ByteDance-Aktie: TikTok-Chef stößt vor US-Kongress auf Ablehnung - Wichtigkeit von Datenschutz betont - Verbot in Frankreich
TikTok-Chef Shou Zi Chew ist bei einer Befragung im US-Kongress auf tief sitzendes Misstrauen und Ablehnung gestoßen.
Bei der rund fünfstündigen Anhörung betonten die Demokraten von Präsident Joe Biden und die Republikaner in seltener Eintracht, dass bisherige Schritte zur Abschottung von US-Daten der Kurzvideo-App vom aus China stammenden Mutterkonzern BytenDance ihnen nicht ausreichten. Ein zentrales Thema am Donnerstag waren die Eigentumsverhältnisse.
"TikTok muss ein amerikanisches Unternehmen mit amerikanischen Werten werden und die Verbindungen zur chinesischen Kommunistischen Partei kappen", sagte etwa der demokratische Abgeordnete Darren Soto. Auch die Republikanerin Marianette Miller-Meeks betonte, die Technologie anderer Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter werde "in den USA, nach US-Richtlinien, unter US-Gesetzen zum Datenschutz entwickelt". Shou Zi Chew verwies seinerseits auf Probleme von US-Plattformen beim Datenschutz wie den Facebook-Skandal um Cambridge Analytica.
TikTok betont, man sei keine Tochter eines chinesischen Konzerns, da Bytedance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und der offizielle Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik liege. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe. Laut Medienberichten fordert die US-Regierung einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner.
TikTok zeigte sich enttäuscht über den Verlauf der Anhörung, bei der Shou Zi Chew oft von Abgeordneten unterbrochen wurde und nicht zu deren Vorwürfen Stellung nehmen konnte. Der Tag sei von "politischer Effekthascherei dominiert" worden, sagte eine Sprecherin. Dabei seien "die wirklichen Lösungen" nicht angesprochen worden.
Der TikTok-Chef hatte versuchte, die Abgeordneten mit einem Plan mit dem Namen "Projekt Texas" zu überzeugen. Dabei sollen Daten von US-Nutzern auf Servern in den USA gespeichert und der Zugang dazu eingeschränkt und kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass jede Aktualisierung der App vom US-Softwarekonzern Oracle geprüft wird, bevor sie an die Nutzer geht.
Der ranghöchste Demokrat im Handelsausschuss, Frank Pallone, entgegnete, der Datensilo-Plan sei "einfach nicht akzeptabel". Er glaube, "dass die kommunistische Regierung in Peking alles, was sie tun kontrollieren und beeinflussen wird", sagte er dem TikTok-Chef.
Shou Zi Chew bestritt die Vorwürfe, ging Konfrontationen aber auch oft aus dem Weg, indem er anbot, Informationen später nachzuliefern. Die Frage, wieso die chinesische Regierung ankündigte, einen Zwangsverkauf von TikTok verhindern zu wollen, wenn Bytedance kein chinesisches Unternehmen sei, beantwortete er nicht.
In der App kann man von einem kurzen Video zum nächsten scrollen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist der Software-Algorithmus, der Clips für jeden Nutzer individuell auswählt und ständig an ihre Vorlieben anpasst. Dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob man ein Video bis zum Schluss angeschaut oder sofort weitergeblättert hat. Am Ende hat die Software eine gute Vorstellung von den Interessen der Nutzer. Eine der Sorgen im Westen ist, dass dieser Datenschatz missbraucht werden könnte.
Bei der Anhörung fragte etwa der Republikaner John Curtis, ob mit den Daten ein Algorithmus entwickelt werden könne, "der mich überzeugen könnte, die Meinung zu einem politischen Thema zu ändern". Shou Zi Chew fing mit einer ausweichenden Antwort darauf an, wurde aber unterbrochen.
China nach US-Anhörung von TikTok-Chef - Datenschutz ist uns sehr wichtig
China legt nach Angaben des Außenministeriums viel Wert auf Datenschutz und -sicherheit.China habe nie und werde auch nie Firmen um die Offenlegung von Daten bitten, die im Ausland gespeichert sind, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag. Das Amt reagierte damit auf Fragen nach der Anhörung von TikTok-Chef Shou Zi Chew tags zuvor vor dem Energie- und Handelsausschuss des US-Repräsentantenhauses. Die USA befürchten mögliche Datenspionage.
Chew versuchte, den Verdacht zu entkräften und ein Komplett-Verbot der vor allem bei Jugendlichen beliebten Kurzvideo-Plattform in den USA abzuwenden. "Wir fördern oder entfernen keine Inhalte auf Verlangen der chinesischen Regierung", sagte er und bekräftigte, dass sein Unternehmen in Bezug auf Inhalte keine Weisungen der chinesischen Regierung entgegennehme. "Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir TikTok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten." Wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzerdaten haben zahlreiche Staaten die App von Diensthandys verbannt.
TikTok und China wehren sich gegen US-Spionagevorwurf
Die Video-App TikTok und China haben den US-Vorwurf der Datenspionage erneut weit von sich gewiesen.Die Regierung in Peking lege viel Wert auf Datenschutz und -sicherheit, teilte das dortige Außenministerium am Freitag mit und reagierte damit auf die jüngste Anhörung von TikTok-Chef Shou Zi Chew vor dem US-Kongress. China habe nie und werde auch nie Firmen um die Offenlegung von Daten bitten.
Am Donnerstag hatte sich Chew vor dem Energie- und Handelsausschuss des Repräsentantenhauses ähnlich geäußert. "Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir TikTok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten." Er verwies zudem auf milliardenschwere Investitionen zum Schutz der Daten der 150 Millionen US-Nutzer. Diese würden im Land gespeichert und von externem Zugriff abgeschirmt. Die für seine kurzen Tanzvideos bekannt App ist vor allem bei Jugendlichen äußerst beliebt.
"WERKZEUG CHINAS"
Die US-Parlamentarier überzeugte dies nicht. Sie sehen TikTok als Werkzeug der Kommunistischen Partei Chinas, um Daten von US-Nutzern auszuspionieren und die mentale Gesundheit von Jugendlichen zu gefährden. "TikTok könnte so konzipiert werden, dass Schaden für Kinder minimiert wird", kritisierte Kathy Castor, ein Ausschuss-Mitglied von der demokratischen Partei. "Stattdessen wurde beschlossen, Kinder im Namen des Profits abhängig zu machen."
Analyst Dan Ives vom Vermögensverwalter Wedbush wertete die Anhörung Chews als "kleines Desaster". "TikTok ist jetzt das Aushängeschild für die Spannungen zwischen den USA und China. Die Parlamentarier haben viele Fragen, auf die es nicht genügend konkrete Antworten gibt." Dabei sei TikTok nur die Spitze des Eisbergs, warnte Frank Johnson, Manager bei der Cybersicherheitsfirma Lookout. "Derzeit sind mehr als neun Millionen Apps im Lookout-Datenbestand identifiziert, die mit IP-Adressen, Domains oder Servern in China kommunizieren."
TIKTOK DROHT KOMPLETT-VERBOT IN DEN USA
Dadurch wächst in den USA der Druck, TikTok und andere Apps komplett zu verbieten. Von staatlichen US-Diensthandys wurde TikTok bereits verbannt. Im Kongress kursieren erste Gesetzes-Entwürfe, nachdem 2020 Verbotsdekrete des damaligen US-Präsidenten Donald Trump von Gerichten gekippt worden waren. Bis zur Verabschiedung und Umsetzung werden aber wohl zahlreiche Monate vergehen. Denn die Hürden sind Experten zufolge hoch, weil ein solches Gesetz die Meinungsfreiheit einschränke.
Ähnlich wie Trump vor einigen Jahren fordert die Regierung von US-Präsident Joe Biden einen Verkauf von TikTok durch die chinesische Mutter ByteDance, um einen Bann abzuwenden. Sowohl Chew als auch die chinesische Regierung haben dies wiederholt abgelehnt.
Frankreich verbietet TikTok auf Diensthandys von Staatsbediensteten
Frankreich will die Kurzvideo-App Tiktok von den Diensthandys aller Staatsbediensteten verbannen. Diese Anwendungen hätten nicht das nötige Niveau an Cybersicherheit und Datenschutz, teilte das zuständige Ministerium am Freitag mit. Neben Tiktok sollen auch Twitter, Instagram oder Netflix untersagt werden. Das Verbot soll unverzüglich in Kraft treten.
Frankreich ist mit diesem Schritt nicht allein. Unter anderem in den USA, Deutschland und Großbritannien ist Tiktok auf Diensthandys von Regierungsmitarbeitern verboten, auch bei der EU-Kommission. In den USA wird derzeit über ein Verbot des vor allem bei Jugendlichen beliebten Dienstes diskutiert. Weltweit hat die App mehr als eine Milliarde Nutzer.
Auch die Parlamentsverwaltung in der Slowakei untersagt die Nutzung von Tiktok für alle Mitarbeiter. Das geht aus einer Mitteilung der Parlamentsdirektion hervor, aus der die Nachrichtenagentur TASR am Freitag zitierte. Die Anwendung werde in der kompletten Infrastruktur des Parlaments blockiert, so dass sich auch mobile Geräte, die die App installiert haben, nicht mehr mit dem Computernetzwerk des Parlaments verbinden können. Tiktok sammle "unangemessen große Mengen an Informationen". Diese könnten "für einen gezielten Cyber-Angriff genutzt werden", warnte die Parlamentsdirektion.
Tiktok steht zunehmend unter Druck, weil die Plattform zum aus China stammenden Bytedance-Konzern gehört. In den USA und Europa wird die Sorge geäußert, dass chinesische Behörden und Geheimdienste über Tiktok Daten über Nutzer sammeln oder sie beeinflussen könnten. Tiktok weist die Verdächtigungen zurück.
WASHINGTON / PEKING (dpa-AFX / Reuters)
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