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Wahl in Frankreich: Frankreichs Unternehmen bereiten sich auf Worst-Case-Szenario vor

23.04.17 18:49 Uhr

Wahl in Frankreich: Frankreichs Unternehmen bereiten sich auf Worst-Case-Szenario vor | finanzen.net

Die Präsidentschaftswahl in Frankreich gilt als Schicksalswahl für Europa. Und weil der Ausgang völlig offen ist, bereiten sich französische Unternehmen heimlich auf das Worst-Case-Szenario vor.

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In den letzten Wochen sind die Präsidentschaftskandidaten in den Umfragen immer enger zusammengerückt. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage von Ipsos-Sopra Steria können sich vier Kandidaten Hoffnungen auf einen Einzug in die sicherlich stattfindende Stichwahl machen. Demnach liegen der Sozialliberale Emmanuel Macron mit 23 Prozent und die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit 22,5 Prozent leicht in Führung. Knapp dahinter folgen der Konservative François Fillon mit 19,5 Prozent und der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 19 Prozent. Allerdings gaben 28 Prozent der Befragten an, noch unentschlossen zu sein.

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Kann in der ersten Wahlrunde am Sonntag kein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, kommt es am 7. Mai zu einer Stichwahl zwischen den beiden stärksten Bewerbern. Angesichts der jüngsten Umfragen wächst die Gefahr, dass es im Mai zu dem von den Märkten gefürchteten Showdown zwischen Marine Le Pen und dem links außen positionierten Jean-Luc Mélenchon kommen könnte.

Trump: Anschlag von Paris wird Wahl beeinflussen

Verkompliziert wird die Situation noch durch einen neuen Terrorakt. Am Donnerstagabend hat ein Attentäter auf dem Pariser Prachtboulevard Champs-Elysees auf Polizisten geschossen und dabei einen der Beamten getötet.

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So kurz vor der Präsidentschaftswahl kam dieser Anschlag, den der "Islamische Staat" für sich reklamiert hat, zu einem sensiblen Zeitpunkt. Dieser Ansicht ist unter anderem auch US-Präsident Trump: "Ein weiterer Terroranschlag in Paris. Das französische Volk wird das nicht viel länger hinnehmen", twitterte Donald Trump. Der Angriff werde "einen großen Einfluss auf die Präsidentschaftswahl" haben.

Der Worst-Case-Wahlausgang

Der aus Marktsicht schlechteste Ausgang wäre eine Stichwahl zwischen Le Pen und Mélenchon - beide gelten als geschäftsschädigend. Die Rechtspopulistin will nicht nur Handelsbarrieren errichten, sie plädiert auch für einen Austritt Frankreichs aus der Eurozone und will hierzu ein Referendum durchführen.

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Der Linke Mélenchon erscheint aus Unternehmenssicht kaum besser: Er wünscht sich für Frankreich mehr Kontrolle über die Wirtschaft und will deshalb die europäischen Verträge neu verhandeln. Außerdem stellt er Bedingungen für einen Verbleib im Euro.

Frankreichs Unternehmen lehnen aus Mélenchons Programm zudem ab, dass er sich aus Freihandelsabkommen zurückziehen, Versorgungsunternehmen verstaatlichen und das Kündigungsrecht verschärfen möchte. Außerdem will er den Mindestlohn anheben und Managergehälter deckeln.

Welche Folgen hätte ein Sieg von Le Pen oder Mélenchon?

Ein Sieg von Le Pen oder Mélenchon könnte zu einem Einbruch beim Euro und bei französischen Staatsanleihen führen. Dies wiederum würde insbesondere Banken und Versicherungen belasten, die große Bestände solcher Staatstitel besitzen.

Zwar kommt ein schwächerer Euro exportorientierten Unternehmen grundsätzlich zugute, weil ihre Produkte damit außerhalb des Währungsraums günstiger werden. Die Aussicht auf einen zunehmenden Protektionismus oder gar ein Auseinanderbrechen der Eurozone dürfte die Aktienkurse aber trotzdem auf Tauchfahrt schicken.

Plan B der Unternehmen

Angesichts des ungewissen Wahlausgangs bereiten man sich in den Chefetagen der französischen Unternehmen auf das Schlimmste vor. Wie "Bloomberg" berichtet, arbeiten Frankreichs Manager derzeit an einen Plan B. Dabei beruft sich das Nachrichtenportal auf den CEO eines im Leitindex CAC 40 gelisteten Konzerns, der allerdings keine Details preisgeben wollte - wohl auch, um die Kunden nicht zu verschrecken.

Fest stehe aber, dass sich die Unternehmen nach Kräften bemühen, liquide zu bleiben. Dazu werden langlaufende Anleihen begeben und Kreditlinien bei den Banken längerfristig gesichert. Zudem sichern sich die Firmen auch verstärkt gegen Wechselkursschwankungen ab.

"Totaler Widerstand"

Das ein oder andere Unternehmen zieht sogar in Betracht, den Firmensitz bei einem Sieg Le Pens oder Mélenchons ins Ausland zu verlagern. Ein solch drastischer Schritt lässt sich aber nicht auf die Schnelle umsetzen. Zudem ist die große Mehrheit der französischen Unternehmen zu klein, um diese Option zu wählen. Deshalb wollen sich nun Teile von Frankreichs Wirtschaft dafür einsetzen, dass es erst gar nicht zum Worst-Case-Szenario kommt.

"Wir werden mit einem totalen Widerstand beginnen. Zu einer Stichwahl zwischen Le Pen und Mélenchon darf es nicht kommen", erklärte deshalb Pierre Gattaz, Chef der mächtigen Wirtschaftslobby Medef gegenüber dem Radiosender "Europe 1". Hierzu soll die Bevölkerung über die Gefahren, die sich aus den Programmen der beiden Politiker ergeben, besser aufgeklärt werden.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Dutourdumonde Photography / Shutterstock.com, Antony McAulay / Shutterstock.com

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