Lufthansa-Aktie steigt nach Lösung im Tarifstreit mit Bodenpersonal
Lufthansa-Passagiere können durchatmen. Zumindest für Ostern und die Tage danach drohen bei der Kerngesellschaft des größten Luftverkehrskonzerns Europas keine neuen Streiks, und auch die deutschen Flughäfen bleiben mindestens bis zum 7. April von weiteren Arbeitskämpfen verschont.
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Doch die von Schlichtern erreichte Einigung mit Verdi für das Bodenpersonal kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Konzern mit seinen zahlreichen Tarifpartnern weitere Konflikte schwelen, die den Flugbetrieb jederzeit wieder stören könnten.
Das jüngste Beispiel liefern die Crews der österreichischen Tochtergesellschaft Austrian, die mit einem Streik bis Freitagmittag rund 400 Flüge ausfallen lassen. Betroffen sind rund 50 000 Passagiere, denen kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen angeboten werden. Piloten und Flugbegleiter wollen mit ihren Gehältern zu den Kollegen der Lufthansa aufschließen und beziffern die Lücke auf 40 Prozent.
Es ist die Vielzahl der Flugbetriebe und Gewerkschaften, die das Tarifleben bei der streikempfindlichen Lufthansa so schwer macht. Die Schlichter Bodo Ramelow und Frank-Jürgen Weise hatten am Mittwoch noch die Hoffnung geäußert, der mühsam erreichte Kompromiss für das Bodenpersonal möge Ausgangspunkt für eine "neue Lufthansa" sein, die einig gegen die teils unfair subventionierte Konkurrenz anfliege. Auch Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky versprach, nun "gemeinsam Hand in Hand" für eine gute Lufthansa und ein gutes Produkt zu kämpfen.
Gut zuhören, Differenzen aufzeigen
Nach eigenem Bekunden hörten die Schlichter vor allem gut zu, zeigten Differenzen auf und brachten dann die Sozialpartner dazu, selbst Lösungen zu finden. Man habe keinen Ehrgeiz entwickelt, eigene Vorschläge zu machen, sagte Thüringens Ministerpräsident Ramelow, der sich auch als Lufthansa-Kunde einen funktionierenden Betrieb wünscht. Viele Elemente, die letztlich zur Lösung beigetragen hätten, seien bereits in den Tarifverhandlungen enthalten gewesen.
Reschinsky wie auch Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann rechneten fest damit, dass ihre Gremien den Vorschlägen der Schlichter folgen und noch am Donnerstag ein Eckpunktepapier festzurren. Der neue Vertrag für die rund 25 000 Bodenbeschäftigten soll zwei Jahre gelten. Damit sind unbefristete Streiks dieser Beschäftigtengruppe abgewendet. In einer Urabstimmung hatten bereits mehr als 90 Prozent der Beschäftigten für unbefristete Streiks gestimmt. Sie müssen nun erneut befragt werden.
Eine Urabstimmung und eine erste Streikrunde haben die rund 19 000 Flugbegleiterinnen und -begleiter der Lufthansa und der Regionaltochter Lufthansa Cityline bereits hinter sich. Die Verhandlungen laufen seitdem weiter. Für die Feiertage gibt die Kabinengewerkschaft Ufo Entwarnung. Ihr Tarifexperte Harry Jaeger sagte: "Wir werden niemandem das Osterfest verhageln. Stattdessen werden wir unmittelbar nach den Feiertagen die Gespräche wieder aufnehmen und um eine Lösung am Verhandlungstisch ringen."
Ein Ergebnis ist vorerst nicht absehbar. Ufo hat 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von eineinhalb Jahren gefordert. Außerdem will die Gewerkschaft eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro sowie höhere Zulagen erreichen.
Streit auch bei Discover
Noch mehr Sprengstoff birgt der Konflikt um die vergleichsweise junge Ferienflugtochter Discover Airlines, die auch knapp drei Jahre nach ihrer Gründung noch keine Tarifverträge für ihre rund 2000 Beschäftigten hat. Sowohl die Piloten der Vereinigung Cockpit als auch das von Ufo organisierte Kabinenpersonal haben bereits mit Streiks versucht, erste Tarifwerke für Mantel und Vergütung zu erzwingen. Bislang ohne Erfolg, zumal die Lufthansa dem Vernehmen nach auch mit Verdi über mögliche Tarifverträge bei der Tochter spricht. Sollte Verdi den Zuschlag bekommen, wäre das Verhältnis mit den beiden anderen Gewerkschaften, die vor allem bei der Kern-Airline stark sind, erheblich belastet.
Keinen Einfluss hat die Lufthansa auf die Tarifverhandlungen für die rund 25 000 Beschäftigten der privaten Luftsicherheitsunternehmen, die an den Flughäfen außerhalb Bayerns Passagiere und Gepäck kontrollieren. Auch hier hat Verdi bereits mehrere Warnstreikwellen organisiert und Flughäfen lahmgelegt. Die Lösung soll nun eine Schlichtung bringen, die am 5. April unter Leitung des Bremer Finanzstaatsrats Hans-Henning Lühr startet.
Mitarbeiter erhalten deutlich mehr Gehalt
Nach der Einigung im Tarifkonflikt sollen die Gehälter des Lufthansa-Bodenpersonals um bis zu 18 Prozent steigen. Die Beschäftigten sollen über eine Laufzeit von 24 Monaten in zwei Stufen mehr Gehalt bekommen, wie die Gewerkschaft Verdi und das Unternehmen am Donnerstag in Frankfurt mitteilten.
Zusätzlich wurde eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro und weitere Zulagen vereinbart. Die Einigung war mithilfe einer dreitägigen Schlichtung unter Leitung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und dem früheren Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, zustande gekommen.
Der Lufthansa zufolge beträgt die durchschnittliche Steigerung der Gehälter bis Ende nächsten Jahres 12,5 Prozent. Untere und mittlere Lohngruppen werden über Sockelbeträge überdurchschnittlich angehoben. Dies trage auch dazu bei, dass Lufthansa ein attraktiver Arbeitgeber bleibe, hatte Personalvorstand Michael Niggemann erklärt.
Verdi hatte ursprünglich bei einer Laufzeit von einem Jahr 12,5 Prozent mehr Geld verlangt, während das Unternehmen vor der Schlichtung innerhalb von 28 Monaten 10 Prozent angeboten hatte. Verdi hatte in dem Tarifkonflikt fünf Warnstreikrunden organisiert und sich mit einer Urabstimmung auf unbefristete Streiks vorbereitet. Nun muss das Ergebnis in einer Mitgliederbefragung bestätigt werden, die bis Mitte April abgeschlossen sein soll.
Im Donnerstagshandel auf XETRA stand die Lufthansa-Aktie letztlich 1,5 Prozent höher bei 7,28 Euro.
/ceb/als/DP/he
FRANKFURT (dpa-AFX)
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