Ausblick 2018: Was erwartet uns Anleger im kommenden Jahr?
Das Risiko einer großen geopolitischen Krise ist immer noch signifikant, werte Leser. Wenn sie eskaliert, müssen wir uns um die Börse nicht mehr viele Gedanken machen.
Aber als Fondsmanager bin ich für die nächsten zwei Jahre optimistisch. Wir werden weiter Niedrigzinsen haben; die Welt kommt da nicht raus. Viele Aktien sind noch nicht zu teuer - abgesehen von den recht teuren US-Aktien, die sehe ich kritischer. Für mich gibt es aber noch ein paar Segmente und Märkte, in die man noch investieren kann. Wir bleiben also optimistisch, werden aber in den nächsten Monaten mit einer guten Cash-Position vorsorgen.
Die Welt ist im Jahr neun einer ausgedehnten Hausse, das ist ungewöhnlich lang. Ich bin mir ziemlich sicher, dass US-Aktien über die nächsten zehn Jahre eher fallen werden. Wenn ich jetzt einen US-Aktienkorb kaufen würde, würde das schlecht ausgehen. Deswegen investieren wir in den USA nur selektiv, etwa in die großen Tech-Werte. Oder in den Handel.
Ich rechne fest damit, dass Vermögen weiter abschmelzen werden.
Genauer gesagt: Geldvermögen, also Kontoguthaben und Anleihen. Das liegt an den Negativzinsen, der Bargeldverdrängung und der Aussicht, dass die Notenbanken vielleicht irgendwann ein paar Posten aus ihren Bilanzen streichen.
Der von mir sehr geschätzte unabhängige Kolumnist und Ökonom Daniel Stelter schrieb Anfang 2016 das Buch "Eiszeit in der Weltwirtschaft", das ich auch heute noch empfehle. Seit Jahren betreibt der ach so marktwirtschaftliche Westen eine Politik der zwangswirtschaftlichen Maßnahmen und direkten Staatseingriffe. Dazu gehören die Aufblähung der Notenbankbilanzen, der Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen, die Bargeldverdrängung und Negativzinsen. Mit immer härteren Maßnahmen haben wir die Fiktion von Wirtschaftswachstum aufrechterhalten.
Wir haben uns mit immer mehr Schulden Zeit erkauft, aber nichts getan, um die Ursachen zu bekämpfen. Die Risiken in der Weltwirtschaft sind heute größer als 2007. Auch die Schulden als Prozent der Weltwirtschaftsleistung sind weiter gestiegen: von Schuldenkonsolidierung kein Rede. Der größte Teil dieser Schulden geht auf das Konto der Industriestaaten (ca. 160 Billionen USD). Insbesondere die Staatsschulden haben hier weiter zugenommen. In den USA und Großbritannien haben sich diese seit 2006 mehr als verdoppelt. Die Schulden der Schwellenländer haben deutlich auf über 55 Billionen USD zugenommen.
Echtes Wachstum ließ sich mit dieser Schuldenorgie nicht erzielen, zumal die Effektivität des Schuldenmachens auch abnimmt. Zudem wurden die Schulden auch für ein gigantisches Umverteilungsspiel genutzt. Diejenigen, die sich billig verschulden konnten, konnten Sachwerte wie Land, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen kaufen.
"In einer Welt voller Schulden ist es keine gute Idee, zu den Gläubigern zu gehören.", sagt Daniel Stelter. In der Tat. Und eine andere Weisheit besagt: "Wenn Du Poker spielst, und Du weißt nicht, wer gerade ausgenommen wird, dann bist Du es höchstwahrscheinlich selber." Geldvermögen (= Geldforderungen) müssen vernichtet werden. So viel ist klar. Schon vor einiger Zeit spekulierte der Internationale Währungsfonds über eine 10-prozentige Steuer auf alle Geldvermögen.
Aber wahrscheinlich wird es keine große Währungsreform geben, sondern eine Vermögensvernichtung über die Zeit, vor allem durch Negativzinsen. Dabei wirkt die Magie der Zinseszinsen, die uns beim Investieren so schön hilft, ebenfalls. Nur in diesem Fall leider in die falsche Richtung! Schon bei 3 Prozent realer Geldentwertung ist die Kaufkraft der Geldforderungen nach zehn Jahren um 25 und nach 20 Jahren um 45 Prozent gesunken!
Hinzu werden immer mehr und immer höhere Gebühren bei Überweisungen und eine weitere Erschwerung des Bargeldverkehrs kommen. Wenn jede Überweisung nur ein halbes Prozent kostet, können sich Banken und Finanzdienstleister auch ganz gut sanieren. Das öffentliche Gut "Geld" wird privatisiert - zum Nutzen der Finanzbranche.
Aktien bleiben in dieser Zeit die Grundlage zum Vermögenserhalt und zur Vermögensmehrung.
Bei Aktien haben Sie die geballte Lobbymacht der großen Fondsgesellschaften und der Superreichen hinter sich, die diese Form des Besitzes sicher nicht angetastet haben wollen. Da ist es viel leichter, die Grundsteuern auf Immobilien zu erhöhen, denn das trifft vor allem die Mittelschicht. Auch die Finanzrepression trifft die Mittelschicht - und hilft den Aktienmärkten. Viele Unternehmen haben billige Kredite aufgenommen, um mit diesem Geld eigene Aktien zurückzukaufen und so die Gewinne je Aktie nach oben zu treiben.
2017 hat mein Analysten-Team ein gutes Näschen bewiesen. Wir waren ganz vorne dabei. Laut den Fondsbewertern von Morningstar gehören unsere Fonds in der Vergleichsgruppe zu den besten sechs Prozent. Die großen Konkurrenzfonds und Vergleichsindizes haben wir um Längen geschlagen. Das ist eine Konsequenz meiner Entscheidung, Vorträge und öffentliche Auftritte zu reduzieren. Ich habe mich auf das Fondsteam konzentriert und mittlerweile eine gute Mannschaft zusammenbekommen.
Leider merkt dies die breite Masse der Anleger erst, wenn wir mindestens zwei gute Jahre in Folge abgeliefert haben. Wir müssen also noch dranbleiben. Und es gibt durchaus noch etwas Luft nach oben.
Welche Branchen und Unternehmen sind noch interessant?
Wir haben nach wie vor ziemlich durchmischte Märkte. Die Volatilität ist zwar niedrig, aber es gibt immer wieder Sektoren, die abstürzen. Wenn alle die Nase voll haben, ist für Value-Investoren ein guter Moment, genauer hinzuschauen. Deshalb bauen wir in naher Zukunft eine ordentliche Cash-Position auf, mit der wir im Fall der Fälle agieren können.
Am Ende entscheiden natürlich immer Sie selbst!
Sie sind der Chef Ihrer Geldanlage, liebe Leser. Ziehen Sie Ihre Strategie durch!
Hinweis/Disclaimer: Max Otte berät, beziehungsweise Unternehmen, an denen Max Otte beteiligt ist, beraten den PI Global Value Fund (WKN: A0NE9G) und den Max Otte Vermögensbildungsfonds (WKN: A1J3AM). Diese beiden Fonds könnten Positionen in Titeln halten, die in dieser Kolumne genannt sind. Für den Fall, dass Leser dieser Kolumne Positionen in einen genannten Titel in einem Umfang erwerben, der dazu geeignet ist, den Preis des Titels zu beeinflussen, könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide die Fonds im Falle der Veräusserung des Titels aus deren Portfolio nach einem solchen Kursanstieg vom Erwerb des Titels durch die Leser der Kolumne profitieren. Auch im Falle eines Verkaufs in einem entsprechenden Umfang durch Leser der Kolumne könnte der Verfasser dieser Kolumne und / oder einer beziehungsweise beide Fonds von fallenden Kursen durch günstigere Einstiegskurse im Falle eines späteren Kursanstiegs profitieren.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.