EZB-Chef Draghi signalisiert langsame geldpolitische Wende
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird sich bei ihrer absehbaren geldpolitischen Wende viel Zeit lassen.
Das legen Bemerkungen von EZB-Präsident Mario Draghi während einer Konferenz am Mittwoch in Frankfurt nah. So stellte Draghi klar, dass die Notenbank ihre extrem lockere Geldpolitik erst dann etwas zurücknehmen werde, wenn sich die Inflationsentwicklung nachhaltig ihrem Preisziel annähere. Und selbst nach Beendigung der Käufe werde die geldpolitische Ausrichtung vorsichtig bleiben.
"Es gibt eine sehr klare Bedingung für uns, die Netto-Anleihekäufe zu beenden", sagte Draghi. "Wir müssen eine nachhaltige Anpassung des Inflationspfads an unser Ziel sehen, was mittelfristig einer Inflationsrate von unter, aber nahe zwei Prozent entspricht." Draghi unterstrich, dass nicht die aktuelle Inflationsentwicklung entscheidend sei, sondern dass vielmehr die absehbare Inflationsentwicklung in der mittleren Frist relevant sei. "Eine nachhaltige Anpassung ist ein nach vorne gerichtetes Konzept."
Der EZB-Chef betonte, dass auch nach Beendigung der Anleihekäufe die Geldpolitik eine ganze Zeit lang locker bleiben werde. Er verwies zum einen darauf, dass die Notenbank auch nach dem Ende der Wertpapierkäufe am Markt bleiben werde, um ihren Anleihebestand konstant hoch zu halten. Die Höhe dieser bereits begonnenen "Reinvestitionspolitik" bezifferte Draghi allein von März 2018 bis Februar 2019 auf 167 Milliarden Euro. Zum anderen bekräftigte er, dass Zinsanhebungen erst eine ganze Zeit nach Beendigung der Anleihekäufe anstünden.
Daghi würdigte die robuste wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum. Auch erkannte er an, dass sich die Inflation in die richtige Richtung bewege, also steige. Allerdings sei diese Entwicklung noch nicht nachhaltig genug. "Speziell bleibt die Entwicklung der unterliegenden Inflation verglichen mit früheren Erholungsphasen gedämpft." Die unterliegende Inflation klammert einige volatile Komponenten aus. Sie gilt daher als verlässlicher als die Gesamtteuerung.
Wirtschaftliche Risiken sieht Draghi ebenfalls und nannte zweierlei: Zum einen könnten sich die unlängst beschlossenen Importzölle der USA negativ auswirken. Zwar seien die direkten Auswirkungen auf die Eurozone eher gering. Handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen und Vertrauensverluste etwa auf Unternehmensseite würden die Effekte aber verstärken. Als zweites Risiko nannte Draghi den stärkeren Euro, der die Inflation über günstigere Importe dämpfen könnte.
Aktuell kauft die EZB Wertpapiere, überwiegend Staatsanleihen, im Wert von 30 Milliarden Euro je Monat. Nach aktuellem Stand sollen diese Käufe, die im März 2015 begonnen wurden, bis mindestens Ende September laufen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Notenbank Wertpapiere von rund 2,5 Billionen Euro gekauft haben. Die Leitzinsen der Notenbank kleben seit längerem an der Nulllinie.
Was nach September geschieht, ist bislang unklar. Einige Fachleute erwarten ein abruptes Ende der Wertpapierkäufe, andere Experten gehen von einem schrittweisen Auslaufen aus. Grundsätzlich wird ein Kaufstopp um die Jahreswende 2018/19 herum erwartet. Zinsanhebungen dürften dann frühestens im kommenden Jahr erfolgen./bgf/jkr/stk
FRANKFURT (dpa-AFX)
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