Rente - Deutschlands Sollbruchstelle: Die Gefahr der Altersarmut steigt
Die Rentenansprüche der deutschen Arbeitnehmer sind eine tickende Zeitbombe. Die Allianz stellte in ihrem "Global Wealth Report 2017" fest: "Deutschland liegt bei den gesetzlichen Rentenansprüchen im europäischen Mittelfeld.
Die Erklärung relativ niedriger Geldvermögen mit vermeintlich sehr hohen Anwartschaften aus dem staatlichen Rentensystem trifft also nur bedingt zu. Es bleibt daher bei der - aus deutscher Sicht - wenig erfreulichen Feststellung: Die deutschen Sparer machen aus ihrer hervorragenden Startposition - hohe Einkommen, hohe Sparleistungen - zu wenig."
Was viele Politiker - doch nicht nur sie - allzu gerne falsch machen: Sie ziehen die Rentenansprüche bei der Vermögensberechnung heran. Doch das ist falsch, denn die dafür notwendigen Mittel wurden in keiner Weise angespart. Das Geld für zu zahlende Renten und Pensionen ist noch gar nicht vorhanden. Die Finanzierung kann allein über zukünftige Abgaben der Bürger sichergestellt werden.
Und die Dimensionen dieser Zukunftslast sind gewaltig. Selbst wenn es dabei bleiben sollte, das die aktuelle Bundesregierung ihre im Wahlkampf gemachten Rentenversprechen einhält und die Rentenzusagen auf heutigem Niveau einfriert, wird dies zusätzliche Ausgaben in Höhe von 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 bedeuten.
Doch wer soll das bezahlen?
Zwar haben wir immer mehr Beschäftigte und auch laut Statistik eine niedrige Arbeitslosigkeit, aber die Zahl der Hartz-IV-Empfänger ist seit 7 Jahren konstant, nachdem sie zwischen 2007 und 2011 durchaus abnahm. Das liegt daran, dass die Zahl der Aufstocker - Erwerbstätige oder Rentner, die unter Hartz-IV-Niveau liegen und das Recht haben, auf Hartz IV aufzustocken - konstant ist.
Immer mehr Menschen sind in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder beziehen eine Rente, die das Existenzminimum nicht mehr sichert. Der "Aufschwung" der letzten Jahre ist also nicht bei den Geringverdienern angekommen, während die Kapitalvermögen weiter gestiegen sind. Besonders beschämend: Nach Schätzungen gehen bis zu drei von vier Rentnern nicht zum Sozialamt, um aufzustocken. Ihre Ehre verbietet es ihnen. Sie schränken sich lieber stark ein.
Zuletzt hat natürlich auch die Wirtschaftsmigration ("Asyl") dazu beigetragen, dass es viele Hartz-IV-Empfänger gibt. 2017 war fast ein Viertel aller Ausländer hilfebedürftig. Wenn man überlegt, dass in diesen nicht sehr transparenten Zahlen auch die schon länger hier lebenden Ausländer eingeschlossen sind, müsste es bei den "Flüchtlingen" über die Hälfte sein.
Warren Buffett spricht davon, dass wir in einer ungerechten Gesellschaft leben: "Es gibt einen Klassenkampf, und leider gewinnt meine Klasse [die der Kapitalisten]." Mein Kollege Russell Napier, ein Ire, der auch das Buch "Anatomy of the Bear" geschrieben hat, erwartet in den nächsten Jahren einen grundlegenden politischen Umbruch.
Ich bin an diesem Punkt etwas anderer Meinung als Russell Napier. Der Lobbystaat ist stark und die angeblich sozialdemokratischen und linken Parteien - in Deutschland zumindest SPD und Grüne - sind Säulen des Status quo.
In diesem politischen Umfeld und angesichts des wachsenden Rentenlochs ist es nicht sehr sinnvoll, auf die staatliche Altersversicherung zu vertrauen. Auch die angebotenen Rentenversicherungen der Privatwirtschaft, insbesondere Riester, werden ihre Versprechen nur in den seltensten Fällen einlösen.
Hinzu kommt, dass in Deutschland falsch investiert wird. Statt unsere Überschüsse in Sanierung und Verbesserung der Infrastruktur zu stecken, die Wissenschaft zu fördern oder einen Staatsfonds Aktien zu kaufen (wie es Norwegen, die Schweiz, Singapur und viele andere Länder machen), leihen wir es den Ländern im europäischen Süden. Das Geld ist futsch.
Schützen Sie sich vor den Folgen der Geldpolitik!
Ich habe übrigens einen Staatsfonds schon in einem Fachartikel im Jahr 2010 vorgeschlagen, als es vielen noch als "Sozialismus" galt. Aber nicht nur in Deutschland gibt es bei den Rentenansprüchen eine Zeitbombe. Dies gilt auch für die USA. Die US-Bundesstaaten haben nur 2,6 Billionen US-Dollar an Vermögen, aber 4 Billionen US-Dollar Verpflichtungen. Doch immerhin haben sie Vermögen, während die Renten und Pensionen in Deutschland aus dem laufenden Steueraufkommen gezahlt werden müssen. Um dies zu verdecken, rechnen viele Pensionsfonds mit Renditen von ca. 7,5 Prozent auf ihr Vermögen, während sie oft nur um die 1 Prozent erzielen. Damit wurde die Lücke alleine 2017 um rund 150 Mrd. US-Dollar größer.
Die faulen Kredite des italienischen Bankensektors übersteigen das Eigenkapital (und dennoch darf alles weiterlaufen). Die griechischen Banken bestanden einen Stresstest der Europäischen Zentralbank. Und so weiter, und so fort.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.