Stimmung kippt nach EZB-Signalen: Warum der DAX-Rekord über 17.000 Punkten nicht hielt
War das Sentiment zur Wochenmitte noch verhalten, schaffte der DAX am Donnerstag zum Start ein neues Allzeithoch über der historischen Marke von 17.000 Punkten. Was den Index zunächst anschob und warum er letztlich doch Federn ließ.
Der DAX setzte seine jüngste Erholung - nach einer kleinen Verschnaufpause am Vortag - zunächst auch am Donnerstag fort. Zum Start stand ein Plus von 1,09 Prozent auf 16.948,79 Punkte an der Kurstafel. Damit markierte das Börsenbarometer direkt ein neues Rekordhoch. Auch anschließend ging es weiter aufwärts: Zeitweise überstieg das Börsenbarmeter zum ersten Mal überhaupt in der DAX-Geschichte die Marke von 17.000 Zählern. Das Allzeithoch liegt somit nun bei 17.003,28 Punkten.
Am Nachmittag nahmen Anleger jedoch mit Blick auf die EZB-Signale Gewinne mit und schickten das Börsenbarometer letztlich unter die Nulllinie - mit einem marginalen Abschlag von 0,08 Prozent auf 16.752,23 Punkte.
US-Zinsentscheid vom Vorabend beflügelt DAX
Mit dem Signal für wohl etwa drei Zinssenkungen 2024 hat die US-Notenbank Fed die Hoffnungen der Anleger erfüllt und dem DAX zunächst Schwung verliehen. "Die einfache Botschaft der Fed-Sitzung lautet: In Anbetracht merklich gefallener Inflationsraten bedarf es keiner Leitzinsen von über 5 Prozent mehr", erklärte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die Notenbanker seien den Vorstellungen der Finanzmärkte gefolgt, die bereits sinkende Zinsen eingepreist haben. Die neue Wirtschaftsprognose der Fed deutet aber darauf hin, dass im kommenden Jahr die Zinsen sogar stärker gesenkt werden als bisher prognostiziert.
Eine "geldpolitische Sensation" nennt Eckhard Schulte, Chef des Vermögensverwalters MainSky Asset Management, den Fed-Entscheid mit einer 180-Grad-Wende ihrer Politik. Die Notenbank habe den sogenannten Pivot, also den Wendepunkt in den Leitzinsen, nun offiziell gemacht und die Märkte auf Zinssenkungen um insgesamt 75 Basispunkte 2024 eingestellt. Zudem habe sie ihre Inflationsprognosen für die kommenden beiden Jahre gesenkt.
EZB am Donnerstagnachmittag bremst Leitindex DAX aus
Unterdessen hat die Europäische Zentralbank den Leitzins wie erwartet bei 4,5 Prozent belassen. Die Entscheidung war im Vorfeld von einigen Volkswirten erwartet worden. Damit haben die Euro-Währungshüter die Zinsen zum zweiten Mal in Folge nicht weiter erhöht. Doch nach den Begleitaussagen der Chef-Währungshüterin Christine Lagarde begannen Börsianer damit, ihre Zinswetten für 2024 etwas geringer anzusetzen, was die DAX-Gewinne schmelzen ließ.
In der Spitze war der DAX im frühen Handel erstmals in seiner Geschichte über die 17.000-Punkte-Marke vorgedrungen. Als Treiber dafür galten klare Signale der US-Notenbank Fed für voraussichtlich mehrere Zinssenkungen im Jahr 2024, die an der Wall Street einen Rekordlauf in Gang brachten. Von der EZB waren die Worte am Donnerstag allerdings weniger deutlich. Am Markt hieß es, die Anleger preisten nun für 2024 in der Eurozone eine Senkung des Leitzinses um weniger als 150 Basispunkte ein. Zuletzt galt dieser Satz am Markt schon als vorweg genommen.
Am Finanzmarkt wird angesichts einer zuletzt deutlich abebbenden Inflation bereits auf eine erste Zinssenkung im Frühjahr 2024 gewettet. Experten mahnten zu Vorsicht. "Hoffentlich belässt die EZB ihre Leitzinsen lange genug auf dem derzeitigen Niveau. Sie darf nicht wegen ein paar überraschend niedriger Inflationsdaten einknicken", sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. "Denn die Inflation sinkt vor allem deshalb, weil die massiven Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln sowie die Materialengpässe abebben. All das bremst zurzeit sogar die Preise für Dienstleistungen." Wegen der stark steigenden Löhne dürfte sich die Inflation 2024 allerdings eher bei drei als bei den von der EZB angepeilten zwei Prozent einpendeln.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX / Dow Jones Newswires / Reuters
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