thyssenkrupp-Aktie freundlich: thyssenkrupp hält Aktonärstreffen ab - Weiter Verhandlungen mit EPH
Die Aktionäre des Industriekonzerns thyssenkrupp treffen sich am Freitag (10 Uhr) in Bochum zu ihrer Jahreshauptversammlung.
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thyssenkrupp-Chef Miguel López hat seine Entschlossenheit bekräftigt, den Zustand des Industriekonzerns zu verbessern. "Ich habe in meinen Gesprächen mit dem Kapitalmarkt einen klaren Auftrag bekommen", sagte der Manager bei der Hauptversammlung am Freitag in Bochum vor Aktionären. Auch Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten und die Politik wünschten sich, "dass wir den Konzern wieder in die Spur bringen und uns so aufstellen, dass wir profitabel wachsen können". Dafür sei er angetreten. "Wir müssen Ihnen in Zukunft wieder mehr bieten als eine minimale Rendite und einen unbefriedigenden Aktienkurs", sagte er weiter.
Zwei Milliarden Euro Verlust
Im Ende September beendeten Geschäftsjahr 2022/23 hatten milliardenschwere Wertberichtigungen auf das Stahlgeschäft den Konzern tief in die roten Zahlen gedrückt. Unter dem Strich stand ein Verlust von rund zwei Milliarden Euro. Aktionäre sollen dank eines deutlich verbesserten Mittelzuflusses dennoch eine unveränderte Dividende in Höhe von 0,15 Euro je Aktie erhalten. Der Umsatz ging um neun Prozent auf 37,5 Milliarden Euro zurück.
Der Traditionskonzern mit seinen rund 100 000 Beschäftigten ist seit Jahren im Umbruch. Derzeit ist etwa eine Verselbstständigung der beiden großen Bereiche Stahl und Marine-Schiffbau geplant. López hat dem Konzern kurz nach Amtsantritt außerdem ein Programm verordnet, das die Leistungsfähigkeit steigern soll.
Erste Hauptversammlung mit López
Es war das erste Aktionärstreffen mit López, der im Juni vergangenen Jahres das Ruder seiner Vorgängerin Martina Merz übernommen hatte. Außerdem ist es die erste Präsenz-Hauptversammlung des Traditionskonzerns nach der Corona-Pandemie.
Aktionärsvertreter kritisieren Vorstand
Aktionärsvertreter kritisierten den Vorstand. "Das Management ist gegenüber dem Kapitalmarkt eine Begründung schuldig, warum Investoren noch Kapital bereitstellen sollen", sagte Daniel Vos von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Christian Röhl von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz nannte die negative Entwicklung des Aktienkurses ein "dauerndes Misstrauensvotum der Börse". Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment forderte López auf, neben "Entschlossenheit auch Handlungsfähigkeit" zu zeigen.
IG Metall: López umgeht Mitbestimmung
Rund 250 thyssenkrupp-Beschäftigte hatten vor Beginn der Hauptversammlung vor dem Bochumer Kongresszentrum für eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmerseite an der künftigen Ausrichtung des Konzerns demonstriert. Dazu aufgerufen hatte die IG Metall. Im Fokus der Demo stand López. Die Gewerkschaft wirft ihm vor, die Mitbestimmung zu umgehen. Die Mitbestimmung habe sich bewährt, betonte die Gewerkschaft in einem an die Aktionäre gerichteten Flugblatt. "Wir fordern eine aktive Beteiligung der Belegschaft an allen strategischen Prozessen auf Augenhöhe. Wir sind keine Verhinderer. Wir kämpfen für den Konzern und den Erhalt von Arbeitsplätzen."
Niemand wisse mehr, wofür thyssenkrupp stehe, hieß es weiter. thyssenkrupp sei ein Konzern ohne Ausrichtung. "Wir kritisieren diese Ziellosigkeit der Führungsetage aufs Schärfste." López handele intransparent, kritisierte die Gewerkschaft.
Am Donnerstag hatte der stellvertretende IG-Metall-Chef Jürgen Kerner an den Vorstand appelliert, bei der Entwicklung der Strategie wieder "auf Augenhöhe" mit der Arbeitnehmerseite zusammenzuarbeiten.
Russwurm: Doppelstimme war "Ausnahmefall"
Das Verhältnis zwischen der IG Metall und López gilt vor allem als belastet, weil der Aufsichtsrat Ende November gegen sämtliche Stimmen der Arbeitnehmerseite den Vorstand um zwei neue Posten erweitert hatte. Der Aufsichtsratsvorsitzende Siegfried Russwurm hatte dabei von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, doppelt abzustimmen und die Arbeitnehmerseite damit zu überstimmen. Er sehe diese Doppelstimme als "Ausnahmefall", sagte Russwurm am Freitag.
thyssenkrupp verhandelt weiter mit EPH über Stahl-Joint-Venture
In den seit Monaten laufenden Gesprächen von thyssenkrupp mit dem tschechischen Energiekonzern EPH des Milliardärs Daniel Kretinsky über ein Stahl-Joint-Venture zeichnet sich kein erkennbarer Fortschritt ab. "Die konkrete Ausgestaltung eines solchen Joint Ventures ist aktuell Gegenstand der Verhandlungen", heißt es im Redetext von thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez zur Hauptversammlung. "Die konjunkturellen Herausforderungen in der Stahlindustrie machen die Gespräche nicht leichter."
Seit Jahren sucht der Ruhrkonzern nach einem Partner für sein konjunkturabhängiges Stahlgeschäft. Mit einer Milliardeninvestition, die vom Bund finanzielle massiv unterstützt wird, soll die Stahlherstellung schrittweise dekarbonisiert werden. Lopez weist in seiner Rede auf viele noch ungeklärte Fragen hin. "Wo kommen die gigantischen Mengen grüner Energie her, die wir für einen klimaneutralen Betrieb der Anlagen benötigen?" Auch sei die Frage noch längst nicht sauber beantwortet, wie der Wasserstoff kontinuierlich in ausreichender Menge zu der Anlage in Duisburg komme. Überdies bleibe die Kostenfrage: Künftig machten Energiekosten bei der Stahlherstellung bis zur Hälfte der Gesamtkosten aus, so Lopez.
Mit Blick auf die Ergebnisentwicklung will Lopez noch mehr erreichen, als die vor gut zwei Jahren gesteckten Mittelfristziele seiner Vorgängerin Martina Merz im nächsten Jahr zu erfüllen. "Das kann nur der Anfang sein. Für eine langfristig gute Zukunft des Unternehmens müssen wir den Rückstand gegenüber dem Wettbewerb aufholen und endlich liefern, was wir uns vorgenommen haben und was auch der Kapitalmarkt seit Jahren zurecht von uns fordert: eine Performance der Geschäfte auf dem Niveau des Wettbewerbs."
Um Wachstumschancen zu nutzen, müsse der Konzern verstärkt in den Regionen seine Aktivitäten ausbauen, wo es Wachstum gebe. Lopez nennt hier den Nahen Osten, die USA und die asiatischen Märkte.
Im XETRA-Handel am Freitag steigt die thyssenkrupp-Aktie zeitweise um 0,97 Prozent auf 5,83 Euro.
BOCHUM/FRANKFURT (dpa-AFX/Dow Jones)
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