IWH erwartet 2020 BIP-Rückgang um 5,7 Prozent
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat seine Prognose für die Wirtschaftsentwicklung in diesem Jahr gegenüber der Vorhersage vom Juni gesenkt.
"Die deutsche Wirtschaft hat im Sommer einen erheblichen Teil des Produktionseinbruchs vom Frühjahr wieder wettgemacht", erklärten die Ökonomen. Dennoch dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2020 nach ihrer Prognose um 5,7 Prozent niedriger liegen als 2019. Mitte Juni hatten sie noch eine Schrumpfung um 5,1 Prozent veranschlagt. Für das Jahr 2021 sei unverändert mit einem BIP-Zuwachs von 3,2 Prozent zu rechnen, für 2022 dann mit 2,5 Prozent Wachstum.
"Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Halbjahr 2020 deutlich stärker zurückgegangen als während der Finanzkrise im Winterhalbjahr 2008/2009", erklärte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. "Mittlerweile ist die Wirtschaft aber auf dem Weg in eine neue Normalität." Die Aktivität sei ab Mai wieder kräftig gestiegen, allerdings habe die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Sommer noch deutlich unter dem Stand vom Jahresanfang gelegen.
"Auch am Arbeitsmarkt ist die Rezession angekommen", betonte Holtemöller. Das IWH erwartet laut der Prognose 2,732 Millionen Arbeitslose in diesem Jahr, 2,727 Millionen im nächsten und 2,421 Millionen im übernächsten Jahr und eine Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent 2020, 5,9 Prozent 2021 und 5,3 Prozent 2022.
Nicht zuletzt wegen der automatischen Stabilisatoren und der expansiven finanzpolitischen Maßnahmen seien die verfügbaren Einkommen jedoch stabil geblieben, und der private Konsum werde in der zweiten Jahreshälfte stark zulegen. Weil die Pandemie der Wirtschaft aber einen Strukturwandel aufzwinge und dieser die Wirtschaft belaste, dürften die Produktionskapazitäten bis ins Jahr 2022 unterausgelastet bleiben.
Das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit wird sich nach den Berechnungen der Ökonomen im Jahr 2020 auf 5,4 Prozent des BIP belaufen und dann langsam zurückgehen. Das Hauptrisiko für die deutsche Konjunktur bestehe weiterhin im Pandemiegeschehen. "So kann der gegenwärtig starke Anstieg der Infektionszahlen in Frankreich und Spanien auch die Erholung in Deutschland gefährden, denn die Volkswirtschaften sind eng miteinander verflochten", warnte das IWH.
Von Andreas Kißler
HALLE/BERLIN (Dow Jones)
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