EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau: Märkte könnten überreagiert haben
Die Reaktionen an den Finanzmärkten auf die Aussagen von EZB-Rat und EZB-Präsidentin Christine Lagarde am vergangenen Donnerstag sind nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Francois Villeroy de Galhau möglicherweise zu stark gewesen.
"Ich würde aus den Ereignissen der letzten Tage nicht ableiten, dass es einen EZB-Kalender gibt, der mit einem zugrunde liegenden Kalender der Märkte übereinstimmt", sagte Villeroy laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg vor dem Finanzausschuss der französischen Nationalversammlung. "Ich denke, dass es in den letzten Tagen vielleicht sehr starke und zu starke Reaktionen gab", fügte er hinzu.
In dem Gespräch mit den Abgeordneten sagte Villeroy demnach wiederholt, dass die EZB die Wahl habe, in welchem Tempo sie zwischen den verschiedenen Schritten der Normalisierung ihrer Geldpolitik wechsele - beginnend mit einem Ende der Nettoanleihekäufe vor Zinserhöhungen. Der Prozess werde auch keine geldpolitische Straffung darstellen, da er nicht über eine "neutrale Ausrichtung" der Politik hinausgehen werde, sagte er.
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag geurteilt, dass die Inflationsrisiken nunmehr aufwärts gerichtet seien. Lagarde hatte ihre Aussage von Dezember, dass ein Zinserhöhung 2022 "sehr unwahrscheinlich" sei, nicht wiederholen wollen. Daraufhin waren Staatsanleiherenditen und -Spreads deutlich gestiegen. Am Geldmarkt werden für 2022 nun mindestens zwei Zinserhöhungen von je 25 Basispunkten eingepreist.
Bei einer Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments hatte Lagarde versucht, die Märkte zu beruhigen, indem sie versicherte, dass die EZB ihre Geldpolitik nicht straffen, sondern nur normalisieren wolle und dabei zudem vorsichtig vorgehen werde.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
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