Prof. Otte-Kolumne Max Otte

Lufthansa - Profitiert die deutsche Fluggesellschaft vom Brexit?

12.02.19 10:46 Uhr

Lufthansa - Profitiert die deutsche Fluggesellschaft vom Brexit? | finanzen.net

Am gestrigen Montag erklärte sich die EU dazu bereit, den Fluggesellschaften sieben Monate Zeit einzuräumen, um sich nach dem Brexit an die Kontroll- und Eigentumsregeln der Union anzupassen.

Alle in der EU agierenden Fluggesellschaften müssen ihre Beteiligungsstruktur bis zum 27. Oktober 2019 anpassen, sodass der Großteil der Aktien weiterhin von Aktionären innerhalb der Europäischen Union kontrolliert wird, sobald alle britischen Investoren nicht mehr als solche gezählt werden. Wenn eine Fluggesellschaft dies nicht erreichen sollte, verliert sie den Status einer europäischen Fluggesellschaft und alle damit verbundenen Vorteile, wie beispielsweise den Zugang zu den europäischen Flugrouten.

Der neue Rechtsrahmen dürfte sowohl britische Fluggesellschaften wie British Airways, Mitglied der IAG International Airlines Group, und easyJet als auch andere wie Ryanair betreffen.

Nach dem derzeit in Brüssel erarbeiteten Gesetz müssen die Fluggesellschaften den Regulierungsbehörden auch ihre Roadmap zum EU Air Operator's Certificate (AOC) innerhalb von zwei Wochen nach Verabschiedung des Gesetzes vorlegen.

"In dieser Roadmap sind die Maßnahmen, die darauf abzielen, die vollständige Einhaltung der Eigentums- und Kontrollanforderungen der EU spätestens ab dem 27. Oktober 2019 zu gewährleisten, vollständig und präzise darzulegen. Hat das Luftfahrtunternehmen innerhalb der Frist von zwei Wochen keinen Plan vorgelegt, so widerruft die zuständige Genehmigungsbehörde die Betriebsgenehmigung", heißt es in dem Gesetzesentwurf.

Die meisten Fluggesellschaften, darunter easyJet, Ryanair und Wizz Air, haben bereits Tochtergesellschaften mit AOCs aus der EU oder dem Vereinigten Königreich gegründet, um die Verkehrsrechte in beiden Ländern nach Brexit zu erhalten. Das Vereinigte Königreich wird die EU voraussichtlich am 29. März 2019 verlassen.

Auch ohne Brexit profitiert die Lufthansa von der Marktkonsolidierung

"Der Luftverkehr hat sein maximales Wachstum erreicht" - dies sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor einigen Wochen in einem Interview. Damit meinte er aber nicht, dass sein Konzern in den nächsten Jahren nicht mehr wachsen würde. Er meinte damit nur, dass eben das globale Wachstum in dieser Branche bei seinem Maximum ist. In den USA hat eine Marktkonsolidierung bereits vor Jahren stattgefunden. In Europa steht diese Entwicklung noch am Anfang. Lufthansa (WKN: 823212) wird ein großer Profiteur der Marktkonsolidierung sein.

Mein Team und ich halten Lufthansa für einen derzeit spannenden Zykliker. Auch die Dividende ist interessant. In den letzten zehn Jahren wurde diese zwar auch dreimal ausgesetzt (2009, 2012 und 2014), aber ausgehend von der bisherigen Prognose für die nächste Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2018 würde die Aktie aktuell eine Dividendenrendite von 3,8 Prozent bieten.

Starke Marktposition

Mit einem Jahresumsatz von 35,7 Mrd. EUR und 142 Millionen beförderten Passagieren ist die Lufthansa-Gruppe die größte Fluggesellschaft Europas. Auch die Auslastung, in der Branche bezeichnet als Sitzladefaktor, ist mit über 80 Prozent mit am höchsten. Doch nicht nur als Personenbeförderer macht Lufthansa eine gute Figur. Mit der Tochter Lufthansa Cargo ist der Konzern auch ein in Europa führender Spezialist im Luftfrachtgeschäft.

Und wussten Sie, dass die Lufthansa-Gruppe auch die weltweite Nr. 1 im Wartungs- und Reparaturgeschäft ist? Dieser Geschäftsbereich ist in der Tochtergesellschaft Lufthansa-Technik zusammengefasst. Und tatsächlich führt dieses Unternehmen seine Dienste nicht nur für die konzerneigenen Fluggesellschaften durch, sondern auch andere Airlines lassen ihre Flotte über Lufthansa-Technik warten.

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Gemessen am Umsatzanteil ist das Passagier-Geschäft das größte. Auf diesen Bereich, der sich nochmals in das Premiumgeschäft (die sogenannten Netzwerk Airlines Lufthansa, Swiss und Austrian) und das Niedrigpreissegment (Eurowings und Germanwings) aufteilt, entfallen drei Viertel aller Umsätze. Das Wartungsgeschäft ist mit 10 Prozent Umsatzanteil das zweitgrößte Segment. Die operative Ergebnismarge ist hier mit 12 Prozent identisch wie beim Hauptsegment. Noch betreibt Lufthansa auch das Cateringunternehmen LSG. Vom Umsatz her ist dies zwar gleich auf mit dem Logistikgeschäft, da hier die Marge aber nur bei sehr schwachen 2 Prozent liegt, überlegt das Management seit einiger Zeit, sich davon zu trennen.

Noch bietet sich für Lufthansa interessantes Entwicklungspotenzial

Während in den USA die Konsolidierung der Branche schon so weit fortgeschritten ist, dass die größten Airlines dort 70 Prozent der Marktanteile für sich beanspruchen, machen die größten Fluggesellschaften in Europa noch nur 40 bis 50 Prozent der Branche aus. Hohe Öl- und damit auch Kerosinpreise machen den kleineren Anbietern zu schaffen. Früher oder später wird der europäische Markt hier weiter konsolidieren. Lufthansa wird dabei klarer Gewinner sein. Dies hat nicht zuletzt auch der Fall Air Berlin gezeigt. Mit der Übernahme und Integration in das Segment Eurowings konnte der Marktanteil weiter ausgebaut werden.

Stabile Bilanz

Die Wartung der Flotte ist sehr kapitalintensiv. Das liegt in der Natur des Geschäfts. So betragen die Sachinvestitionen im Schnitt rund 60 Prozent des operativen Cashflows. Auch die Eigenkapitalquote ist mit 29 Prozent nicht gerade die höchste. Doch diese war in der Vergangenheit auch schon viel tiefer und Lufthansa hat in den letzten drei Jahren viel daran gesetzt, diese Quote wieder kontinuierlich zu erhöhen.

Insgesamt macht die Bilanz für einen Zykliker einen recht stabilen Eindruck. Das Verhältnis Nettoschulden zu Free Cashflow von derzeit 2,9 halten wir für vertretbar. Ein Abschreibungsrisiko auf den Buchwert besteht nicht. Der Goodwill liegt bei niedrigen 713 Mio. EUR. Dies sind weniger als 10 Prozent des Eigenkapitals.

Unseren ausführlichen Königstest hat die Lufthansa bestanden.

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.