Trennungskosten bei Ebay, Yahoo und Google
Abspaltungen und Aktiensplits können zu Steuerfallen werden. Bei Ebay wurden Anleger böse überrascht, bei Google kommen sie mit dem Schrecken davon.
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von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag
Unverhofft kommt oft - im wahren Leben ebenso wie an der Börse. Dies bekommen gerade Ebay-Aktionäre bitter zu spüren. Der Internethandelsriese hatte am 17. Juli seine Bezahltochter Paypal abgespalten und an die Börse gebracht. Anleger bekamen dafür am 20. Juli für jede gehaltene Ebay-Aktie ein Paypal-Papier ins Depot gebucht. Der erste Börsenkurs notierte bei 39 Euro.
Die böse Überraschung: Anders als von vielen Depotbanken vorab den Kunden kommuniziert (siehe €uro am Sonntag 28/2015), stufte der maßgebliche Dienstleister WM Datenservice diese Kapitalmaßnahme kurzfristig als eine "sofort steuerpflichtige Sachausschüttung" ein. "Aufgrund der nicht eindeutigen Sachlage gehen wir unter Risikogesichtspunkten von einem steuerpflichtigen Spin-off aus", sagt Thorsten Pohl von der Abteilung Steuern und Investmentrecht der WM Gruppe. "Nach den Vorgaben der Finanzverwaltung erfolgt die Versteuerung mit dem Kurs der Paypal-Aktie im Zeitpunkt der Einbuchung", erklärt Pohl weiter.
Das hat Folgen für die Anleger: Ihnen wird auf den Kurswert der neu zugeteilten Paypal-Aktien Kapitalertragsteuer, Soli-Zuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer (insgesamt bis zu 27,99 Prozent) vom Verrechnungskonto abgebucht - ohne dass sie zuvor Bares erhalten haben. Bei zu geringem Guthaben rutschen Depotkunden dann ins Minus.
"Diese Kehrtwende ist überraschend und nicht ganz nachvollziehbar", moniert der auf Kapitalmaßnahmen spezialisierte Steuerberater Daniel Sahm von Ecovis in München. Wie die meisten Experten hatte er erwartet, dass Depotbanken die Paypal-Abspaltung "steuerneutral" behandeln können. "Die eingebuchten Paypal-Aktien hätten mit null Euro bewertet werden sollen - erst beim späteren Verkauf wäre dann der erzielte Erlös voll steuerpflichtig", erklärt Sahm. Alternativ hätten die "Anschaffungskosten" - der Kursgegenwert der neuen Papiere - auf Ebay- und Paypal-Aktien verteilt werden können. Auch in dem Fall kassiert der Fiskus nur indirekt beim späteren Verkauf.
Betroffene Ebay-Aktionäre müssen dieser Besteuerungspraxis nicht tatenlos zusehen: Sie können innerhalb von vier Wochen nach Einbehalt Einspruch gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung ihrer Depotbank einlegen. Wer die Frist versäumt, kann auch eine Erstattung via Steuererklärung beantragen.
Augen auf bei Trennungsabsichten
Ebay ist kein Einzelfall: "Derartige Kapitalmaßnahmen werden von börsennotierten Unternehmen weltweit immer häufiger durchgeführt", sagt Steuerberater Sebastian Meinhardt von KPMG in Frankfurt am Main.Eine ähnliche Steuerfalle droht schon bald Yahoo-Aktionären. Marissa Mayer, Konzernchefin des Interneturgesteins, das für seine Suchmaschine und den kostenlosen E-Mail-Service bekannt ist, will sich im vierten Quartal via Börsengang von der milliardenschweren Beteiligung am chinesischen Onlinehändler Alibaba trennen. Auch bei diesem Spin-off könnte eine sofortige Steuerpflicht eintreten, sobald Aktionären neue Papiere ins Depot gebucht werden.
Nachträglich mit dem Schrecken davon kommen dagegen Google-Aktionäre, die hierzulande Steuern zahlen. Der Internetriese hatte im April 2014 einen Aktiensplit im Verhältnis 1 : 2 vollzogen. Jeder Google-Aktionär erhielt damals pro Anteil ("A-Aktie") eine neue "C-Aktie" ins Depot gebucht. Der Haken an der Sache: Die neuen Papiere verbrieften keine Stimmrechte - und wurden mit einer abweichenden Wertpapierkennnummer ausgegeben.
Deutsche Depotbanken mussten den Google-Split daher wie die Ausschüttung einer Sachdividende behandeln - und führten nach Vorgabe von Datenlieferanten wie der WM Gruppe auf den Kurswert der neu zugeteilten C-Aktien sofort Kapitalertragsteuern zuzüglich Solidaritätszuschlag an den Fiskus ab.
Google-Aktionäre bekommen recht
Doch betroffene Anleger wehrten sich gegen diese "Zwangsbesteuerung" - und das mit Erfolg. Nachdem sie in individuellen Besteuerungsverfahren zum Teil deren Rücknahme erreicht hatten, korrigierte nun auch das Bundesfinanzministerium (BMF) seine Auffassung bei dieser Kapitalmaßnahme (BMF-Schreiben vom 8. Juli 2015, Gz. IV C 1 - S 2252/09/10004).Die so bekehrten Ministerialbeamten kamen zu dem Ergebnis, "dass die Voraussetzungen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln" erfüllt sind. "Demnach liegt keine Sachausschüttung, sondern ein steuerneutraler Aktiensplit vor", erklärt Steuerberater Sahm. Das freut zunächst verschreckte Aktionäre: Die auf den Kurswert der C-Aktien einbehaltene Abgeltungsteuer muss nun erstattet werden - direkt von den Depotbanken oder vom Fiskus im Rahmen der Steuererklärung 2014.
Eine weitere Folge: Depotbanken teilen die ursprünglichen Anschaffungskosten der Google-Altaktien (A-Aktien) nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis zwischen alten und nach dem Split eingebuchten jungen Aktien auf. In gleicher Höhe reduzieren sich fiskalisch die Anschaffungskosten der Altpapiere. "Der Fiskus bedient sich auch hier indirekt, indem er bei der späteren Gewinnberechnung den Kaufkurs herabsetzt", erklärt Steuerberater Meinhardt.
Treue Anleger dürfen sich freuen: Nach dem BMF-Schreiben müssen Finanzämter die C-Aktien so behandeln, als wären sie zum gleichen Zeitpunkt angeschafft worden wie die ursprünglichen A-Aktien. "Damit können Google- Aktionäre, die ihre Anteile bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 erworben haben und seitdem halten, Erlöse aus dem Verkauf der C-Aktien steuerfrei einstreichen", sagt Sahm. Auch wer nach dem Google-Split seine Aktien verkauft hat, kommt in den Genuss der Steuererstattung. Zuständig ist die Depotbank, die auf den Kurswert der neuen Aktien bei deren Einbuchung Abgeltungsteuer einbehalten hat.
Das neue BMF-Schreiben ist auch für in Deutschland steuerpflichtige Aktionäre des dänischen Reederei-Konzerns Maersk positiv: Ihnen war im April nach einem Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5 Kapitalertragsteuer auf den Kurswert der neu eingebuchten Papiere abgezogen worden. Die Erstattungsmodalitäten sind nach amtlicher Vorgabe identisch mit denen im Fall Google.
Trennungskandidaten - Wo Abspaltungen und Splits erwartet werden (pdf)
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