"Dr. Doom" Nouriel Roubini warnt vor zu viel Optimismus am Aktienmarkt
In den letzten Monaten haben die Aktienmärkte eine beachtliche Rally hingelegt. Doch der angesehene Ökonom Nouriel Roubini - bekannt für seine pessimistischen Prognosen - warnt vor zu viel Optimismus.
Der Professor für Ökonomie an der renommierten Stern School of Business sieht zahlreiche Gründe, warum sich die jüngste Rally fortsetzen könnte: Eine Stabilisierung der chinesischen Wirtschaft, die Hoffnung auf eine rasche Einigung im US-chinesischen Handelskonflikt, die Erwartungen hinsichtlich eines stärkeren globalen Wachstums in der zweiten Jahreshälfte, die Abwendung eines harten Brexits, eine lockere Geldpolitik verschiedener Notenbanken - einschließlich der Fed -, sowie der für Donald Trump erfreuliche Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller, der den US-Präsidenten vom Vorwurf der kriminellen Verschwörung entlastet.
Doch das ist laut Roubini nur die eine Seite. Der Ökonomie-Professor hatte als einer der ersten die Finanzkrise vorausgesagt und sich damit den Spitznamen "Dr. Doom" eingehandelt. Und auch jetzt blieb der Krisenprophet in einem auf "MarketWatch" veröffentlichten Beitrag seinen pessimistischen Wirtschaftsaussichten treu. So erklärte der Starökonom, dass die zuvor erwähnten positiven Möglichkeiten seiner Meinung nach bereits in den Kursen eingepreist sind, während eine Reihe anderer Faktoren eine Korrektur am Aktienmarkt auslösen könnten.
Zahlreiche Risikofaktoren
Roubini zählt acht potentielle Gefahren auf, die Anleger dazu bringen könnten, Risiken zu meiden und sich vom Aktienmarkt abzuwenden:
Erstens seien die Kurs-Gewinn-Verhältnisse derzeit hoch, besonders bei US-Aktien. Deshalb könnte schon ein moderater negativer Schock eine Korrektur auslösen. Zweitens sieht der Ökonomie-Professor erhöhte Risiken in Zusammenhang mit dem Umfang und der Zusammensetzung der Verschuldung von US-Unternehmen. Vor diesem Hintergrund könne jeder Hinweis auf eine drohende Wachstumsverlangsamung zu einer plötzlichen Steigerung der Kapitalkosten hochverschuldeter Unternehmen führen.
Darüber hinaus warnt der Krisenprophet davor, dass die Geldpolitik der US-Notenbank nicht so taubenhaft sein könnte, wie dies manche Marktteilnehmer erwarten. So könnte eine Entscheidung der Fed, den Leitzins nicht zu senken, für einige überraschend kommen und eine Korrektur auslösen.
Ein vierter Risikofaktor sei der Handelsstreit mit China. Nouriel Roubini warnt hier vor falscher Hoffnung. Selbst wenn ein Deal zustande komme, könne der Konflikt erneut eskalieren, falls sich beide Parteien nicht vertrauen, die Vereinbarungen einzuhalten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Trump auch noch einen Handelsstreit mit der EU beginne.
Fünftens gab Roubini zu bedenken, dass das europäische Wachstum sehr fragil sei und von zahlreichen Entwicklungen gedämpft werden könnte, wie beispielsweise eine Stärkung der Populisten bei den anstehenden Europawahlen oder eine politische bzw. wirtschaftliche Krise in Italien.
Auch die Schwellenländer seien in hohem Maße politischen Risiken ausgesetzt, führt Roubini als sechstes Argument an. Fragil seien etwa - in aufsteigender Reihenfolge - Mexiko, Brasilien, Argentinien, die Türkei, der Iran, und Venezuela.
Siebtens sieht der Ökonom die Gefahr, dass Trump auf den Mueller-Bericht nicht mit Umsicht, sondern wachsender Aggression reagiert. Mit den Präsidentschaftswahlen in 2020 vor Augen, könnte er seine Streitigkeiten mit den Handelspartnern der USA, den Demokraten und der Fed verschärfen.
Zum Schluss erklärte Roubini, dass sich die Märkte weiterhin in einer Welt geringen potentiellen Wachstums befänden. Diese "Neue Mittelmäßigkeit" fuße auf einer hohen öffentlichen und privaten Verschuldung, einem wachsenden Ungleichgewicht sowie zunehmenden geopolitischen Risiken. Auch der verbreitete Widerstand der Populisten gegen die Globalisierung, Migration und Technologien werden seiner Meinung nach negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Märkte haben.
Korrektur voraus!
Angesichts dieser zahlreichen Gefahren kommt der Starökonom zu dem Schluss, dass sich die gute Entwicklung am Aktienmarkt zwar durchaus bis zum Jahresende fortsetzen könnte, dass es aber eine volatile und wankelmütige Angelegenheit bleiben dürfte.
Sollte es aber zu Enttäuschungen kommen, könnte dies ein zurückhaltendes Verhalten der Anleger und womöglich sogar eine starke Korrektur auslösen. Die Frage sei nicht ob, sondern wann es passieren wird, ist sich "Dr. Doom" sicher.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: Who is Danny / Shutterstock.com, conrado / Shutterstock.com