Nomura-Ausblick

Graue Schwäne: Ölpreis bei 20 Dollar und 8 andere große Risiken für die Finanzmärkte 2019

07.02.19 06:11 Uhr

Graue Schwäne: Ölpreis bei 20 Dollar und 8 andere große Risiken für die Finanzmärkte 2019 | finanzen.net

Die japanische Investmentbank Nomura hat "graue Schwäne" gesichtet: Szenarien für 2019, die zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen sind. Und sie könnten die Märkte nachhaltig erschüttern.

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"Schwarze Schwäne" kennt man in Finanzkreisen: Ereignisse, die unvorhersehbar sind und die Finanzmärkte massiv beeinflussen. Doch Schwarze Schwäne, die von Experten und Marktteilnehmer bereits als solche erkannt wurden, sind per se keine mehr, denn - einmal ausgesprochen - ist dieses marktbewegende Ereignis nicht mehr völlig unvorhersehbar. Aus diesem Grund veröffentlichen die Analysten von Nomura regelmäßig zum Jahresende ihre "grauen Schwäne" für das Folgejahr. Dabei handelt es sich ebenfalls um Ereignisse, die die Märkte in ihren Grundfesten erschüttern könnten, die aber vorhersehbar, wenn auch wenig wahrscheinlich sind. Die aktuelle Liste für das Jahr 2019 lässt aufhorchen.

1. Ölpreis bricht auf 20 Dollar ein

Die Ölpreise haben ein bewegtes Jahr hinter sich. Der Preis für ein Barrel der Sorte Brent Crude wurde 2018 in einer Spanne zwischen 50,20 US-Dollar und 76,42 US-Dollar gehandelt. Im Gesamtjahr fuhr das schwarze Gold ein sattes Minus ein. Und geht es nach den Experten von Nomura, besteht auch für 2019 das Risiko, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt. Es sei "plausibel", dass der Ölpreis 2019 bis auf 20 US-Dollar je Barrel sinken könne, so das Analysehaus, denn die Ölpreise hätten in der jüngsten Vergangenheit ohnehin den erwarteten Entwicklungen getrotzt.

Aktuell pendelt sich der Preis für Brent Crude Rohöl bei rund 60 US-Dollar ein. Wird Nomuras "grauer Schwan" Realität, würde dies einen Preiseinbruch um zwei Drittel bedeuten und dürfte die Märkte deutlich bewegen.

2. Das Ende des Populismus

Die vom chinesischen Staatschef Xi Jinping etablierte politische Herangehensweise und dessen Zentralisierung von Macht sei weltweit kopiert worden: Von US-Präsident Donald Trump, den Pro-Brexit-Mächten, dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan bis hin zum russischen Staatschef Putin. Doch diese populistischen Tendenzen dürften weltweit 2018 ihren Höhepunkt erreicht haben, 2019 könnte die Welt erkennen, dass mit Populisten kein Wachstum zu erzielen ist, heißt es von Nomura.

Erste Anzeichen für das Eintreten dieses "grauen Schwans" wollen die Experten bereits ausgemacht haben: "Die Republikaner haben die Kontrolle über das US-Parlament in den Zwischenstürmen der USA verloren und die Schwäche der Aktienmärkte scheint die Handelspolitik von Präsident Trump beeinflusst zu haben, und ihn versöhnlicher gemacht zu haben", heißt es.

3. Marktcrash

2019 könnten die Finanzmärkte auf breiter Front erschüttert werden. Einige kleinere Beben habe man bereits in diesem Jahr gespürt: Ein Zusammenbruch bei Schwellenländer-Währungen, Handelskriege, Brexit und eine Korrektur am US-Aktienmarkt. All diese Ereignisse könnten nur Vorläufer eines großen Crashs sein, so Nomura. Dabei haben die Experten drei wahrscheinlichste Problemherde ausgemacht: Einen massiven Einbruch der Aktienkurse, eine Staatskrise in Europa, die sich im Dominoeffekt ausbreitet und chinesische Kreditausfälle.

4. Italien erlebt seine Wiederauferstehung

Den vierten "grauen Schwan" überschreibt das Team von Nomura mit dem Term "Italienische Renaissance". Offenbar halten es die Experten für möglich, dass die Krise in Europas drittgrößter Volkswirtschaft schon 2019 kein Thema mehr sein könnte. Zwar seien Italiens festverzinsliche Wertpapiere derzeit durchaus wenig ansprechend, doch es sei möglich, dass der Markt 2019 erkennt, wie übermäßig pessimistisch er zwischenzeitlich geworden ist.

Wenn Italien mit seinen Haushaltsplänen erfolgreich ist, könnte sich dies positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken. "So wie Investoren das Wachstum der USA unterschätzten, könnten sie mit Italien den gleichen Fehler machen. Eine große Rallye bei italienischen Anleihen könnte die Überraschung von 2019 sein", hieß es von Seiten des Nomura-Teams.

5. Deflation in den Emerging Markets

2019 könnte es in den Emerging Markets zu einem Rückgang des Preisniveaus kommen. Dabei könnte insbesondere der Währungsdruck aus den USA deflationäre Tendenzen fördern, da viele Schwellenländer nur geringe Wachstumsraten aufweisen. Derzeit befinde sich die Inflation in Indien, Brasilien, Indonesien, Russland und Südafrika auf einem historischen Tiefststand. Dies sei ungewöhnlich, so Nomura-Stratege Bilal Hafeez.

6. Erholung der chinesischen Währung

Ebenfalls ein "grauer Schwan" und damit ein wenig wahrscheinliches, aber denkbares Szenario mit marktbewegender Wirkung: Ein Comeback des Chinesischen Yuan. Am Markt herrsche derzeit die Meinung vor, der Yuan werde zum Dollar an Wert verlieren. Doch auch der umgekehrte Fall sei möglich, schreibt Hafeez. Insbesondere dann, wenn die US-Notenbank signalisiere, dass der Anstieg der Leitzinsen langsamer erfolge als bislang prognostiziert, dann könne der Dollar unter Druck geraten, was wiederum den Renminbi stütze.

7. Wirtschaftswachstum beschleunigt sich

Während die Mehrzahl der Wirtschaftsexperten nur gedämpfte Erwartungen an das weltweite Wirtschaftswachstum hat, könnte sich dies auch beschleunigen, schreiben die Nomura-Experten. Tatsächlich gebe es Anzeichen dafür, dass das nächste Jahr ein erfolgreiches für die Weltwirtschaft werden könne. Der US-chinesische Handelsstreit könnte beigelegt werden, die Auswirkungen höherer Ölpreise auf die Konsumausgaben könnten zudem weniger dramatisch ausfallen. "In den letzten Wochen haben Investoren angesichts schwächerer Aktienmärkte, breiterer Kreditspreads, flacherer Renditekurven und eines nach wie vor starken US-Dollar die Aussichten für Wachstum und Profitabilität viel schwächer eingepreist".

8. Deflation in der Eurozone

Nicht nur der Rückgang des Preisniveaus in den Emerging Markets wurde von Nomura als "grauer Schwan" ausgemacht, auch in der Eurozone könnte es 2019 zu einer Deflation kommen. Derzeit liege die Inflation in der Eurozone bei rund einem Prozent und damit deutlich niedriger, als in dieser Phase des Konjunkturzyklus üblich. Würden sich die Wachstumsraten überschlagen, dürften Deflationsrisiken viel schneller als sonst steigen, schreibt das Finanzhaus. "Die Deflation in Europa hätte wichtige Auswirkungen auf die Märkte. Japan stand diesen Herausforderungen während des letzten Abschwungs gegenüber", heißt es.

9. Entfesselte Inflation

Einen weiteren "grauen Schwan" will Nomura bei der Inflationsentwicklung ausgemacht haben. Die Geldentwertung könne 2019 "entfesselt" werden, fürchten die Experten. "Die US-Wirtschaft könnte eine der ersten sein, die bei Vollbeschäftigung einer höheren Inflation ausgesetzt ist". Derzeit gehe man von einem verlangsamten Wirtschaftswachstum aus, was aber, wenn das US-Wachstum aus irgendeinem Grund ihr solides Tempo beibehalte? Dann könnte es Ende 2019 zu einer entfesselten Inflation führen.

Redaktion finanzen.net

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