Konjunktur

Ökonomen-Barometer: Volkswirte optimistischer

21.01.12 10:00 Uhr

Bessere Daten aus der Industrie lassen die Einschätzung über das Ausmaß der Krise besser werden.

Deutschlands führende Volkswirte blicken zum Jahresbeginn wieder deutlich optimistischer in die Zukunft. Das geht aus dem aktuellen Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv hervor. Danach wurde die aktuelle Lage im Januar mit 59 Punkten um vier Prozent besser bewertet als im Vormonat. Die Prognose, die die erwartete wirtschaftliche Entwicklung auf Sicht von zwölf Monaten abbildet, legte gar um 21 Prozent auf 54,5 Punkte zu. Dies war der stärkste Anstieg seit Sommer 2009.

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Damit hellt sich die Stimmung auf breiter Front auf. Erst am Dienstag hatte das ZEW-Barometer mit einem Plus von 32 Punkten auf minus 21,6 Punkte den größten Sprung seit der Einführung 1991 gemacht. Der ZEW-Indikator bildet die Stimmung von Analysten und institutionellen Anlegern ab. Zuvor hatte auch der Ifo-Geschäftsklimaindex, der auf einer Umfrage unter 7000 Unternehmen beruht, überraschend zugelegt. Die jüngsten Anstiege wichtiger Indizes deuten darauf hin, dass die Konjunktur nach einem schwierigen ersten Halbjahr ab Sommer wieder Tritt fassen könnte und Deutschland damit zwar auf eine Abkühlung zusteuert, jedoch nicht auf eine Rezession.

Die von Deutschland und Frankreich geplante Finanztransaktionsteuer stößt unter den befragten Volkswirten auf ein geteiltes Echo. So lehnten 49 Prozent der befragten Experten die Börsensteuer ab. Ebenfalls 49 Prozent halten das Vorhaben dagegen grundsätzlich für sinnvoll. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel treiben entsprechende Pläne vehement voran. Notfalls werde man die Steuer auch im Alleingang umsetzen, hieß es.

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Demgegenüber warnen zahlreiche Volkswirte vor einem deutsch-französischen Alleingang. So erklärten 21 Prozent der Experten, eine Finanztransaktionsteuer müsste in der gesamten EU gelten. Weitere 14 Prozent forderten, sie müsse zumindest innerhalb der Eurozone eingeführt werden. 17 Prozent der Befragten äußerten dagegen die Auffassung, notfalls sei auch eine deutsch-französische Lösung vertretbar. „Zu verlangen, dass alle relevanten Länder mitmachen, ist eine Verhinderungsstrategie“, sagte Prof. Michael Braulke von der Uni Osnabrück. Einer müsse anfangen.

Dagegen erklärten zahlreiche Volkswirte, bei einer fehlenden Einbindung wichtiger Länder wie Großbritannien werde es zu Verlagerungen kommen. Ein entsprechender Schritt sei für die Finanzindustrie eine „leichte Fingerübung“, mahn- te beispielsweise Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW).

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Auch Überlegungen innerhalb der Union, die Transaktionsteuer nicht an den Handelsplatz zu knüpfen, sondern an den Firmensitz, halten viele für untauglich. „Zu glauben, der für das Handelsgeschäft relevante Steuersitz ließe sich nicht verlegen, ist naiv“, erklärte etwa der Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe, Prof. Michael Heise. Die Finanzbranche habe für „ihre jeweiligen Aktivitäten noch stets die attraktivsten Standorte ausgewählt“, so Heise mit Blick auf London oder Luxemburg.

Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Prof. Juergen B. Donges, betonte, die Transaktionsteuer sei „ungeeignet, um die systemische Stabilität auf den Finanzmärkten zu verbessern“ und unnötig, nachdem für die Finanzinstitute die Eigenkapitalregulierung verschärft worden sei. Was als „fader Beigeschmack“ bleibe, sei der politische Versuch, „mit der Steuer ‚Vergeltung‘ an den Banken üben zu wollen“.

Für das Ökonomen-Barometer wurden vom 10. bis zum 17. Januar rund 600 Volkswirte in Banken, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsverbänden befragt.