Prof. Otte-Kolumne Max Otte

Weber, Sanio, zu Guttenberg

21.02.11 12:13 Uhr

Weber, Sanio, zu Guttenberg | finanzen.net

Axel Weber ist zurückgetreten.

Die Spiegel-Leser unter Ihnen wissen vielleicht, dass ich mir mit ihm auf der Führungskräftetagung der „Süddeutschen Zeitung“ letztes Jahr ein kleines Wortgefecht geliefert habe. Was nicht im „Spiegel“ stand: Ich habe dem Kollegen Weber öffentlich gesagt, dass ich ihm abnehme, dass er nicht auf den nächsten Job schielt, sondern versucht, sein jetziges Amt ordentlich zu erfüllen.

Nun war dies anscheinend nicht mehr möglich. 2010 hatte Weber sich in einer Telefonkonferenz des EZB-Rates gegen den Aufkauf von Staatsanleihen ausgesprochen und auch gesagt, dass er seine Opposition öffentlich machen wolle, wenn das doch geschehen würde. Er griff dann auch zu diesem unüblichen Schritt. Und als klar war, dass er sein Amt aufgrund fehlender Rückdeckung durch die Kanzlerin nicht mehr ausüben konnte, trat er zurück.

Meinen Respekt, Herr Kollege Weber!

Nun versucht man, Weber als „sperrig“ und „nicht konsensfähig“ hinzustellen. Aber der Mann hat nur seine Pflicht getan und sich an Recht und Gesetz gehalten. Alle anderen – einschließlich unserer Bundesregierung – haben das in dieser Sache nicht gemacht. Neuer Chef wird ein pflegeleichter Merkel-Getreuer. Ähnliches haben wir bei der Wahl unseres Staatsoberhauptes erlebt.

Damit ist die Bundesbank tot und erledigt. Der Generalangriff auf eine der letzten Säulen des erfolgreichen deutschen Nachkriegssystems hatte Erfolg. Die Geldwertstabilität ist abgeschrieben, die D-Mark ist endgültig vergemeinschaftet. Das deutsche Hochschulwesen ist durch den Bologna-Prozess arg in Mitleidenschaft gezogen. Wenn nun durch Basel II und Basel III deutscher Mittelstand, Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen noch arg in Mitleidenschaft gezogen werden, ist es mit unserer wirtschaftlichen Stärke vorbei.

Es wird immer wahrscheinlicher, dass die Inflation nun kommt. Schon wieder gab es diesbezügliche Titelgeschichten in „Focus Money“ und der „Wirtschaftswoche“. Als Leser dieser Kolumne sind Sie dagegen gewappnet.

Auch Jochen Sanio, Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, ist zurückgetreten. In den letzten Monaten waren von ihm immer kritischere Stimmen zu hören, ob denn Finanzmarktregulierung überhaupt noch funktionieren könne und ob nicht die Banken machen, was sie wollen.

Und nun wurde bekannt, dass unser „Hoffnungsträger“ Karl-Theodor zu Guttenberg an mindestens 15 Stellen in seiner Dissertation abgeschrieben hat. Mir hat der Mann nie besonders gefallen: Wie er seinen Generalinspekteur und jetzt den Kapitän der „Gorch Fock“ abgesägt hat, roch nach üblem Karrierismus. Und nun dies. Seien wir mal gespannt, wie es weitergeht.

Vielleicht haben wir ja doch „spätrömische Dekadenz“, wie es Guido Westerwelle vor einiger Zeit zu erkennen glaubte. Oder Zustände wie in der „Spätphase des DDR“. (Wolfgang Kubicki). Ich kann nur sagen: „Gute Nacht, Deutschland.“

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.