Inklusive Galeria Karstadt Kaufhof: SIGNA Retail will Geschäfte abwickeln - SportScheck ebenfalls insolvent
Die Schweizer Tochter der insolventen SIGNA-Gruppe, die SIGNA Retail Selection AG, hat beschlossen, bei Gericht eine Nachlassstundung zu beantragen.
Die Geschäfte sollen geordnet abgewickelt werden, wie die Firma am Mittwochabend in Zürich mitteilte. Ihr ist auch die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof unterstellt, die damit zum Verkauf stehen dürfte.
Ziel sei, die SIGNA Retail Selection AG abzukoppeln und geordnet zu liquidieren, zitierte das Unternehmen seinen Verwaltungsratspräsidenten Christian Wenger. Das Geschäft solle nun unabhängig von den Insolvenzen der restlichen SIGNA-Gruppe geordnet und transparent abgewickelt werden.
Mit einer Nachlassstundung kann ein Unternehmen einen Konkurs vermeiden und Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Möglich ist auch ein teilweiser Schuldenerlass.
Nach SIGNA-Insolvenz: Kommunalverband für aktive Rolle von Städten
Der Deutsche Städtetag hat nach dem Insolvenzantrag der SIGNA Holding des österreichischen Immobilieninvestors René Benko eine Einbindung auch der Städte gefordert. "Sollte die Insolvenz der SIGNA Holding Auswirkungen auf Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof haben, müssen die betroffenen Städte aktiv in die Gespräche zwischen Gläubigern und Eigentümern, Anteilseignern und Insolvenzverwaltern einbezogen werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, den Zeitungen der Funke-Gruppe.
Darüber hinaus forderte Dedy für Städte Möglichkeiten, sich bei Pleiten betroffene Gebäude zu sichern. "Perspektivisch sollte das Insolvenzrecht so geändert werden, dass die Städte potenziell Zugriff auf zentrale Immobilien bei Insolvenzen bekommen. Dafür müssen aber auch die Eigentümerstrukturen transparent sein", sagte Dedy.
Die SIGNA Holding hatte am Mittwoch ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Genaue Folgen für weitere Tochter-Unternehmen, darunter den Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, sind offen. Die Schweizer SIGNA-Tochter SIGNA Retail Selection AG kündigte an, die Geschäfte geordnet abzuwickeln. Ihr ist die Galeria-Kaufhaussparte unterstellt, die damit zum Verkauf stehen dürfte.
Dedy sagte, noch sei nicht klar, ob die Insolvenz Auswirkungen auf die Galeria-Standorte habe: "Trotzdem beginnt nun wieder das Zittern bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und in den Städten. Gerade die Filialen in zentralen Lagen haben eine Schlüsselfunktion für unsere Innenstädte."
Der Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein, Gerrit Heinemann, warnte vor den Folgen: Mit der Zahlungsunfähigkeit der SIGNA Holding seien auch die Galeria-Häuser in akuter Gefahr. Die von SIGNA zugesagten Zuschüsse zur Rettung der Häuser dürften nicht mehr vollständig fließen, sagte Heinemann der "Rheinischen Post": "Damit schwindet für Galeria die letzte Hoffnung. Nach dem Weihnachtsgeschäft wird sich zeigen, ob Galeria überlebt."
Berliner KaDeWe-Chef: SIGNA-Pleite keine Gefahr für Luxuskaufhaus
Der Berliner KaDeWe-Chef sieht die Insolvenz der SIGNA Holding für das eigene Geschäft gelassen. "Wir sind sehr sicher aufgestellt", sagte der Geschäftsführer der KaDeWe Group, Michael Peterseim, dem "Tagesspiegel" (Donnerstag). Die Schwierigkeiten des Konzerns hätten keine Folgen für das Luxuskaufhaus in der Tauentzienstraße. "Die werden keine Auswirkungen auf uns haben. Das können wir klar ausschließen". SIGNA sei lediglich ein Minderheitsgesellschafter und bei strategischen und operativen Fragestellungen nicht gefragt.
"Häufig wird übersehen, dass wir einen klaren Hauptgesellschafter haben. Der heißt Central Group und steht hinter uns", betonte Peterseim. Der thailändische Handelskonzern habe kürzlich versichert, dass es in Europa im Luxuswarensegment alles tun werde, um das KaDeWe und die anderen Häuser zu stützen. Neben dem Berliner Standort gehören auch zwei Kaufhäuser in Hamburg und München zur KaDeWe-Gruppe.
Die SIGNA Holding GmbH des österreichischen Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko hatte ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding beantragte am Mittwoch nach eigenen Angaben beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung.
SIGNA ist in Berlin an zahlreichen Immobilien in Toplagen beteiligt, etwa am KaDeWe. Die komplex verschachtelte Unternehmensgruppe ist zudem in eine Reihe von Bauprojekten involviert, die laut Medienberichten derzeit stillstehen. Dazu gehören die beiden Karstadt-Standorte in Neukölln und Wedding und ein Hochhausprojekt am Ku'damm.
SIGNA-Tochter SportScheck stellt Insolvenzantrag
Der zur SIGNA-Holding gehörende Sportartikelhändler SportScheck stellt Insolvenzantrag. Das Unternehmen mit bundesweit 34 Filialen und rund 350 Millionen Euro Jahresumsatz teilte am Donnerstag mit, nach dem Insolvenzantrag der SIGNA-Holding sei SportScheck zahlungsunfähig. Die Geschäftsleitung werde im Laufe des Tages beim Amtsgericht München ein Insolvenzverfahren beantragen.
Die im Herbst angekündigte Übernahme von SportScheck durch den britischen Modehändler Frasers Group werde jetzt zwar "erst einmal nicht vollzogen werden; Frasers hält jedoch weiter an seinen Übernahmepläne fest", teilte das Unternehmen mit. Weitere potenzielle Investoren hätten Interesse an der Übernahme von SportScheck bekundet, der Prozess sei nun wieder offen. "Dies stimmt SportScheck zuversichtlich, einen neuen starken Partner zu finden, der dem Unternehmen langfristig Stabilität zusichert."
Alle Filialen, der Kundenservice und der Online-Shop arbeiteten ganz normal weiter. Geschäftsführer Matthias Rucker sagte, die Insolvenz sei bitter, aber auch eine Chance, das Unternehmen mit seinen Vertragspartnern und Gläubigern nachhaltig zu stärken. Der Sanierungs- und Investorenprozess solle spätestens im März abgeschlossen werden.
Handelsexperten glauben nicht an Zukunft von Galeria
Nach der Insolvenz der SIGNA-Holding hat die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof aus Sicht von Handelsexperten geringe Überlebenschancen. Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein etwa kann sich nicht vorstellen, dass ein Investor Interesse haben könnte, den Konzern zu übernehmen. "Die Aussichten sind düster. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten macht das keinen Sinn", sagte Heinemann der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, erwartet eine schwierige Investorensuche. "Zur Niedrigzinszeit wäre ein Eintritt in den deutschen Markt vielleicht für internationale Investoren oder sogar Handelsgruppen interessant gewesen. In der heutigen Markt- und Zinslage gibt es kaum Chancen, einen Käufer zu finden."
Beide Experten können sich aber vorstellen, dass das thailändische Handelsunternehmen Central Group zumindest einzelne Galeria-Standorte in Großstädten übernehmen könnte. Dem Konzern gehören bereits Luxuswarenhäuser, unter anderem das Berliner KaDeWe, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München.
Die SIGNA Holding GmbH des österreichischen Milliardärs René Benko hatte am Mittwoch ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding beantragte nach eigenen Angaben beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung.
Das Schweizer Tochterunternehmen SIGNA Retail Selection AG, zu der auch Galeria zählt, hatte am Mittwoch Gläubigerschutz bei Gericht beantragt. Ziel sei, die Gesellschaft abzukoppeln und geordnet zu liquidieren, zitierte das Unternehmen seinen Verwaltungsratspräsidenten Christian Wenger. Das Geschäft solle unabhängig von den Insolvenzen der restlichen SIGNA-Gruppe geordnet und transparent abgewickelt werden. Der Verwaltungsrat gehe davon aus, sämtliche externen Verbindlichkeiten regeln zu können und die Firmenteile gut organisiert und strukturiert in den kommenden Monaten zu veräußern.
ZÜRICH / BERLIN (dpa-AFX)
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