Höhepunkt überschritten? Deutsche Inflation schwächt sich ab - Tiefster Stand seit August 2022
Niedrigere Benzin- und Heizölpreise drücken die Inflation in Deutschland auf den tiefsten Stand seit August 2022.
Waren und Dienstleistungen kosteten im März durchschnittlich 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte und damit eine erste Schätzung von Ende März bestätigte. Im Januar und Februar hatte die Teuerung noch jeweils bei 8,7 Prozent gelegen. Preistreiber Nummer eins blieben Nahrungsmittel: Sie verteuerten sich um durchschnittlich 22,3 Prozent im Vergleich zum März 2022 und damit stärker als im Februar mit 21,8 Prozent.
Energie kostete nur noch 3,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, nach rund 19 Prozent im Februar. Dabei spielte ein Statistikeffekt eine Rolle. So waren vor einem Jahr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine die Energiepreise in die Höhe geschnellt. Nun werden sie erstmals mit den schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch - das wird als Basiseffekt bezeichnet.
Die meisten Experten halten den Höhepunkt der Inflation mittlerweile für überschritten. Dennoch dürfte die Teuerung zunächst hoch bleiben und die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern schmälern. So erwarten die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem jüngsten Frühjahrsgutachten im Jahresschnitt 2023 eine Inflation von 6,0 Prozent, nach 6,9 Prozent im Vorjahr. Erst 2024 dürfte die Teuerungsrate demnach spürbar auf 2,4 Prozent fallen.
Weniger Unternehmen wollen Preise erhöhen
Weil immer weniger Firmen ihre Preise erhöhen wollen, erwartet das Ifo-Institut einen Rückgang der Inflation. "Die Unternehmen haben einen Großteil ihrer gestiegenen Kosten bereits an die Kunden weitergegeben, gleichzeitig hat die Nachfrage nachgelassen", erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser jüngst. "Damit dürfte die Inflation in den kommenden Monaten langsam zurückgehen."
Auf eine durchgreifende Entspannung bei den Preisen können die Menschen in Deutschland nach Einschätzung von Volkswirten in diesem Jahr aber nicht hoffen. So rechnen beispielsweise führende Wirtschaftsforschungsinstitute mit einer Inflationsrate von 6,0 Prozent im Jahresschnitt. 2022 hatten die Verbraucherpreise nach überarbeiteten Daten des Bundesamtes um 6,9 Prozent zugelegt.
Angeschoben wurde die Inflation nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zunächst vor allem von gestiegenen Energie- und Nahrungsmittelpreisen. Inzwischen gewinnt sie zunehmend an Breite. "Die Inflation ist weiter verbreitet und potenziell hartnäckiger geworden", sagte EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau jüngst. Der Chef der französischen Notenbank verwies auf die Kernrate der Inflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden.
In Deutschland lag die Rate ohne Energie- und Nahrungsmittel im März bei 5,8 Prozent nach 5,7 Prozent im Februar und 5,6 Prozent im Januar. Das zeige, dass die Teuerung auch in anderen Güterbereichen hoch sei, erläuterten die Statistiker. So verteuerten sich zum Beispiel Möbel und Leuchten um 10,3 Prozent.
Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von 2 Prozent an. Diese Zielmarke ist seit Monaten weit entfernt. Im März lag die Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum bei 6,9 Prozent nach 8,5 Prozent im Februar. Die Kernrate stieg von 5,6 Prozent auf 5,7 Prozent. Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Notenbank die Zinsen im Euroraum seit vergangenem Sommer erhöht. Steigende Zinsen können hohen Teuerungsraten entgegenwirken, weil sich Kredite verteuern und das die Nachfrage bremst.
Berlin (Reuters) / dpa-AFX
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