielzahl an politischen und wirtschaftlichen Krisen, die die Unternehmen häufig unvorbereitet träfen. "Unordnung, Instabilität und Volatilität sind heute nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel." So hatte sich im vergangenen Jahr die Ukraine-Krise zum Krieg entwickelt, und die USA und die EU hatten ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Außerdem hatte sich der Ölpreis nahezu halbiert, und massive Währungsschwankungen hatten vielfach die Planungen der Unternehmen über den Haufen geworfen.
Im vergangenen Jahr mussten zahlreiche Unternehmen gleich mehrfach ihre Prognosen nach unten korrigieren. Davon waren DAX-Konzerne stärker betroffen als Unternehmen im TecDAX und SDAX. Zudem mussten vor allem Großkonzerne mit mehr als fünf Milliarden Euro Jahresumsatz ihre Prognosen häufig runterschrauben. Das führt Richter auf deren starke internationale Ausrichtung zurück.
EY-Experte Peter Steinbach wirft den Konzernen in diesem Zusammenhang oftmals zu großen Optimismus bei ihren Planungen vor - mit frappierenden Folgen. So führen Gewinnwarnungen häufig zu drastischen Kurseinbrüchen - im Schnitt um acht Prozent am Tag nach der Warnung. Eine Woche danach liegt der Kurs noch immer um neun Prozent niedriger. "Das Vertrauen der Investoren ist rasch verspielt und kann nur mühsam zurückgewonnen werden", sagt Steinbach.
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