Drehkreuz Dubai: Welche Airline am meisten profitiert
Der Nahe Osten ist der wichtigste Markt für die Flugzeugbauer Boeing und Airbus - und ihr schärfster Konkurrent. Das belegt nun auch eine Studie.
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von G. Al-Fil und P. Schweizer, Euro am Sonntag
Der Countdown für die Luftfahrtmesse Dubai Air Show läuft: Weniger als neun Monate dauert es bis zur alle zwei Jahre stattfindenden Branchenshow im Wüstenstaat. Dieser rüstet sich ohnehin gerade für einen Besucheransturm aus aller Welt. Wenn im Jahr 2020 in Dubai die Weltausstellung Expo stattfindet, sollen 20 Millionen Touristen und damit "doppelt so viele wie 2012", ins Land kommen, kündigte Regent Scheich Mohammed an.
Dessen Onkel, der stets milde lächelnde Scheich Ahmed Bin Saeed Al-Maktoum soll als Chairman der staatlichen Fluggesellschaft Emirates die notwendigen Kapazitäten für den Besucheransturm aufbauen. Bereits jetzt ist Emirates mit 140 bestellten Airbus A 380 der mit Abstand größte Käufer des Superflugzeugs. Mit 232 Maschinen fliegt Emirates 147 Ziele auf allen Kontinenten an, keine Airline wächst schneller. 45,2 Millionen Passagiere hießen die Flugbegleiterinnen mit dem markanten Schleier im vergangenen Jahr an Bord willkommen.
Für die Manager von Airbus und Boeing dürfte sich die weite Anreise zur Dubai Air Show, die von 8. bis 12. November stattfindet, vermutlich auch dieses Mal lohnen: Bei der letzten Messe im Jahr 2013 sammelten sie so viele Aufträge ein, dass die Produktion auf Jahre hinaus ausgelastet ist. Nach Listenpreis summierte sich die Bestellung auf 170 Milliarden US-Dollar.
Deutsche Arbeitsplätze gesichert
Boeing heimste die größte Flugzeugbestellung der Geschichte ein: Als Erstkunde bestellte Emirates auf einen Schlag 150 der neuen Langstreckenflieger 777X mit bis zu 400 Sitzen für einen Listenpreis von 76 Milliarden Dollar. Außerdem orderte Emirates gleich noch 50 weitere doppelstöckige Airbus A 380 mit jeweils mehr als 500 Sitzen. In Deutschland sicherte das laut Airbus 11.000 Arbeitsplätze. Zum Vergleich: Die Lufthansa wollte ihre A 380-Flotte zum damaligen Zeitpunkt nur noch auf 14 Maschinen ausbauen.Die arabischen Airlines können bei ihrem Bestreben auf die gut gefüllten Geldschatullen der Herrscherfamilien zurückgreifen. Vor allem Scheich Al-Maktoum treibt seit Jahren mit ungebremstem Elan seine Pläne voran, Emirates zur führenden Airline und Dubai zum Weltumsteigeflughafen zwischen Europa und Asien zu machen. Praktisch für den Scheich: Als Chef des Flughafens, Präsident der Luftfahrtbehörde und Vorsitzender von Emirates hat er das uneingeschränkte Sagen.
"Der Nahe Osten wächst schneller als der weltweite Luftfahrtmarkt", hatte Boeings Verkaufschef für die Region, Marty Bentrott, schon 2013 gesagt. Dieser Trend dürfte anhalten. Speziell für europäische Passagiere kann sich dadurch in Zukunft einiges ändern. "London, Paris und Frankfurt könnten als zentrale Drehscheiben weiter verlieren", sagt Luftfahrtexperte Peter Pletschacher vom Aviatic Verlag. Emirates steuert München, Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf an und verbindet die Städte mit seinem Heimatdrehkreuz. In Berlin landet Emirates bislang nicht. Wettbewerber Etihad versucht allerdings, über die Beteiligung an Air Berlin dort einen Fuß auf den Boden zu bekommen.
Schneller Ausbau der Kapazitäten
Das rekord- und profilierungssüchtige Emirat Dubai, Heimat des höchsten Wolkenkratzers der Welt, des 828 Meter hohen Burj Khalifa, greift derweil nach dem nächsten Superlativ: 90 Prozent der in dem Emirat landenden Passagiere bleiben gar nicht in Dubai, sondern nutzen den Airport lediglich zur Weiterreise. Schließlich ist man in acht Stunden in London, Peking oder Johannesburg - keine Region liegt zentraler. Schon wird der im Juni 2010 eröffnete neue Flughafen Al-Maktoum International, benannt nach der Herrscherfamilie, im Eiltempo ausgebaut, rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche. Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften gibt es in Dubai nicht. Mehr als 160 Millionen Passagiere pro Jahr sollen hier in zehn Jahren landen, zwölf Millionen Tonnen Fracht abgefertigt werden.Auch Abu Dhabi und Saudi-Arabien bauen ihre Luftdrehkreuze aus. Und die Herrscher in den Golfstaaten geben sich längst nicht mehr nur mit dem Betrieb von Flugzeugen zufrieden. Sie wollen daran mitbauen. Tochtergesellschaften der staatlich kontrollierten Investmentgesellschaft Mubadala aus Abu Dhabi haben sich Milliardenaufträge für Boeings Prestigejets 777X und 787 Dreamliner gesichert. Ziel: Die Emirates wollen zu einem bedeutenden Zulieferer der Industrie aufsteigen.
Konkurrenz für US-Airlines
Eine aktuelle Studie belegt die Konkurrenz: Schnell wachsende Fluglinien vom Golf machen US-Airlines erhebliche Marktanteile streitig. Der Anteil der Buchungen von Delta, United Airlines und American Airlines auf Strecken nach Süd- und Südostasien fiel seit 2008 um fünf Prozentpunkte auf 34 Prozent.Gleichzeitig überholten die Golf-Airlines die Amerikaner: Qatar Airways, Etihad und Emirates sicherten sich auf den Strecken mittlerweile 40 Prozent der Passagiere - vor sieben Jahren waren es noch zwölf Prozent. Europäische Fluglinien, allen voran die Marktführer Lufthansa und Air France, beklagen seit Längerem den aus ihrer Sicht unfairen Wettbewerb durch die staatlichen Linien von der arabischen Halbinsel.
Die Golfländer hätten ihren Airlines seit 2004 mit mehr als 40 Milliarden Dollar unter die Arme gegriffen, lautet der Vorwurf der von US-Fluggesellschaften in Auftrag gegebenen Studie. Das Geld sei etwa in Form von Krediten und Steuererleichterungen geflossen. "Aus unserer Sicht konkurrieren wir nicht mit Privatunternehmen, sondern mit Regierungen", sagt Delta-Justiziar Ben Hirst. Topmanager der Golf-Airlines weisen die Vorwürfe zurück. "Wir haben kein Problem mit Wettbewerb. Wir mögen ihn sogar", entgegnet Emirates-Chef Tim Clark.
Unterdessen wird auch das Reich der Mitte für die Araber immer interessanter. Chinesische Topfirmen strömen an den Golf, Dubais Banken bieten allesamt Dienstleistungen mit dem Renminbi an. Doch Chinas Himmel ist nicht grenzenlos. "Wenn uns Chinas Flugaufsicht mehr Landerechte einräumte, würden wir sofort mehr Ziele dort anfliegen", sagte Clark. Als erster Low-Cost-Flieger aus Nahost soll Air Arabia nach Urumqi in China fliegen. Für Arabiens Luftfahrt geht die Sonne immer mehr im Osten auf.
Investor-Info
Flughafen Dubai
Starkes Wachstum
Der Flughafen Dubai wird ein immer wichtigeres Drehkreuz im internationalen Luftverkehr. Auf Flügen zwischen Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum oder Teilen Afrikas wird hier häufig ein Zwischenstopp eingelegt. Zudem wächst der Tourismus in Dubai rasant, was weitere Passagiere anzieht.
Airbus
Zweifel verflogen
Grundsätzlich profitieren die Flugzeugbauer von weltweit steigenden Passagierzahlen und der Tatsache, dass viele Airlines auf spritsparendere Flieger umrüsten. Der sinkende Ölpreis sorgte zwischenzeitlich für Zweifel, ob der Trend zu kostengünstigeren Flugzeugen anhalten wird. Bei Airbus kommt hinzu, dass sich der Verkauf des Superfliegers A 380 schlechter entwickelt als erwartet. Unter diesen Unsicherheiten litt Ende 2014 die Airbus-Aktie. Inzwischen sind die Zweifel verflogen und die Aktie im Aufwärtstrend. Airbus gilt als klarer Gewinner des günstigen Euro, die Auftragslage ist gut. Fundamental ist die Aktie zwar nicht mehr günstig, dennoch dürfte der positive Trend anhalten. Zahlen gibt es am 27. Februar.
Boeing
Gut, aber teuer
Die Aktie des großen Airbus-Konkurrenten aus den USA ist seit Dezember im Steigflug. Das hat Gründe: Das Unternehmen, das nächstes Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, hat seine Dreamliner-Probleme offenbar überwunden und im abgelaufenen Geschäftsjahr Umsatz, Gewinn und Flugzeugauslieferungen auf Rekordniveaus gesteigert. 2015 soll es noch besser laufen. Während Airbus im vergangenen Jahr auf 629 Auslieferungen kam, lieferte Boeing 723 Flugzeuge aus. Mittelfristig sollen es 900 werden. Auch bei der Marge sind die Amis deutlich besser als Airbus. Diese Entwicklung zeigt sich auch am Kursverlauf. Seit zwei Jahren läuft die Boeing-Aktie deutlich besser als die Anteilscheine von Airbus. Fundamental ist die Aktie inzwischen aber teurer als Airbus, zudem belastet ein dauerhaft niedriger Dollar. €uro am Sonntag sieht auf längere Zeit daher mehr Chancen bei der Airbus-Aktie.
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