Elon Musk beschließt 'Amnestie' für gesperrte Twitter-Konten - Abomodell startet probeweise nächste Woche
Twitter-Besitzer Elon Musk hat angekündigt, von dem Kurznachrichtendienst verbannte Accounts in der kommenden Woche grundsätzlich wieder freischalten zu wollen.
Zuvor hatte er Nutzer darüber abstimmen lassen, ob es für gesperrte Konten eine "Generalamnestie" geben soll, wenn diese nicht gegen Gesetze verstoßen oder Spam-Nachrichten verbreitet haben. Eine Mehrheit der teilnehmenden Nutzer sprach sich für eine Reaktivierung aus. "Das Volk hat gesprochen. Nächste Woche beginnt die Amnestie", schrieb Musk am Donnerstagabend in einem Tweet.
Derartige Erhebungen sind nicht repräsentativ. Es ist unklar, ob und wie viele Stimmen von automatisierten Accounts abgegeben wurden. Nach jüngsten Angaben kommt der Dienst auf mehr als 230 Millionen täglich aktive Nutzer. Bei Ablauf der Umfrage am Donnerstagabend waren mehr als 3,1 Millionen Stimmen eingegangen. Mehr als 72 Prozent davon befürworteten die Freischaltung gesperrter Accounts.
Musk hatte Ende Oktober angekündigt, dass vor der Wiederaktivierung von Twitter-Konten ein Rat zum Umgang mit kontroversen Inhalten gebildet werden solle. Am vergangenen Wochenende ließ der Tech-Milliardär dann ohne Gremium nach einer Nutzerumfrage den Account des früheren US-Präsidenten Donald Trump freischalten. Trump war seit Januar 2021 von Twitter verbannt. Er hatte am 6. Januar Sympathie für seine Anhänger bekundet, die den Sitz des US-Parlaments gestürmt hatten.
Die anstößigen Tweets vom 6. Januar fehlen in dem freigeschalteten Profil. Trumps widerlegte Behauptungen über die ihm angeblich von Joe Biden gestohlene Präsidentenwahl sind weiterhin mit Warnhinweisen versehen.
Der republikanische Ex-Präsident hatte erst kürzlich bekanntgegeben, dass er ins Rennen um die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentenwahl 2024 geht - und kann daher eine Plattform mit großer Reichweite gut gebrauchen. Bislang bekräftigte Trump, er wolle bei seiner hauseigenen Twitter-Kopie Truth Social bleiben. Dort bringt es Trump auf etwas mehr als vier Millionen Abonnenten. Bei Twitter folgen dem Profil "@realDonaldTrump" mehr als 87 Millionen Twitter-Nutzer. Von dem Account sind seit der Freischaltung bislang allerdings keine Tweets abgesetzt worden.
Musk hatte Twitter Ende Oktober für rund 44 Milliarden Dollar gekauft. Seit der Übernahme macht dem Unternehmen unter anderem die Zurückhaltung großer Werbekunden zu schaffen. Werbeeinnahmen machten zuletzt rund 90 Prozent der Erlöse aus.
Twitter-Abomodell startet probeweise nächste Woche
Elon Musk startet einen neuen Anlauf für ein Abomodell bei Twitter.
Die überarbeitete Version werde in der kommenden Woche probeweise starten, gab der Milliardär und neue Eigentümer des Kurznachrichtendienstes am Freitag bekannt. Das Premium-Konto beinhalte verschiedenfarbige Haken, der Nutzer als verifiziert ausweise. Gold sei für Unternehmen vorgesehen, grau für Regierungen und blau für einzelne Personen. Bevor ein Konto dieses Siegel erhalte, würden die Nutzer einzeln überprüft.
"Einzelpersonen können ein sekundäres kleines Logo haben, um ihre Zugehörigkeit zu einer Organisation zu zeigen, wenn sie von dieser Organisation als solche bestätigt werden", ergänzte Musk in einem weiteren Tweet. Zu den Kosten machte er zunächst keine Angaben. Anfang des Monats musste er einen ersten Anlauf zur Einführung eines Abomodells nach wenigen Tagen abbrechen, weil gefälschte Accounts wie Pilze aus dem Boden schossen. Für "Twitter Blue" wurden acht Dollar pro Monat fällig.
KEIN STEIN AUF DEM ANDEREN - NUTZER GEHEN AUF DISTANZ
Musk, der unter anderem auch den Elektroautobauer Tesla leitet, krempelt Twitter seit der Übernahme Ende Oktober komplett um. Dabei stößt er mit seinen erratischen Entscheidungen Beschäftigte und Nutzer gleichermaßen vor den Kopf. So sorgen unter anderem die Massen-Entlassungen für Kritik. Es stelle sich die Frage, ob das soziale Netzwerk die verschärften Regeln im Kampf gegen illegale Inhalte auf seiner Plattform einhalten könne, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders. Einem Insider zufolge forderte Reynders von Twitter konkrete Maßnahmen, um dies sicherzustellen. Halten Unternehmen den ab Februar 2024 geltenden "Digital Services Act" nicht ein, drohen ihnen Strafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Parallel dazu kündigte Musk eine Amnestie für bestimmte gesperrte Nutzer an. Dabei soll es sich um Nutzer handeln, die nicht das Gesetz gebrochen oder sich umfangreicher Spamvergehen schuldig gemacht hätten. Musk hatte zuvor bereits den Bann gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump aufgehoben. Dessen Nutzerkonto war nach dem Sturm seiner Anhänger auf das US-Kapitol Anfang 2021 gesperrt worden.
Vor diesem Hintergrund haben mehrere Konzerne ihre Werbe-Aktivitäten und teilweise auch ihre Posts auf Twitter eingestellt. Auch die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung "mit wachsender Sorge". Etliche Ministerien haben bereits Konten bei dem konkurrierenden Kurznachrichtendienst Mastodon.
Musk: Verschiedenfarbige Verifikationshäkchen auf Twitter kommen bald
Twitter-Besitzer (Twitter) Elon Musk hat angekündigt, dass es bei dem Online-Kurznachrichtendienst künftig verschiedenfarbige Verifikationshäkchen geben soll. Voraussichtlich am Freitag kommender Woche werde Twitter mit der Einführung des neuen Modells zur Probe beginnen, schrieb Musk am Freitag auf Twitter. Für Unternehmen seien goldene Häkchen vorgesehen, für Regierungen und Behörden graue Häkchen, für Individuen blaue Häkchen. Vor der Aktivierung der Häkchen würden die Konten manuell verifiziert. "Entschuldigung für die Verzögerung", schrieb Musk.
Anfang des Monats hatte Twitter eine Neuordnung bei der Vergabe der Häkchen eingeführt. Nach diesem Modell bekam das Verifikationshäkchen jeder, der acht Dollar im Monat bezahlte. Eine Identitätsprüfung gab es nicht. Nach einer Welle gefälschter Accounts von Marken und Prominenten wurde die Möglichkeit wieder ausgesetzt. Musk sagte, dass Twitter den Kauf der Häkchen erst wieder ermögliche, wenn die Fälschung von Accounts "mit hoher Wahrscheinlichkeit" vermieden werden könne. Ein neuer Anlauf war ursprünglich am 29. November geplant.
WASHINGTON/SAN FRANCISCO (dpa-AFX) / (Reuters)
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