Ökonomen-Barometer

Volkswirte: Härter gegen Steueroasen vorgehen

20.04.13 08:00 Uhr

Im April knickt das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und n-tv erstmals seit vier Monaten wieder etwas ein. Vor allem aber hat sich der Ausblick eingetrübt.

von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag

Deutschlands führende Volkswirte haben nach der Euphorie der vergangenen Monate wieder einen Gang zurückgeschaltet. Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und n-tv lag im April bei 51,6 Punkten und damit um zwei Punkte oder 3,7 Prozent unter dem Vormonat.

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Vor allem der Ausblick hat sich eingetrübt. Der Prognosewert, der die erwartete wirtschaftliche Entwicklung auf Jahressicht erfasst, lag im April bei 51,5 und damit um 4,6 Punkte oder 8,3 Prozent unter dem Vormonatswert. Das zeigt zwar noch immer eine leichte wirtschaftliche Expansion an, doch ist der Optimismus nicht mehr so ausgeprägt wie noch im März. Erst am Dienstag war der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim veröffentlichte ZEW-Index erstmals seit vier Monaten wieder deutlich ins Minus gerutscht.

Jeweilige Regierungen gefragt
Was das Thema „Kampf gegen Steueroasen“ angeht, so sind 78 Prozent der befragten Ökonomen der Ansicht, dass die Maßnahmen dazu grundsätzlich verschärft werden sollten, zumindest gegen die kriminellen Auswüchse. Nur 19 Prozent lehnen eine solche Verschärfung ab. Die Meinungen darüber, wie eine solche Verschärfung aussehen könnte, weichen allerdings stark voneinander ab.

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Am meisten herrscht noch Einigkeit darüber, dass die Initiative von den jeweiligen nationalen Regierungen ausgehen müsse. 41 Prozent der Befragten sind dieser Ansicht. „Nur die nationalen Regierungen haben demokratisch legitimierte Hoheitsgewalt“, sagt beispielsweise Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance and Management. Doch viele Experten meinen, dass der Steuerwettbewerb zwischen den Staaten nicht aufgegeben werden sollte. Er sei hilfreich, um die Steuerlast der Bürger in Maßen zu halten, so RWI-Experte Boris Augurzky.

Einige Experten sehen den Ansatz „Kampf gegen Steuer­oasen“ grundsätzlich kritisch: Das sei ein „Placebo, um von heimischen Problemen abzulenken“, so Andreas Freytag von der Uni Jena. Man solle lieber die Steuerverschwendung bekämpfen. Für Juergen B. Donges (Uni Köln) leidet die ganze Debatte unter einer „populistisch aufgeheizten Emotionalität“, bei der alles in ­einen Topf geworfen wird. „Außerdem helfen Steueroasen bei der Disziplinierung von Regierungen, die nicht davon ablassen können, im eigenen Land an der Steuerschraube zu drehen.“ Steueroasen könne es nur geben, wenn es Steuerwüsten gebe, lautet das Credo von IWK-Forscher Alfred Boss. „Der Steuerwettbewerb sollte nicht noch mehr eingeschränkt werden.“

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Zu den weltweit bekanntesten Steuerparadiesen zählen die Cook-Inseln im Südpazifik. Der 2011 verstorbene Ex-Playboy Gunter Sachs soll einen Teil seines Vermögens dort untergebracht haben.

Steinbrück-Pläne zerpflückt
Die Pläne von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Kampf gegen Steueroasen stoßen bei den Ökonomen auf ein geteiltes Echo. Am ehesten können sie sich noch für die Forderung erwärmen, den Informa­tionsaustausch zwischen Finanzdienstleistern und Steuerbehörden zu automatisieren. Dies dürfe jedoch nicht zu einer generellen Schnüffelei der Finanzbehörden führen, so etwa Ulrich van Suntum von der Uni Münster. Wilfried Fuhrmann von der Uni Potsdam lehnt die Steinbrück-Pläne kategorisch ab: „Keiner der Vorschläge überzeugt.“ Der SPD-Politiker hatte unter anderem gefordert, Briefkastenfirmen zu verbieten, Steuerhinterziehung härter zu bestrafen und eine schwarze Liste unkooperativer Länder zu führen.

Publizität via Facebook
Dass die US-Börsenaufsicht SEC seit wenigen Tagen auch soziale Netzwerke wie Facebook oder ­Twitter zu Veröffentlichung kapitalmarktrelevanter Informationen akzeptiert, stößt bei den meisten Ökonomen grundsätzlich auf Zustimmung — allerdings nur als Ergänzung und nicht als Ersatz der bisherigen Kommunikationskanäle, wie Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise erläutert. Justus Haucap von der Uni Düsseldorf warnt dagegen davor, die „Marktmacht von Twitter und Facebook durch staatliche Publikationsvorschriften zu untermauern“. Zu den Skeptikern zählt offenbar auch Manfred Neumann von der Uni Bonn: „Wichtige Informationen über Twitter — dass ich nicht lache.“