Impulse von der Value-Konferenz in Trani: Shorts, Cash und ein Investment in United Internet?
Alle Jahre wieder treffen sich circa 100 unabhängige Fondsmanager, Analysten und einige Privatinvestoren mit Value-Gen in der alten Kreuzfahrerstadt Trani, um Ideen auszutauschen, den Sonnenuntergang am Hafen und das apulische Essen zu genießen.
Das bessere Omaha
Die eineinhalb Dutzend Vorträge haben es in sich. Mittlerweile findet das Treffen zum fünfzehnten Mal statt. Ciccio Azzolini gebührt der Verdienst, es begründet zu haben. Seitdem wird er bei der Moderation tatkräftig von Whitney Tilson unterstützt. Schon als junger Mann hörte Ciccio bei Bruce Greenwald Vorlesungen, und er wollte neben seinen Fonds auch etwas für die Value-Community tun. Die Erlöse des Seminars fließen in gemeinnützige Aktivitäten.
Trani ist die einzige Investmentkonferenz, zu der ich jedes Jahr gehe. Hier sind vor allem Kollegen: unabhängige Denker mit "kleineren" Fonds, die gezeigt haben, dass sie es können. Um den Besuch der Berkshire-Hauptversammlung machen etliche geradezu einen Kult. Ja, es ist ein einzigartiges Ereignis und allzu lange werden wir dieses Ereignis nicht mehr haben. Aber die Reise dorthin dauert einen Tag und mehr, und dann sind 40.000 Menschen dort.
Die Berkshire-HV ist eine inszenierte Show
Buffett und Munger sind immer noch messerscharf. Ihre Äußerungen kann ich aber auch später nachlesen. Ich war zweimal in Omaha, das hat mir gereicht. Es fällt immer wieder auf, wie bescheiden und reflektiert Value-Investoren sind: Unabhängigkeit, Demut, Integrität und Geduld sind ganz wichtige Eigenschaften. Wir diskutieren unsere Fehler offen - und wir alle haben Fehler gemacht.
Ein Investor, der sich vor allem bei billigen Unternehmen in langweiligen Branchen mit Turnaround-Potential herumtreibt, sagt, dass 70 bis 80 Prozent seiner Fehler mit Unternehmen zu tun hatten, die zu hoch verschuldet waren. Whitney Tilson hat oft Super-Aktien viel zu früh verkauft. Eine Erfahrung, die ich auch schon oft schmerzlich machen musste. Thomas Russo, der auch schon hier referiert hat, hat noch nie eine einzige Berkshire-Aktie verkauft.
Cash wird wichtiger
Aktuell sind wir mehrheitlich der Meinung, dass der Markt in vielen Fällen recht teuer ist - und haben sehr unterschiedliche Antworten. Während ich in meinen Fonds (etwas) Liquidität aufbaue, sind Juan Huerta von Cobas Capital in Spanien und viele andere weiter voll investiert. Danilo Santiago aus Brasilien, der jetzt in den USA lebt, erhöht seine Short-Positionen. Es gibt keine eindeutige Antwort. Eine der besten Strategien für Privatanleger ist immer noch Geld, das für einige Jahre nicht benötigt wird, in großartige Unternehmen zu stecken, die von ehrlichen und kompetenten Managern geführt werden.
Einen dieser kompetenten Eigentümer-Manager traf ich in der Lufthansa-Lounge in Köln beim Abflug: Ralph Dommermuth, Gründer von United Internet (WKN: 508903) und mittlerweile einer der reichsten Deutschen. Er lebt und arbeitet nach wie vor in Montabaur im Westerwald und fliegt Linie, obwohl er sich natürlich ein Privatflugzeug leisten könnte. Das Gespräch war angenehm - nichts von dem Gehabe, wie es vielen Managern zu eigen ist.
Ist United Internet ein Investment wert?
Und es erinnerte mich an einen meiner Fehler. Im Privatinvestor-Archiv taucht United Internet schon 2004 auf (in Ausgabe 40/2004): "United Internet - Ein Hidden Champion aus Montabaur." Ich hatte es auch schon 2001 in einem Börsenbrief vorgestellt, da gab es Der Privatinvestor noch nicht. Natürlich habe ich aus einigen Accounts viel zu früh verkauft. Hätte ich behalten! Seit 2001 hat sich der Kurs verfünfzigfacht, seit 2004 verzehnfacht. In den letzten Tagen hat der Kurs leicht korrigiert. Dommermuth ist Mitte 50, hat noch viel Spaß am Geschäft und sein Unternehmen wächst, auch dank der Drillisch-Übernahme.
In unserem letzten Königstest schnitt United Internet gut ab. Uns überzeugen vor allem das Geschäftsmodell, die Zukunftsperspektiven der Branche und das starke Management. Die Nettomarge des Konzerns liegt im 10-Jahres-Schnitt bei 8,0 Prozent, die Free-Cashflow-Marge bei 9,2 Prozent. Der Umsatz wuchs langfristig um 11,5 Prozent, der Gewinn allerdings schwankte stark und beträgt im langfristigen Durchschnitt 197,8 Mio. Euro. Das Verhältnis der Schulden zum Cashflow beträgt 2,4, zum EBIT 2,9. Das ist vertretbar, zumal das Eigenkapital höher ist als die Nettoschuld.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.