Schlüsseltechnologien für das neue Jahrzehnt
Alternative Energien und -antriebe setzen ihren Siegeszug fort. Welche Technologietrends diese Dekade prägen werden, welche Branchen für Anleger interessant sind.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Was wird die Dampfmaschine der neuen Dekade sein? Diese Frage beschäftigt nicht nur technologieverliebte Anleger, sondern auch Ökonomen, die die langen Wellen der Wirtschaft betrachten. Wie einst Nikolai Kondratieff. Nach dessen Theorie stehen am Anfang eines jeden Zyklus neue technologische Errungenschaften, die zu Trägern eines lang anhaltenden Aufschwungs werden. Von der Erfindung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert bis zur Informationsgesellschaft im 20. Jahrhundert gab es dieser Einteilung nach fünf lange Zyklen.
Ihnen gemeinsam ist, dass sie langfristiges Wohlstandswachstum gebracht haben und dass an ihrem Ende meist eine Krise größeren Ausmaßes stand. Davon ausgehend hat sich Dennis Nacken, Kapitalmarktanalyst bei Allianz Global Investors, die Frage gestellt: „Markiert die Finanzkrise vielleicht die Geburt eines neuen Wohlstandszyklus?“
Die Voraussetzungen für einen „sechsten Kondratieff“ seien durchaus gegeben, stellt Nacken fest. So herrsche derzeit zum Beispiel hoher Überschuss an Finanzkapital. Zum anderen erschöpfe sich das Nutzungspotenzial alter Basisinnovationen. „Informationstechnologie hat ihre gesamtgesellschaftliche Einflussnahme bereits im vergangenen Zyklus erbracht“, so der Analyst. Was nicht bedeute, dass sich keine neuen, profitablen Anwendungsgebiete erschließen ließen. Als Beispiel nennt er den Bereich intelligente Stromnetze, die neben dem herkömmlichen Stromtransport auch Stromeinspeisungen und Stromdatenkommunikation erlauben.
Generell wird das Thema Effizienz und Nachhaltigkeit aufgrund knapper Ressourcen auf dem Energiemarkt immer wichtiger. Thiemo Lang, Manager des Nachhaltigkeitsfonds SAM Smart Energy, ist überzeugt: „Der Trend zu erneuerbaren Energien wird anhalten.“ Zwar kämen auf europäische, insbesondere deutsche Hersteller härtere Zeiten zu, da ein großer Teil der Produktion nach Asien verlagert werde. Und auch die Einspeisevergütungen sinken. Doch: „Der Druck ist wichtig, damit die Solarenergie möglichst schnell auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig wird“, so Lang. Eine besonders gute Position werden seiner Ansicht nach Unternehmen einnehmen, die unter ihrem Dach große Teile der Wertschöpfungskette vereinen. „Firmen, die zum Beispiel keinen Kontakt zum Endkunden haben, sind im Nachteil.“
Nicht jede grüne Firma könnte also die kommenden zehn Jahre überstehen. Der Gesamtmarkt für regenerative Energien jedoch wird gewaltig zulegen. „Die Green-Tech-Märkte werden die klassischen Industriezweige wohl deutlich hinter sich lassen“, sagt Analyst Nacken. „Studien zeigen, dass ab dem Jahr 2020 Umwelttechnologien für die deutsche Wirtschaft größere Bedeutung haben werden als die Automobilindustrie.“
Doch sind auch die Fahrzeughersteller dabei, sich in eine grüne Branche zu wandeln. „Die nächsten drei Jahre werden spannend“, sagt Fondsmanager Lang. Denn in dieser Zeit entstehe ein größerer Markt, der helfen wird, die Produktionskosten bei Batterien deutlich zu senken.
Um Kostensenkung geht es auch bei einem Trend in der Welt der Informationstechnologie, dem sogenannten Cloud Computing. Dahinter steckt die Idee, dass immer mehr Programme und Daten in eine digitale Wolke, sprich auf externe Server, verlagert werden. Unternehmen betreiben ihre Hard- und Software also nicht mehr selbst, sondern nutzen sie gegen entsprechende Gebühr über das Internet. Die Technik dafür – große Speicherleistung und schnelle Datenverbindungen – ist bereits vorhanden. Noch haben viele Unternehmen Bedenken, sensible Informationen aus dem Firmennetzwerk auszulagern. Und auch beim Datenschutz sind noch viele Fragen offen.
Doch der wirtschaftlichen Logik folgend, wird sich der Trend zum Cloud Computing fortsetzen. Der amerikanische Mikroökonomie-Professor Hal Varian spricht davon, dass die Markteintrittsbarrieren für neue Unternehmen deutlich sinken werden. Dadurch, dass Firmen ihre IT nicht mehr selbst kaufen müssen, ließen sich Fixkosten in variable Kosten umwandeln. Das sei speziell für kleine und mittelgroße Unternehmen ein entscheidender Vorteil. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass bereits bis 2012 bis zu 20 Prozent der Unternehmen ohne eigene Firmen-IT auskommen könnten.
Als Profiteure sehen sie vor allem indische IT-Konzerne, die entsprechende Serviceleistungen anbieten. Der weltweite Markt für Cloud Computing soll nach einer Prognose des Analysehauses IDG von 16 Milliarden Dollar 2008 auf ein Volumen von 42 Milliarden Dollar 2012 wachsen – sechsmal so schnell wie der IT-Gesamtmarkt.
Globalisierung – angetrieben durch solch neue IT-Trends –, aber auch die demografische Entwicklung werden die Wende zu einem neuen Wirtschaftszyklus beschleunigen, ist Nacken überzeugt. So erwartet er, dass sowohl der quantitative als auch der qualitative Bedarf an Gesundheitsvorsorge zunehmen werden. Dafür sorgt der steigende Lebensstandard in den Schwellenländern sowie die längere Lebenserwartung der Bevölkerung in den Industriestaaten.
Profiteure sind der Pharmasektor – und in zunehmendem Maße die Biotechnologieunternehmen. Sie werden in diesem Jahrzehnt immer mehr ihren Kinderschuhen entwachsen. Während 2007 nur 30 Prozent der börsennotierten Firmen Gewinne erwirtschafteten, dürfte der Anteil weltweit profitabler Biotechfirmen nach Schätzung von Barclays Research bis 2012 auf mehr als 60 Prozent anwachsen. Für Dennis Nacken jedenfalls hat dieser Bereich „das Potenzial, sich zum Megatrend und damit Träger des sechsten Kondratieffs zu entwickeln“.
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Kondratieff-Zyklen Die langen Wellen der Wirtschaft
Der russische Ökonom Nikolai Kondratieff (1892–1938) forschte auf dem Feld der zyklischen Konjunkturtheorie. Er und seine Nachfolger haben langfristige Wirtschaftsschwankungen in Zyklen von 40 bis 60 Jahren identifiziert, die durch eine technische Erfindung eingeleitet wurden und eine Phase des Wohlstands bescherten.
Allianz dit Global EcoTrends Energie, Umwelt, reines Wasser
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Vitruvius Growth Opportunities Aktiver Technologiefonds
Bei Technologietiteln beweist die Londoner Belgrave Capital, die den Luxemburger Fonds managt, seit Jahren ein gutes Händchen. So ist der Growth Opportunities über ein, drei und fünf Jahre deutlich im Plus. Die Fondsmanager versuchen, durch aktives Trading die für Techaktien typische Volatilität zu reduzieren.
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Bildquellen: BASF