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EZB-Direktor Fabio Panetta warnt vor zu starken Zinserhöhungen

23.08.22 14:39 Uhr

EZB-Direktor Fabio Panetta warnt vor zu starken Zinserhöhungen | finanzen.net

EZB-Direktor Fabio Panetta hat vor zu starken Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) gewarnt.

In einer Konferenz der Bocconi University sagte Panetta, "Anpassungen" der Geldpolitik seien möglich, doch sollte die EZB dabei vorsichtig vorgehen. "Es ist ganz klar, dass diese Anpassung strikt in Abhängigkeit von den Daten erfolgen muss, dabei muss der Zustand der Wirtschaft des Euroraum beachtet werden", sagte er.

Folgende Gründe für ein vorsichtiges Vorgehen nannte der Italiener:

1. Die EZB müsse sich völlig im Klaren darüber sein, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Euroraum zunehme - "wegen der Auswirkungen der Pandemie, wegen des Schocks der Rohstoffpreise der vergangenen Monate, wegen des Kriegs und seiner Auswirkungen auf Handel und Unsicherheit", wie Panetta sagte. Eine signifikante Verlangsamung oder gar Rezession würden den Inflationsdruck mindern.

2. Rohstoffpreiseanstiege seien die Hauptursache des Inflationsanstiegs der vergangenen Monate. "Aber die jüngsten Entwicklungen sprechen dafür, dass die Rohstoffpreise fallen - mit der bemerkenswerten Ausnahme der Gaspreise. Wir wissen, dass Gaspreise von geopolitischen Faktoren beeinflusst werden."

3. "Wenn Sie sich die Entwicklung der Marktzinsen in den vergangenen Wochen ansehen, dann sehen Sie, dass bei Beachtung der erwarteten Inflation die Realzinsen tatsächlich nicht allzu weit von dem Niveau entfernt sind, das man als neutral bezeichnen könnte." Auch seien sie sind nicht weit entfernt von Schätzungen, die die Taylor-Regel nahelege.

"Ich denke, Anpassungen sind möglich. Aber die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen sollten uns dazu bringen, das zu zeigen, was die Stärke von Zentralbanken ist: Umsicht", sagte Panetta, der als geldpolitische "Taube" gilt.

Der EZB-Rat hatte im Juli seine Zinsen unerwartet um 50 Basispunkte erhöht und zugleich die Zins-Guidance kassiert, der zufolge im September ein Zinsschritt von mehr als 25 Basispunkten gerechtfertigt sein könnte. EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte in der vergangenen Woche in einem Interview ihre Präferenz für einen großen Zinsschritt im September angedeutet. EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel hatte keine Präferenz zu erkennen gegeben.

DJG/hab/sha

MAILAND (Dow Jones)

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